Das Parsifal-Mosaik
schnell er konnte, rannte Charley zum Eingang der Notaufnahme und schwang sich mit einer Flanke auf die Plattform. Er stieß die breite Metalltür auf und fegte an einer erschreckten Schwester hinter einer verglasten Empfangstheke vorbei. Hastig drehte er den Kopf nach allen Seiten und entschied sich für den Korridor vor ihm. Dann bog er in den nächsten Quergang nach rechts. Dort war das Untersuchungszimmer, nur drei Meter entfernt. Die Tür war verschlossen; das gab keinen Sinn. Loring eilte schnell darauf zu, lautlos, machte lange, vorsichtige Schritte, den Rücken gegen die Wand gepreßt. Plötzlich hörte er zwei gedämpfte Geräusche, wie wenn jemand ausspuckt, und dann einen schrecklichen, kehligen Schrei hinter der schweren Stahltür. Jetzt wußte er, daß sein Instinkt ihn nicht getrogen hatte. Er fuhr um den Türstock herum, um der linken Hand freien Zugriff zur Klinke zu lassen, drückte sie herunter, warf sich mit der Schulter gegen das Türblatt.
Die Tür flog auf.
Schüsse fielen, die Kugeln bohrten sich neben ihm in die Wand; sie hatten zu hoch geschossen, die spuckenden Laute kamen aus der Tiefe des Raums. Charley duckte sich und warf sich nach vorn, rollte ab, als er den Boden berührte, und feuerte auf eine blaue Uniform ... aber er hatte zu tief gezielt, so daß die Kugeln vom Stahl abprallten. Beine, Knöchel, Füße, Arme, wenn es sein muß - aber nicht die Brust, nicht den Kopf! Ich will ihn lebend!
Der zweite Uniformierte warf sich über einen Untersuchungstisch, Loring hatte keine Wahl. Er schoß direkt auf den Angreifer, der eine Pistole in der Hand hielt. Der Killer prallte von dem gepolsterten Tisch ab, fiel zu Boden, die Kehle aufgerissen, tot. Der andere muß am Leben bleiben! Unbedingt! Der Schrei hallte immer noch durch seinen Kopf, als Charley die Tür zutrat und die hellen Neonröhren an der Decke zerschoß. Nur ein schwaches Notlicht brannte noch.
Drei spuckende Geräusche kamen aus der Dunkelheit, und die Kugeln bohrten sich über ihm in den Verputz. Wieder rollte er sich herum, diesmal nach links, kollidierte mit zwei leblosen Körpern ... waren das die >Apatschen Er konnte es nicht sagen; er wußte nur, daß er den Mann, der noch lebte, nicht entkommen lassen durfte. Und in jenem Raum gab es nur noch zwei Lebende, sonst nur Blut, zerfetztes Fleisch und Leichen. Es war ein Massaker gewesen.
Ein Stakkato von Gewehrschüssen knatterte über den Boden, und er spürte die brennende Hitze des Geschosses, das seinen Unterleib durchbohrte; er war getroffen, aber der Schmerz bewirkte etwas Seltsames in ihm: Sein Verstand explodierte vor Wut, aber es war eine kontrollierte Wut. Er hatte schon einmal verloren. Das durfte ihm nicht wieder passieren!
Er sprang nach rechts, krachte gegen eine Krankenliege, so daß sie in die Richtung rollte, aus der die Stakkatosalve gekommen war; er hörte den Aufprall und richtete sich schnell auf, die Pistole mit beiden Händen umklammert, und zielte auf eine andere Hand im Schatten. Er feuerte, als draußen im Flur die Schreie anschwollen. Ein letztes blieb ihm noch zu tun. Dann würde er diesmal nicht verloren haben.
34
Korvettenkapitän Thomas Decker betrat das Arbeitszimmer von »Steril Fünf«; zwei Männer vom Geheimdienst des Weißen Hauses eskortierten ihn. Sein kantiges, muskulöses Gesicht war gefaßt, doch seine Augen spiegelten seine innere Unruhe wider. Die breiten Schultern unter der gutgeschnittenen blauen Uniform verrieten, daß er sich in Form hielt, aber eher zwanghaft und nicht, weil es ihm Spaß machte; sein Körper war starr, und in seinen Bewegungen war wenig Fließendes. Das Gesicht, das Havelock so faszinierte, war eine hartschalige Maske, die im Begriff war zu zerspringen. Decker wirkte wie versteinert, und trotzdem konnte er seine Angst nicht verbergen, sosehr er sich auch bemühte.
Michael wandte sich an die zwei Männer vom Geheimdienst, die auf weitere Anweisungen warteten.
»Vielen Dank, Gentlemen. Die Küche ist rechts hinunter, ganz am Ende des Flurs. Der Koch hat bestimmt etwas zu essen für Sie ... Bier, Kaffee, was Sie wollen. Ich habe Sie sicher beim Abendessen gestört und weiß nicht, wann wir hier fertig sein werden. Sie können natürlich auch telefonieren, wenn Sie möchten.« »Danke, Sir«, sagte der Mann links von Decker und nickte seinem Begleiter zu. Dann drehten sich beide um und verließen das Zimmer.
»Mich haben Sie auch beim Abendessen gestört, und ich erwarte ... «
»Halten Sie den Mund,
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