Das Parsifal-Mosaik
was ist?« fragte die Männerstimme in klarem, gepflegtem Englisch.
»Mr. Charles?« sagte Havelock, ohne zu wissen, weshalb die Stimme des Mannes ihm irgendwie eigenartig vorkam. »Ja, hier spricht Charles. Wer ist da?« »US-Regierung, State Department ...« »Was?«
»Kein Grund zur Unruhe, Mr. Charles. Wenn Sie bitte zur Tür kommen würden. Dort können Sie sich meinen Ausweis durch das Glas ansehen und mich entweder einlassen oder eine Nummer anrufen, die ich Ihnen gebe.«
R. Charles zögerte einen Augenblick, bevor er antwortete. »Einverstanden.«
Dreißig Sekunden später erschien ein hünenhafter, muskulöser junger Mann im Eingang. Er trug Sprintershorts und ein Sweatshirt mit dem Emblem der Columbia-Universität auf der Vorderseite. Dies war also der Schutz, den sich die Apartmentbewohner von Morningside Heights gewählt hatten. Freies Quartier gegen wirkungsvollen Schutz. Michael hielt seinen Ausweis in der Plastikhülle hin; die Daten waren natürlich etwas unleserlich.
R. Charles blickte mit zusammengekniffenen Augen durch das Glas, zuckte die Achseln und öffnete die Tür. »Was, zum Teufel, soll das Ganze?« fragte er eher neugierig als feindselig. Ein Mann seiner Statur brauchte nicht aggressiv zu sein. Sein muskulöser Körper wirkte einschüchternd genug.
»Hier wohnt ein Mann, den ich gerne dienstlich sprechen würde, aber er ist nicht da. Er ist ein Freund von mir.« »Wer denn?«
»Dr. Jacob Handelman. Er hat einen Beratervertrag mit uns, aber er spricht nicht gern darüber.« »Ein netter, alter Herr, dieser Handelman.«
»Das ist er, Mr. Charles. Ich glaube allerdings, er wäre wahrscheinlich beunruhigt, wenn er sich vorstellt, jemand könnte mich erkannt haben.« Havelock grinste. »Außerdem ist es da draußen verdammt kalt.«
»Ich kann Sie aber wirklich nicht in seine Wohnung lassen. Unmöglich.«
»Das ist doch klar. Wenn es Ihnen recht ist, werde ich einfach hier auf ihn warten.«
R. Charles zögerte einen Augenblick. »Na, schön, okay. Ich würde Sie gern hereinbitten, aber mein Mitbewohner und ich pauken gerade für eine Matheprüfung, die morgen ansteht.« »Ich möchte wirklich nicht ...«
Das Auftauchen eines jungen Mannes in einer Tür am Ende des Korridors unterbrach Havelock. Er hielt in einer Hand ein Buch. »Hey, was ist denn?«
»Nichts. Jemand, der den Rabbi besuchen will.« »Schon wieder einer? Komm schon, wir haben keine Zeit.« Der Zimmerkollege verschwand wieder. »Nochmals, vielen Dank.«
»Schon gut. Der Rabbi müßte jeden Augenblick erscheinen.« »Ist verdammt pünktlich, wie?« »Wie eine Schweizer Uhr.« Der Student machte eine nachdenkliche Miene. »Wissen Sie, ich hab' mir schon so etwas gedacht, daß er mit einem Mann wie Ihnen zu tun hat, meine ich.« »Wieso?«
»Ich weiß nicht ... wahrscheinlich wegen der Leute, die zu ihm kommen. Manchmal spätnachts; nicht gerade Typen von der Uni.« Wenn er jetzt eine Frage stellte, hatte er eigentlich nichts zu verlieren, überlegte Michael. »Wir machen uns große Sorgen wegen der Frau, das will ich Ihnen offen sagen. Um ... des Rabbis willen hoffen wir, daß sie angekommen ist. Haben Sie sie mal zufällig gesehen? Eine große blonde Frau. Gestern? Heute?« »Gestern abend«, sagte der junge Mann. »Ich nicht, aber mein Freund. Klasse Frau, hat er gesagt, aber sehr nervös. Sie hat auf den falschen Klingelknopf gedrückt und den alten Weinberg erwischt - er wohnt in Drei B und ist noch nervöser.« »Das erleichtert mich. Wann denn gestern abend?« »Um diese Zeit, schätze ich. Ich hab' gerade telefoniert, als Weinberg sich bei uns über die Haussprechanlage gemeldet hat.« »Danke.« Sie war in Reichweite - er konnte es fühlen. »Übrigens, Sie haben eben durch reinen Zufall eine vertrauliche Information erfahren. Bitte respektieren Sie das.«
»Mann, Sie sind vielleicht amtlich. Ich hab' Sie nie gesehen, Mr. Havalatch, aber wenn die in Washington die Wehrpflicht wieder einführen, melde ich mich bei Ihnen.« »Tun Sie das. Nochmals vielen Dank.«
»Machen Sie's gut.« Der hünenhafte Student ging zu der offenen Tür zurück.
Kaum hatte sie sich hinter ihm geschlossen, eilte Havelock zu der breiten, steinernen Treppe in der Mitte des Foyers. Den Lift traute er sich nicht zu benutzen; das Geräusch konnte zu leicht den »Hausmeister« alarmieren.
In Paris hatte Michael die clevere Idee gehabt, die teuren schwarzen Schuhe, die er passend zu seinem dunklen Anzug gekauft hatte, mit harten
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