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Das Parsifal-Mosaik

Titel: Das Parsifal-Mosaik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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hinter ihm waren. Als sie das Tor passierten, zählte ein Wachposten die Männer durch. »Eins, zwei, drei, vier ...«
    Michael war Nummer acht und hatte den Kopf gesenkt, er rieb sich die Augen und bedeckte dabei sein Gesicht. »Sieben, acht, neun ... «
    Er war drinnen. Er nahm die Hände von den Augen und ging mit seiner Gruppe über einen seltsam glatten Belag. Jetzt blickte er auf. Der Atem stockte ihm. Seine Beine waren wie gelähmt. Er konnte sich kaum bewegen, denn er war in einer anderen Zeit, an einem anderen Ort. Die Bilder, die sich seinem Blick darboten, glichen einer phantastischen Szenerie aus einem surrealistischen Film. Er befand sich nicht in einem Militärkomplex auf einer kleinen Insel vor der Küste von Georgia, die sich Poole's Island nannte - er war in Washington, D.C.

25
    Es war wie in einem makabren Traum - eine Stadt en miniature: Da waren von Bäumen gesäumte Straßen, die ebenso abrupt anfingen, wie sie aufhörten. Der matte Schein der Laternen beleuchtete Eingänge von Gebäuden ... nein, nur ihre Fassaden. Er kannte sie gut. Da waren die Glastüren des State Department. Und dort drüben das Steinportal der neuen FBIZentrale ... und auf der anderen Straßenseite, hinter einem winzigen Park mit kleinen weißen Bänken, die braunen Stufen, die zum Haupteingang des Pentagon hinaufführten. Ganz weit links konnte er einen hohen, schwarzen, schmiedeeisernen Zaun erkennen, der in der Mitte unterbrochen war, so daß eine Einfahrt, flankiert von zwei glasumschlossenen Wachhäuschen, Platz hatte; er hatte Fotos davon gesehen. Das war der Südeingang zum Weißen Haus!
    Und chromblitzende Autos in normaler Größe : ein Taxi, zwei Militärfahrzeuge, zwei riesige Limousinen, alle geparkt -Symbole eines anderen Ortes. Und es gab noch andere Symbole ... man konnte sie in der Ferne rechts hinter dem Miniaturpark sehen: Miniaturnachbildungen der Jefferson-Gedenksäule, des Washington-Monuments, beides nicht höher als 1,20 Meter.
    Eine bizarre, falsche Welt war geschaffen worden, um die reale nachzubilden, die Hunderte von Meilen entfernt war. Es war mehr, als Havelock in sich aufzunehmen vermochte. Er mußte sich losreißen von den Eindrücken und versuchen, sich selbst zusammenzureimen, was dieses makabre Spektakel zu bedeuten hatte. Und vor allem mußte er Anton Matthias finden. Die Gruppe begann sich aufzulösen, einige gingen nach links, andere nach rechts. Hinter der falschen Fassade des State Department war eine Rasenfläche, auf der Weiden mit weit herunterhängenden Zweigen standen. Plötzlich war hinter dem Eingangstor ein Fluch zu hören. Michael zuckte zusammen. »Verdammte Scheiße, wo ist er??« »Wer, Sergeant?«
    »Jackson, Lieutenant! Ist schon wieder verspätet.« »Diesmal mache ich Meldung, Sergeant. Hier läuft alles viel zu lasch. Ich will endlich Ordnung haben.«
    Einige Angehörige des Suchtrupps grinsten, ein paar blickten sich um und lachten. Havelock nutzte den Augenblick, um zu entwischen und die im Dunkeln liegende Rasenfläche hinter der nächsten Ecke zu erreichen.
    Er kauerte sich an eine Ziegelmauer und versuchte nachzudenken, zu begreifen, was hier vor sich ging. Er wußte natürlich von dem sowjetischen Trainingszentrum in Nowgorod, das sich »der Amerikakomplex« nannte. In der riesigen Anlage waren alle Gebäude getreu nach amerikanischen Vorbildern entworfen: die Geschäfte und Supermärkte, die Motels und Tankstellen; man bezahlte mit amerikanischer Währung und sprach amerikanisches Englisch, sogar die verschiedenen regionalen Dialekte. Auch von weiteren sowjetischen Experimenten im Ural hatte er gehört, wo man ganze US-Army-Camps gebaut hatte, in denen amerikanische Militärgepflogenheiten und -Vorschriften praktiziert wurden, und wo man wiederum nur amerikanisches Englisch sprach. Alles war authentisch, bis auf die winzigste Einzelheit. Und dann gab es die Theorie - nach Havelocks Ansicht mehr als eine Theorie -, daß in verschiedenen Teilen der Vereinigten Staaten Hunderte, ja vielleicht Tausende von paminjatsdtiks lebten. Das waren Männer und Frauen, die man als Säuglinge in die Staaten gebracht und als Söhne und Töchter bei Familien untergebracht hatte, wo sie in völlig amerikanischer Umgebung aufwuchsen. Ihre Mission als Erwachsene aber war es, der Sowjetunion zu dienen. Es hieß - und Rostow hatte es bestätigt - daß die paminjatschik s-Organisation von der Voennaja beherrscht würde, deren Angehörige selbst das KGB kaum zu kontrollieren

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