Das Parsifal-Mosaik
besaß. Ihre Tarnung war einfach; er war einige Jahrzehnte Anlageberater in Europa gewesen. Das war für die weiter entfernt wohnende, wohlhabende Nachbarschaft in hohem Maße annehmbar und erklärte auch, warum häufiger Limousinen von der Landstraße abzweigten und in die fast einen Kilometer lange Einfahrt einbogen, die zum Haus führte. Wenn dann freilich einmal ein Besucher kam, waren die »Eigentümer« selten zu sehen - es sei denn, dies wäre vorher ausdrücklich arrangiert gewesen -, denn die wohnten im Nordflügel, einem separaten Teil des Hauses mit separatem Eingang. »Steril Fünf« diente Klienten, die der Regierung der Vereinigten Staaten wesentlich mehr zu bieten hatten als die gleichsam schiffbrüchigen Insassen von Mason Falls, Pennsylvania. Im Laufe der Jahre hatte hier eine ganze Reihe hochrangiger Überläufer ausführliche Befragungen über sich ergehen lassen. Wissenschaftler, Diplomaten, Spionageagenten, in Ungnade gefallene Militärs -alle hatten zur einen oder anderen Zeit dort gewohnt. »Steril Fünf« war für jene Leute reserviert, von denen Washington glaubte, daß sie in Krisenzeiten für die unmittelbaren Interessen des Landes wichtig waren. Michael Havelock und Jenna Karras trafen um zwanzig Minuten nach vier in einem neutral lackierten Wagen der Regierung ein. Staatssekretär Emory Bradford, der sich vorher mit dem Präsidenten abgesprochen hatte, erwartete sie bereits.
Die Vorhaltungen waren nur kurz gewesen, die Krise überlagerte alles; es hatte keinen Sinn, Fehler und Inkompetenzen der Vergangenheit noch einmal zu analysieren. In »Steril Fünf« saßen sie im Arbeitszimmer des »Besitzers«, einem kleinen Raum, der mit einem Sofa und schweren lederne n Armsesseln möbliert war. Hinter der Couch stand ein massiver Eichentisch, auf dem ein silbernes Tablett mit Gläsern, Eis und verschiedenen alkoholischen Getränken angerichtet war. Havelock machte sich und Jenna einen Drink; Bradford lehnte ab.
»Was haben Sie Miss Karras gesagt?« fragte der Staatssekretär. »Alles, was ich auf Poole's Island erfahren habe.« »Ich weiß nicht, was ich sagen soll ... was ich denken soll«, sagte Jenna. »Ich glaube, ich empfinde gleichzeitig Bewunderung und Schrecken.«
»Das ist eine gute Kombination«, pflichtete Bradford ihr bei. »Was ich von Ihnen möchte«, sagte Havelock, während er mit den Drinks um die Couch herumging und sich neben Jenna setzte, »sind sämtliche Informationen, über die Sie verfügen. Die Namen von allen Beteiligten - ganz gleich, wie unwesentlich ihre Rolle auch ist - von Anfang an. Es ist mir gleichgültig, wie lange es dauert; wir können die ganze Nacht hierbleiben. Ich werde zwischendurch Fragen stellen, mir Notizen machen, und wenn ich fertig bin, gebe ich Ihnen eine Liste mit allem, was ich brauche.« Es waren kaum vier Minuten vergangen, als Michael ihn das erste Mal unterbrach. »MacKenzie? CIA? Einer der besten Männer, die der CIA hervorgebracht hat.«
»Man hatte mir gesagt, der beste überhaupt«, sagte Bradford. »Er hat also die Operation an der Costa Brava geplant.« »Ja.«
»War er der Mann, der die blutbefleckten Kleider der Toten für die forensische Untersuchung zurückgebracht hat?« »Ich wollte gerade ... «
»Sagen Sie«, unterbrach ihn Havelock, »ist er an einem Schlaganfall ... einem Herzinfarkt ... in der Chesapeake Bay gestorben?« »Ja, in seinem Boot.« »Ist eine Autopsie gemacht worden?« »Nicht offiziell. Aber auch hier ist die Antwort ja.« »Was bedeutet das?«
»Bei einem solchen Mann riskiert man keine Spekulationen. Der Arzt war kooperativ und ist gründlich befragt worden; er ist ein hochangesehener Arzt. Die Röntgenaufnahmen sind von ihm und unseren eigenen Leuten untersucht worden, die Diagnose war einhellig: eine starke Aortablutung.« Bradford senkte die Stimme. »Das war das erste, woran wir dachten, als wir von seinem Tod erfuhren. Wir haben nichts außer acht gelassen.«
»Danke«, sagte Havelock und machte sich eine Notiz. »Bitte weiter.« Jenna stellte ihr Glas auf den Tisch. »War er der Mann, der mit Ihnen in der Halle des Hotels in Barcelona zusammen war?« »Ja, es war seine Operation.«
»Er war ein zorniger Mann. Er wirkte bedrohlich, nicht besorgt.« »Er hatte einen bedrohlichen Beruf.«
»Er trat meine Tür ein und hielt eine Waffe in der Hand.« »Er war beunruhigt, das waren wir beide. Miß Karras, wenn Sie nach unten gegangen oder in Ihrem Zimmer geblieben wären ...« »Bitte, fahren Sie
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