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Das Paradies

Das Paradies

Titel: Das Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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Kamille. Sie stellte nach alten Rezepten aus den Kräutern Tinkturen, Elixiere und Salben her.
    Die sehr viel größere Marijam trug keinen Schleier über ihren dichten roten Haaren. Ihr hellgelbes Sommerkleid zog die Aufmerksamkeit eines Schmetterlings auf sich, der sie anmutig umkreiste.
    »Mit Gottes Gnade wird Ibrahim seinen Kummer überwinden«, sagte sie auf hebräisch mehr zu sich selbst und fügte dann wieder auf arabisch hinzu, »aber noch etwas liegt dir auf der Seele, Khadija. Ich kenne dich inzwischen gut genug, um zu wissen, wenn du Kummer hast.«
    Khadija verscheuchte eine Biene, die sich ihr auf den Kopf setzen wollte, und sagte: »Ich möchte dich nicht damit belasten, Marijam.«
    »Seit wie vielen Jahren teilen wir alles, sei es nun Freude oder auch Leid? Wir helfen uns gegenseitig bei der Geburt der Kinder in unseren Familien, und ich glaube, du wirst mir zustimmen, wenn ich sage, daß wir wie zwei Schwestern sind.«
    Khadija sah sie an und lächelte. »Du hast recht, ich kann ohnehin kein Geheimnis vor dir haben.« Sie bückte sich schnell wieder, denn dies Geheimnis kannte noch nicht einmal Marijam. Khadija hatte es nie über sich gebracht, ihr von dem Harem in der Perlenbaum-Straße zu erzählen. »Ich kann nicht schlafen, weil mich verwirrende Träume nicht mehr zur Ruhe kommen lassen.«
    »Deine Träume vom Lager in der Wüste und dem Überfall?«
    Khadija schüttelte den Kopf. »Nein, es sind neue Träume, Marijam, die ich noch nie gehabt habe.« Sie sah ihre Freundin verlegen an. »Ich träume von einem jungen Mann. Er erscheint mir wie ein Freund und erinnert mich an ein Versprechen. Er ist sehr unglücklich, und ich scheine schuld daran zu sein. Aber wenn ich ihn frage, was ich getan habe, dann scheint er zu sterben, und ich wache voll Entsetzen auf.« Sie schwieg und fügte dann kaum hörbar hinzu: »Marijam, ich weiß, daß ich ihn einmal geliebt habe, aber ich weiß nicht, wer es ist …«
    Marijam sah sie verblüfft an, dann lachte sie und hakte sich bei Khadija ein. Im Schatten der alten Bäume verließen sie den Kräutergarten und gingen auf dem mit Steinplatten belegten Weg in den anderen Teil des Gartens.
    Als Khadija ihrer Freundin dieses Geständnis machte, fing ihr Herz wieder heftig an zu schlagen. Ja, sie liebte diesen Mann im Traum, aber alles schien wie in einem anderen Leben zu sein. Er war schon erwachsen und sie noch ein Mädchen. Sie war sehr glücklich und sehnte sich nach ihm. Sie hatte gelobt, ihn zu heiraten. Aber mit dem Erwachen stellten sich auch große Schuldgefühle ein. Khadija schämte sich, nach dem tragischen Tod ihrer Schwiegertochter an Liebe zu denken. Sie mußte erreichen, daß diese verwirrenden Träume aufhörten.
    Auf dem Dach flatterte plötzlich eine Schar Tauben, als habe sie jemand aufgescheucht. Sie kreisten einmal über dem Haus und ließen sich dann auf den Maulbeerbäumen nieder. Khadija hob den Kopf und legte zum Schutz vor der grellen Sonne eine Hand über die Augen. Dort oben stand jemand.
    »Es ist Nefissa«, sagte Marijam, die ebenfalls nach oben blickte.
    »Warum ist deine Tochter auf dem Dach?«
    Als Khadija mit den Schultern zuckte und sagte: »Ich weiß es nicht«, lächelte Marijam. »Vielleicht steht die Tochter unter demselben Zauber wie die Mutter.« Sie lachte, als Khadija verlegen den Kopf sinken ließ. »Ich finde, Nefissa benimmt sich in letzter Zeit wie ein verliebtes junges Mädchen. Ach, wie romantisch die Raschids doch sind!« Sie seufzte. »Nun ja, junge Liebe, wie gut kann ich mich noch daran erinnern.«
    Möglicherweise hatte sich ihre Tochter verliebt. Aber in wen? Als Witwe lebte Nefissa fast völlig abgeschieden von der Außenwelt. Wen konnte sie kennengelernt haben? Welche Möglichkeiten hatte sie, einem Mann zu begegnen? Vielleicht war es ein Freund der Prinzessin, und man hatte ihn Nefissa am Hof vorgestellt. Mit diesem Gedanken beruhigte sich Khadija. Wenn der Betreffende am Hof verkehrte, dann war es ein Mann von Adel, und er gehörte einer alten und geachteten Familie an.
    »Weißt du, was du brauchst, um deine Träume zu vergessen?« sagte Marijam, als sie sich dem Pavillon näherten, wo Khadija bei schönem Wetter ihre Gäste empfing. »Du brauchst Luftveränderung. Du mußt dieses Haus einmal für einige Zeit verlassen. Als wir uns kennenlernten, waren Suleiman und ich erst einen Monat verheiratet. Dein Ibrahim war fünf und mein Itzak noch nicht geboren. Du hast mich zum Tee eingeladen, und wie entsetzt war

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