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Das Parfum: die Geschichte eines Mörders

Das Parfum: die Geschichte eines Mörders

Titel: Das Parfum: die Geschichte eines Mörders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Süskind
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ertrotzt hat und auf die Einschränkungen, Bedingungen und moralischen Ermahnungen, die sich daran knüpfen, pfeift. Locker dastehend, einem Menschen zum ersten Mal ähnlicher als einem Tier, ließ er den Rest von Baldinis Suada über sich ergehen und wusste, dass er diesen Mann, der ihm nun nachgab, schon überwältigt hatte.
    Während Baldini noch mit seinen Kerzenleuchtern auf dem Tisch hantierte, schlüpfte Grenouille schon in das seitliche Dunkel der Werkstatt, wo die Regale mit den kostbaren Essenzen, Ölen und Tinkturen standen, und griff sich, der sicheren Witterung seiner Nase folgend, die benötigten Fläschchen von den Borden. Neun waren es an der Zahl: Orangenblütenessenz, Limettenöl, Nelken-und Rosenöl, Jasmin-, Bergamotte-und Rosmarinextrakt, Moschustinktur und Storaxbalsam, die er sich rasch herunterpflückte und am Rand des Tisches zurechtstellte. Als letztes schleppte er einen Ballon mit hochprozentigem Weingeist heran. Dann stellte er sich hinter Baldini, der noch immer mit bedächtiger Pedanterie seine Mischgefäße arrangierte, dieses Glas ein wenig dahin rückte, jenes noch ein wenig dorthin, damit alles seine gute altgewohnte Ordnung habe und sich im vorteilhaftesten Licht der Leuchter präsentiere - und wartete, zitternd vor Ungeduld, dass der Alte sich entferne und ihm Platz mache.
    «So!» sagte Baldini endlich und trat zur Seite. «Hier ist alles aufgereiht, was du für dein - nennen wir es freundlicherweise «Experiment» benötigst. Zerbrich mir nichts, vertropfe mir nichts! Denn merke: Diese Flüssigkeiten, mit denen du jetzt fünf Minuten lang hantieren darfst, sind von einer Kostbarkeit und Seltenheit, wie du sie nie wieder in deinem Leben in so konzentrierter Form in Händen halten wirst!»
    «Wie viel soll ich Ihnen machen, Maitre?» fragte Grenouille.»Was machen...?» sagte Baldini, der seine Rede noch nicht beendet hatte. «Wie viel von dem Parfum?» schnarrte Grenouille, «wie viel davon wollen Sie haben? Soll ich diese dicke Flasche bis zum Rand vollfüllen?» Und er deutete auf eine Mischflasche, die gut und gerne drei Liter fasste.
    «Nein, das sollst du nicht!» schrie Baldini entsetzt, und es schrie aus ihm die ebenso tief verwurzelte wie spontane Angst vor der Verschwendung seines Eigentums. Und als geniere er sich über diesen entlarvenden Schrei, brüllte er gleich hinterher: «Und in die Rede fallen sollst du mir auch nicht!» um dann in ruhigerem, ironisch eingefärbtem Ton fortzufahren: «Wozu brauchen wir drei Liter von einem Parfum, das wir beide nicht schätzen? Im Grunde genügte ein halber Messbecher voll. Da solch kleine Quantitäten jedoch unpräzis zu mischen sind, will ich dir gestatten, eine Drittelfällung der Mischflasche anzusetzen.»
    «Gut», sagte Grenouille. «Ich werde diese Flasche zu einem Drittel mit «Amor und Psyche» fällen. Aber, Maitre Baldini, ich mache es auf meine Art. Ich weiß nicht, ob das die zünftige Art ist, denn die kenne ich nicht, aber ich mache es auf meine Art.»
    «Bitte!» sagte Baldini, der wusste, dass es bei diesem Geschäft nicht meine oder deine, sondern eben nur eine, eine einzig mögliche und richtige Art gab, die darin bestand, in Kenntnis der Formel und unter entsprechender Umrechnung auf die zu erzielende Endmenge ein aufs Exakteste vermessenes Konzentrat aus den verschiedenen Essenzen herzustellen, welches daraufhin mit Alkohol in einem wiederum exakten Verhältnis, das meistens zwischen eins zu zehn und eins zu zwanzig schwankte, zum endgültigen Parfum vergeistigt werden musste. Eine andre Art, das wusste er, gab es nicht. Und deshalb musste ihm das, was er nun zu sehen bekam und was er zunächst mit spättischer Distanz, dann mit Verwirrung und schließlich nur noch mit hilflosem Erstaunen beobachtete, als schieres Wunder erscheinen. Und die Szene ätzte sich so in sein Gedächtnis ein, dass er sie bis ans Ende seiner Tage nicht mehr vergaß.

— 15 —
    Der kleine Mensch Grenouille entkorkte als erstes den Ballon mit Weingeist. Er hatte Mühe, das schwere Gefäß hochzuwuchten. Fast bis in Kopfhöhe musste er es heben, denn so hoch stand die Mischflasche mit dem aufgesetzten Glastrichter, in den er, ohne Zuhilfenahme eines Messbechers, den Alkohol direkt aus dem Ballon goss. Baldini schauderte vor so viel geballtem Unvermögen: Nicht nur, dass der Kerl die parfumistische Weltordnung auf den Kopf stellte, indem er mit dem Lösungsmittel anfing, ohne das zu lösende Konzentrat zu besitzen - er war auch kaum

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