Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Parsifal-Mosaik

Titel: Das Parsifal-Mosaik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
Vom Netzwerk:
unterschiedlichem Licht betrachtet! War er gerade der Universitätsdozent Matthias, der ein akademisches Urteil fällt, oder Doktor Matthias an einem Vortragspult, der gerade seine Zuhörer fesselte? Oder war er der gebildete Europäer, der bei einem Glas Sherry, mit Mozartmusik im Hintergrund, seine Jünger mit Erleuchtung erfüllte? Er machte das sehr gut. Und dann war da der Bonvivant, der Liebling von Georgetown und der Ostküste. Mein Gott, was für eine Attraktion für jede Gastgeberin! Und wie großartig er seine Rolle spielte ... Er versprühte Charme und Witz und strahlte Kraft und Entschlossenheit aus. Kein Wunder, daß die Frauen auf ihn flogen. Aber als Minister ging er tyrannisch mit seinen Mitarbeitern um, pausenlos fordernd, eigensinnig, eifersüchtig ... Er war so »nagebewußt, daß er die Zeitungen nach der winzigsten Erwähnung seiner Person absuchte und förmlich anschwoll, wenn er in den Schlagzeilen stand, reagierte aber wütend auf die geringste Kritik. Und weil wir gerade von Kritik sprechen - wissen Sie, was er letztes Jahr tat, als ein Senator es wagte, seine politischen Ziele auf der Genfer Konferenz in Frage zu stellen? Tief beleidigt trat er vor die Fernsehkameras und erklärte mit halberstickter Stimme, den Tränen nahe, er würde von seinem Amt zurücktreten. Herrgott, was für eine Aufregung! Dieser Senator ist heute ein Ausgestoßener, ein Paria!« Bradford hielt inne, schüttelte den Kopf, sein Ausbruch war ihm plötzlich peinlich. Mit normaler Stimme fuhr er fort: »Und dann war da noch ein anderer Anthony Matthias, der brillanteste Außenminister in der Geschichte dieser Nation .. Nein, Mr. Havelock, wir kannten ihn nicht.«
    »Sie kritisieren jetzt die negativen Eigenschaften eines Mannes«, sagte Michael und ging zum Sofa. »Vielleicht haben Sie keine. Alle anderen haben die auch. Er hatte tatsächlich viele Seiten; aber Ihr eigentliches Problem ist, daß Sie ihn haßten.«
    »Nein, Sie haben unrecht.« Bradford schüttelte den Kopf. »Man haßt einen Mann wie Matthias nicht«, fuhr er fort und sah Jenna an. »Man empfindet vielleicht Ehrfurcht oder Angst ... oder ist die ganze Zeit wie hypnotisiert, ohne Zweifel, aber man haßt ihn nicht.« »Kehren wir zu Parsifal zurück«, sagte Havelock und ließ sich auf die Armlehne der Couch nieder. »Wo, glauben Sie, kam er her?« »Er kam von nirgendwo und verschwand ins Nirgendwo.« »Nein, er kam von irgendwo. Er traf sich häufig mit Matthias. Bestimmt einige Wochen lang, wahrscheinlich über Monate.« »Wir haben Matthias' Terminkalender immer wieder überprüft. Ebenso die Aufzeichnungen seiner Telefongespräche, seinen Reiseplan. Wir haben rekonstruiert, mit wem er sich getroffen hat, angefangen bei Diplomaten bis hinunter zu Hotelportiers. Es gab keine auffälligen Wiederholungen. Nichts.«
    »Ich will diese Unterlagen alle haben. Können Sie das veranlassen?« »Es ist bereits veranlaßt.«
    »Weiß man etwas über den Zeitraum, in dem die beiden Verträge geschlossen worden sind?«
    »Ja, eine Spektralanalyse des Papiers ergab, daß die Schrift etwa sechs Monate alt ist, nicht älter.« »Sehr gut.«
    »Das hätten wir auch so vermuten können.« »Tun Sie mir einen Gefallen«, sagte Michael und setzte sich. »Was denn?« fragte der Staatssekretär.
    »Vermuten Sie nie etwas.« Havelock griff nach seinem Notizbuch, schrieb etwas auf den Block und fügte hinzu: »Parsifal ist Russe. Höchstwahrscheinlich ein Überläufer, der nirgendwo registriert ist.«
    »Das haben wir ... vermutet. Jemand mit außergewöhnlicher Detailkenntnis über die Waffenkapazitäten der Sowjetunion.« »Warum sagen Sie das?« fragte Jenna Karras. »Die Verträge. Sie enthalten präzise Angaben über den offensiven und defensiven Einsatz von Atomwaffen, die von unserer Abwehr bestätigt werden.«
    Michael machte sich eine weitere Notiz. »Ebenso wichtig ist, daß Parsifal wußte, wo er >Ambiguity< finden konnte.« »Oder hat >Ambiguity< ihn gefunden?« überlegte Jenna. »Das ist unwesentlich«, erwiderte Havelock. »Die Verbindung ist hergestellt, der Maulwurf erreicht Moskau, und das Beweismaterial gegen dich wird geliefert ... für mich. Dann reist >Ambiguity< nach Spanien an die Costa Brava und ändert das Szenarium.« »Ja, ich bin ganz Ihrer Ansicht«, sagte Bradford. »Ich glaube, das war >Ambiguity< am Strand, nicht Parsifal. >Ambiguity< kehrte nach Washington zurück und stellte fest, daß er Parsifal verloren hatte. Man hatte ihn benutzt und

Weitere Kostenlose Bücher