Das Parsifal-Mosaik
Wand zu lehnen. Die Graz-Burja war immer noch auf Havelock gerichtet. »Man hat Sie aus der Strategie entfernt? Das kann ich Ihnen nicht abnehmen. Für Ihren Freund Anthony Matthias muß das ein schwerer Schlag gewesen sein.« Michael studierte das Gesicht des Russen und senkte den Blick auf die schwere Waffe, die auf ihn zielte. »Ein Franzose hat neulich im Gespräch mit mir Matthias' Namen erwähnt. Ich werde Ihnen sagen, was ich ihm darauf entgegnet habe, obwohl ich eigentlich nicht recht weiß, warum ich das sollte. Sie haben ihn dafür bezahlt, daß er von Matthias redete.«
»Gravet? Der verabscheut uns. Er ist uns gegenüber nur dann freundlich, wenn er sich im Kreml oder in der Eremitage in Leningrad aufhält. Der kann uns viel erzählen.« »Warum haben Sie ihn dann für sich eingespannt?« »Weil er Sie mag. Es ist viel leichter, eine Lüge zu entdecken, wenn der Lügner über jemanden spricht, den er gern hat.« »Sie haben ihm also geglaubt?«
»Oder Sie haben ihn überzeugt, und unsere Leute hatten keine Wahl. Sagen Sie mir. Wie hat der brillante amerikanische Außenminister auf den Rücktritt seines krajan reagiert?« »Keine Ahnung, aber ich nehme an, daß er es verstanden hat. Es ist gena uso, wie ich es Gravet geschildert habe. Seit Monaten habe ich Matthias weder gesehen noch mit ihm gesprochen. Er hat genügend Probleme am Hals; es gibt wirklich keinen Grund, warum er sich auch noch die eines ehemaligen Studenten aufladen sollte.« »Aber Sie waren viel mehr als ein Student. Seine Familie kannte Ihre Familie in Prag. Was Sie heute sind ...« »... waren«, unterbrach Havelock.
»... haben Sie Anton Matthias zu verdanken«, beendete der Russe den Satz.
»Das liegt weit zurück.«
Rostow schwieg; er ließ die Waffe ein paar Zentimeter sinken. Schließlich meinte er: »Nun gut, es liegt weit zurück. Aber was ist jetzt? Niemand ist unersetzlich, doch Sie sind ein wertvoller Mann. Sie wissen sehr viel und leisten effektvolle Arbeit.« »Vorausgesetzt, ich fühle mich dazu verpflichtet. Aber die Verpflichtung habe ich nicht mehr.«
»Soll ich daraus schließen, Sie könnten vielleicht an einer anderen Aufgabe Gefallen finden?« Der KGB-Mann ließ seine Waffe noch weiter sinken.
»Sie wissen genau, wie überflüssig diese Frage ist. Abgesehen von meinem persönlichen Ekel, der Jahrzehnte zurückreicht, haben wir bereits ein oder zwei Maulwürfe im Dscherschinski. Ich lege keinen Wert darauf, daß man mich als >nicht zu retten< klassifiziert.«
»Ein heuchlerischer Begriff. Er deutet auf Mitgefühl seitens Ihrer Henker.« »So ist es.«
Rostow hob seine Automatic und schob sie langsam vor. »Wir verzichten auf solche verbalen Tarnungen. Bei uns ist ein Verräter ein Verräter. Ich könnte Sie mitnehmen, das wissen Sie.« »Nicht ohne Schwierigkeiten.« Michael blieb reglos auf dem Bett liegen, und seine Augen bohrten sich in die des Russen. »Wir müßten durch Korridore und Hallen und schließlich auch noch Straßen überqueren; das ist zu riskant für Sie. Sie könnten verlieren. Alles. Denn ich habe nichts zu verlieren. Auf mich wartet bloß eine Zelle in der Lubjanka.«
»Ein Zimmer, keine Zelle. Wir sind keine Barbaren.« »Pardon, ein Zimmer. Sicherlich dieselbe Art von Zimmern, wie wir sie in Virginia für Leute wie Sie reserviert haben.« »Reden wir lieber von den Maulwürfen.«
»Ich weiß genausowenig, wer sie sind, wie Sie, als Sie noch im Außendienst waren. Wir kennen sie auf beiden Seiten nicht. Bekannt sind uns nur die geläufigen Codes, die uns verraten, wohin wir gehen müssen. Und die, die ich mir eingeprägt hatte, sind jetzt bedeutungslos, weil sie sich längst geändert haben.« »Sie wollen mich also wirklich ernsthaft davon überzeugen, daß ein Mann mit Ihrer Erfahrung für uns wertlos wäre?« »Das habe ich nicht gesagt«, unterbrach ihn Havelock. »Ich empfehle Ihnen nur, die Risiken abzuwägen, wenn Sie mich entführen wollen. Eine ähnliche Aktion haben Sie vor zwei Jahren, offen gestanden, mit erstaunlichem Erfolg durchgezogen. Wir haben uns einen Ihrer Leute geschnappt, schleusten ihn nach Finnland und flogen ihn in die Staaten. Dort, in einem Zimmer in Fairfax, Virginia, hat man ihm alles mögliche injiziert, angefangen bei Scopolamin bis zu starken Dosen Amatol, und wir haben eine Menge erfahren. Daraufhin wurden neue Strategien entwickelt und das ganze Agentennetz neu strukturiert. Die Verwirrung war damals groß - bis wir dann erfuhren, daß alles, was er
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