Das Parsifal-Mosaik
Rostow dir denn schon erzählen?« Jenna erhob sich aus ihrem Sessel und legte die Pierce-Akte auf den Schreibtisch. »Hier steht übrigens nichts, was wir aufgreifen könnten.« »Natürlich.« Michael wischte sich mit dem Handrücken über die Stirn und lehnte sich, auf die Ellbogen gestützt, nach vorn. »Rostow hat mir in Athen gestanden, eine seiner Quellen für die Costa Brava sei ein Maulwurf, der im Weißen Haus tätig sei. Ich glaubte ihm damals nicht; aber nehmen wir einmal an, er hätte mir die Wahrheit gesagt - eine Wahrheit aus der Vergangenheit -, weil er wußte, daß der Maulwurf draußen und nicht mehr aufzufinden war. Der perfekte paminjatschik also.«
Jenna hob die Hand und deutete auf die Akte. »Pierce war dem Nationalen Sicherheitsrat zugeteilt. Er hatte einige Monate lang ein Büro im Weißen Haus.«
»Ja. Und Rostow meinte seine Worte bitterernst; er konnte das nicht verstehen, und was man in diesem Geschäft nicht verstehen kann, ist Anlaß zur Unruhe. Alles, was er über die Operation an der Costa Brava erfahren hatte - was ich ihm bestätigte -, verriet ihm, daß sie unmöglich ohne die Unterstützung von jemandem in Moskau abgelaufen sein konnte. Aber wer hatte seine Hand im Spiel gehabt? Die Operationen unterstehen eigentlich seiner direkten Kontrolle, aber er hatte nichts damit zu tun gehabt, wußte überhaupt nichts davon. Also prüfte er mich, weil er glaubte, ich könnte ihm etwas sagen und den Maulwurf als Beweis ins Spiel bringen, im Wissen, daß wir beide Informationen eines Maulwurfs für verläßlich hielten und sie akzeptierten. Das war für ihn die Wahrheit - so wie man sie ihm dargestellt hatte. In Wirklichkeit aber war es eine Lüge.« »Die Lüge eines KGB-Beamten, eines paminjatschik, der dem KGB die Gefolgschaftstreue aufgekündigt und sich der Voennaja angeschlossen hatte«, fügte Jenna hinzu. »Er läßt seine ehemaligen Vorgesetzten zugunsten seiner neuen im Stich.«
»Und dann macht er sich daran, die Aktion an der Costa Brava zu stören und ändert den geplanten Ablauf - wenn er an der Costa Brava war. Wenn ... wenn.«
»Wie willst du bei Rostow vorgehen? Euer Gespräch wird auf Band registriert werden; man wird jedes Wort überwachen.« »Das wird leicht sein. Schließlich ist er Direktor für externe Strategien. Ich werde ganz auf dem Machtkampf aufbauen: KGB gegen VKR. Er wird schon verstehen.«
»Er wird am Telefon nicht über die paminjatschik -Operation reden. Du weißt doch, daß er das nicht kann.« »Ich werde ihn auch nicht darum bitten. Ich werde den Namen nennen und zuhören. Er wird es mir irgendwie sagen. Wir sind beide alte Hasen .. uns genügen Andeutungen, Umschreibungen, um zu wissen, was der andere meint, und unser Schweigen wird nur von Leuten wie uns verstanden. Er will etwas, das ich habe -wenn ich es habe -, so wie ich eine Bestätigung von ihm brauche. Es wird funktionieren. Irgendwie wird er mir mitteilen, ob Arthur Pierce der Maulwurf ist ... wenn er überzeugt ist, daß der Maulwurf ihm in den Rücken gefallen ist und sich den Wahnsinnigen angeschlossen hat.«
Jenna trat an den niedrigen Tisch, griff nach einem Notizblock und setzte sich in den ledernen Armsessel.
»Möchtest du über Commander Decker sprechen, während du wartest?«
»Herrgott!« Havelocks rechte Hand schoß zum Telefon, während seine linke die Liste mit den Telefonnummern heranzog. Er wählte, während er sprach, und seine Stimme klang gequält: »Ich habe seinen Namen Pierce gegenüber erwähnt. O Gott, ich muß sofort Deckers Eskorte sprechen. Schnell!« »Marine-Eskorte. Auf Posten.«
Die Worte, die über das Funktelefon kamen, waren klar, und das plötzliche Pochen in Michaels Schläfen begann schwächer zu werden. »Hier >Steril Fünfc. Wir haben Grund zu der Annahme, daß es in Ihrem Bereich feindliche Aktivität geben könnte.« »Keine Anzeichen davon«, kam die Antwort. »Alles ist ruhig, und die Straße ist gut beleuchtet.« »Ich hätte trotzdem gerne zusätzliches Personal.« »Wir sind ziemlich knapp mit Leuten, >Steril Fünfc. Warum holen wir nicht einheimische Polizisten dazu? Die brauchen auch nicht mehr zu wissen als wir, wir wissen ja auch gar nichts.« »Können Sie das veranlassen?«
»Sicher. Wir sagen, es wäre etwas Diplomatisches, dann kriegen die Überstunden bezahlt. Übrigens, was befürchten Sie eigentlich?« »Eine Entführung. Zuerst wird man Sie ausschalten und dann sich Decker greifen.«
»Danke für die Warnung. Wir kümmern uns
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