Das Parsifal-Mosaik
erreichen, sobald sie an ihrem Ziel eintrifft?«
»Nicht so, wie sie ausgerüstet ist«, kam leise die Antwort. »Schicken Sie sofort eine zweite Gruppe. Polizeifahrzeug, automatische Waffen, Schalldämpfer. Töten Sie sie, töten Sie sie alle. Niemand darf am Leben bleiben.« »Sie haben sie doch geschickt!« »Es ist eine Falle.« »O Gott ... sind Sie sicher?« »Ich habe gerade das Weiße Haus verlassen.« Ein leiser, langgezogener Pfiff war die Reaktion am anderen Ende der Leitung. »Dann hat es sich ausbezahlt, nicht wahr?« »Sie hatten keine Wahl. Noch etwas. Sie müssen Mutter erreichen. Rostow hat Victor im Visier. Stellen Sie fest, was er weiß; wir müssen in Betracht ziehen, ihn zu eliminieren.«
Charley Loring ging die Treppe des Pentagon hinunter und dachte über den Korvettenkapitän Thomas Decker nach. Er war nicht sicher, wonach Havelock Ausschau hielt, aber er war ziemlich überzeugt, daß er ihm den entscheidenden Hinweis nicht liefern konnte - noch nicht, hoffte er. Nachdem er Deckers komplette Dienstakte gelesen hatte, darunter auch etliche Test-und Gesundheitsberichte des Marinekommandos, hatte Charley beschlossen, weitere Informationen über ihn im Pentagon einzuholen. Unter dem Vorwand, daß Decker für einen Posten in einer Botschaft im Gespräch war, einen sehr wichtigen Posten, der Takt und ein beträchtliches Maß an Persönlichkeit forderte, suchte er einige Freunde in der Heeresabwehr auf und sagte, er müsse einige Leute vertraulich interviewen und brauche ihre Hilfe. Er erinnerte sie daran, daß er ihnen schon mit Gefälligkeiten gedient hatte. Das wirkte.
Fünf Personen wurden ihm für formlose Einzelgespräche zugeführt, und jeder wurde eingeschärft, daß sie selbst dafür verantwortlich sei, daß die Vertraulichkeit gewahrt blieb. Es handelte sich um drei Marineoffiziere, die mit Decker zusammen auf dem Unterseeboot Starfire gedient hatten, eine Sekretärin, die sechs Monate in seinem Büro gearbeitet hatte, und um einen Marineangehörigen, der Mitglied im Nuklearen Krisenausschuß war.
Havelock hatte gesagt, daß Decker ein Lügner sei. Loring fand allerdings keinerlei Beweise für diese Charakterisierung. Er war eher ein Moralist, der ein strenges Regiment geführt hatte. Bei jedem der wöchentlichen interkonfessionellen Gottesdienste, auf deren Abhaltung er beharrte, verlas er die Lektionen. Er hatte den Ruf eines strengen, aber gerechten Vorgesetzten. Stets war er darauf bedacht, alle Seiten eines Problems zu beleuchten, ehe er seine Entscheidung traf, von der er dann auch nicht mehr abwich. Einer seiner Kollegen drückte es so aus, daß man zwar mit irgendeiner Handlungsweise Deckers nicht einverstanden sein konnte, aber stets begriff, warum er sich so und nicht anders verhielt. Mit seinem logischen Verstand, sagte ein anderer, erfasse er die »Haken und Ösen« einer komplizierten Angelegenheit schneller als die meisten anderen. Und doch nutze er nie die Irrtümer anderer aus, um seine eigene Überlegenheit herauszukehren, meinte ein dritter Offizier; er konnte die Fehler anderer mitfühlend akzeptieren, solange er spürte, daß sie ihr Bestes gegeben hatten. Das war nicht die Art eines Lügners, dachte Loring. Lügner stürzten sich auf die Schwächen anderer, noch dazu, wenn sie ihnen praktisch gratis geliefert wurden. Die Sekretärin freilich beleuchtete eine andere Seite von Thomas Decker, die in seinen Dienstakten und in den Aussagen seiner Kollegen nicht sichtbar geworden war. Der Korvettenkapitän bemühte sich offensichtlich sehr, seine eigenen Vorgesetzten zu unterstützen und ihnen gefällig zu sein.
»Er war immer taktvoll und großzügig«, beschrieb sie ihn, »wenn er die Arbeit anderer Leute beurteilen mußte, selbst wenn man genau wußte, daß er sie in Wirklichkeit sehr kritisch sah. Beispielsweise hat er eine Entscheidung der Vereinigten Stabschefs voll unterstützt, obwohl er mir gegenüber die Ansicht äußerte, daß sie nichts tauge .. Wenn Sie von Takt sprechen, nun, der Commander ist so ziemlich der diplomatischste Mensch, den ich je gekannt habe.« Die letzte Person, mit der Charley Loring sprach, war Major und wie Decker Mitglied im Nuklearen Krisenausschuß. Seine Meinung über den Kollegen fiel krasser aus: »Er kriecht den Leuten ganz schön in den Arsch, aber verdammt gut ist er ja. Takt? ... Herrgott, ja, Takt hat er, aber er wird sich nicht gleich die Schlinge um den Hals legen, wenn ihm etwas Wichtiges mißlingt. Irgendwie schafft er es
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