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Das Paradies

Das Paradies

Titel: Das Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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Handtuch aus feinster Baumwolle ab, wie sie auf den Feldern ihres Bruders wuchs. Als sie die Feuchtigskeitslotion aus Lanolin, Bienenwachs, Olibanum und Kräutern aus Khadijas Garten in die Haut rieb, fragte sie sich: Ist er noch in England? Ist er inzwischen verheiratet? Denkt er noch an mich?
    Wieviel Zeit war inzwischen verstrichen. Ihre Jugend verging. Sie war siebenundzwanzig, und die Zeit folgte ihr wie ein bedrohlicher Schatten. Khadija wollte sie verheiraten. Nefissa sollte noch mehr Kinder bekommen, und nicht wenige reiche Ägypter hatten um sie geworben, aber Nefissa zeigte kein Interesse. Sie sehnte sich nach einer Wiederholung dessen, was sie nicht haben konnte, aber doch einmal erlebt hatte. Deshalb hatte sie ihre Aufmerksamkeit auf Edward gerichtet. Wenn sie ihrer Vorstellung freien Lauf ließ, dann sah sie Edward in der Leutnantsuniform unter einer Straßenlampe, und sie sah, wie er eine Zigarette anzündete. Nein, sie liebte ihn nicht. Sie würde keinen Mann so lieben wie ihren Leutnant. Aber wenn der Beste unerreichbar war, dann wollte sie sich mit dem Zweitbesten begnügen.
    Nefissa legte sich unter das kühle, nach Lavendel duftende Laken und redete sich ein, sie freue sich auf die Fahrt morgen mit Edward nach Alexandria. Auch wenn sie ihn nicht leidenschaftlich begehrte, er war ein Engländer, blond und mit heller Haut. Vielleicht würde sie in einem dunklen Schlafzimmer glauben können, in den Armen ihres entschwundenen Leutnants zu liegen …
     
    Im Schein des heißen Julimonds eilten schattenhafte Gestalten lautlos durch die menschenleeren Straßen der schlafenden Stadt. Truppen verließen die Abbasseija-Kaserne und rollten mit schußbereiten Waffen in Panzern und in Jeeps durch die Nacht. Sie besetzten die Nilbrücken und alle Ausfallstraßen von Kairo. Sie brachten das Oberkommando in ihre Gewalt und unterbrachen eine nächtliche Lagebesprechung des Generalstabs, auf der man beschließen wollte, alle revolutionären Führer zu verhaften, die sich Freie Offiziere nannten. Die Funk- und Nachrichtenzentrale war schnell besetzt; von dort erhielten alle Stabsoffiziere und Truppenkommandanten den Befehl, sich sofort im Generalhauptquartier zu melden. Bei ihrem Eintreffen nahm man die Offiziere auf der Stelle fest und brachte sie hinter Gitter. Eine bewaffnete Brigade bezog Stellung an der Straße nach Suez, für den Fall, daß britische Truppen vom Kanal in die Stadt marschieren wollten. Überall, wo die revolutionären Soldaten erschienen, stießen sie auf wenig oder keinen Widerstand.
    Um zwei Uhr morgens stand Kairo unter dem Kommando der Freien Offiziere. Jetzt mußten die Revolutionäre nur noch Alexandria erobern und den König in ihre Hand bekommen.
    Edward Westfall blickte auf den Revolver in seiner Hand. Er hatte mit ihm im Krieg gekämpft. Er würde nicht zögern und bei Gefahr wieder schießen.
    Der Morgen brach an. Durch die offenen Fensterläden seines Schlafzimmers wehte der warme Wind, und mit ihm drang der Gebetsruf von den vielen Minaretten Kairos. Edward hielt den 38 er Smith & Wesson in der Hand und betete stumm: Hilf mir, Gott! Bitte laß mich nicht noch einmal meiner Schwäche nachgeben. Ich bin verführt worden, und ich kann mir nicht selbst helfen. Oh, mein Gott, bitte befreie mich von diesem Laster, das mich quält, mich zerstört und gegen das ich mich nicht wehren kann.
    Edward hatte allen gesagt und auch sich selbst eingeredet, er sei sechs Monate nach seiner Ankunft in Ägypten immer noch hier, weil er um die Sicherheit seiner Schwester fürchte. Das hatte er auch seinem Vater im Januar geschrieben. Er bat den Earl, ihm einige seiner persönlichen Dinge schicken zu lassen, da ein gewissenloser Taxifahrer mit seinem Gepäck auf und davon gefahren sei. »Ich kann mit Alice Ägypten nicht verlassen«, hatte er geschrieben, »es gibt hier ein antiquiertes Gesetz, wonach eine Frau nur mit der schriftlichen Zustimmung ihres Mannes ins Ausland reisen darf. Und Ibrahim will die Gefahr, die Alice und allen Engländern hier droht, einfach nicht wahrhaben.« Edward hatte seinen Vater gebeten, ihm auch den Dienstrevolver aus dem Krieg zu schicken, den 38 er Smith & Wesson, mit dem England die Truppen ausrüstete, als der Vorrat an Enfields zur Neige ging.
    Edward hatte Alice und Amira wirklich aus der Gefahrenzone herausbringen wollen. Aber das war vor Monaten gewesen und schon lange nicht mehr der Grund für seinen Aufenthalt in Kairo. In Wirklichkeit hielt ihn ein Geheimnis hier

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