Das Parsifal-Mosaik
verfügte und der die gefährlichste Entscheidung getroffen hatte, die er überhaupt treffen konnte. Er kann sie einfach nicht auf einen Mann hin getroffen haben, den er auf einem Parkplatz gesehen hat - einem Mann übrigens, der viel zu erfahren war, um sich so offensichtlich zu zeigen.«
»Ja, logisch scheint das nicht zu sein«, gab Jenna ihm recht. »Die Kontrolle wußte, daß es eine Falle war, daß das Hauptziel -reden wir doch nicht darum herum, das einzige Ziel - darin bestand, wenigstens einen von ihnen lebend zu bekommen .. Verdammt noch mal, wie konnte das passieren?« Michael ging auf die breiten, dunklen Fenster mit dem dicken, kugelsicheren Glas zu. Und dann hörte er die Worte, Jenna Karras sprach sie ganz leise aus. »Mikhail, du hast mit noch jemandem gesprochen: mit dem Präsidenten.«
»Natürlich, aber ..« Er hielt inne und starrte das verzerrte Spiegelbild seines Gesichts im Fenster an, sah aber langsam nicht mehr sein Gesicht, sondern die schemenhaften Umrisse eines anderen. Und dann wurde der nächtliche Nebel, der sich draußen zwischen den Bäumen und über den Rasen verteilt hatte, zu einem anderen Nebel, einem Nebel aus einer anderen Zeit. Plötzlich erfüllte Wellenschlag seine Ohren, donnernd, betäubend, unerträglich. Blitze zuckten auf. Dann kam der scharfe Knall und dann noch einer ...« Er war wieder an der Costa Brava!
Und das Gesicht im Spiegel nahm Gestalt an ... ganz vage zuerst ... dann unverkennbar. Nun sah er die weiße Strähne, die von der Stirn quer durch das dunkle Haar nach hinten verlief. »Nein ... nein!« Er hörte sich schreien; er konnte Jennas Hände an seinem Arm spüren und dann an seinem Gesicht, das doch nicht sein Gesicht war ... an seinem Haar und doch nicht an seinem Haar. Aber beides waren die Gesichter von Mördern, das seine und das andere, das er in jener Nacht an der Costa Brava gesehen hatte!
Damals hatte der böige Meereswind eine Fischermütze vom Kopf jenes Mannes geweht. Vor zwei Stunden hatte der Wind der Propeller einen Hut weggefegt. Auf einer Piste ... umgeben von Scheinwerferlicht. Derselbe Mann? War es möglich? Auch nur vorstellbar? »Mikhail!« Jenna hielt sein Gesicht mit beiden Händen. »Mikhail, was ist? Stimmt etwas nicht?«
»Es ist nicht möglich!« schrie er. »Es kann nicht sein!« »Was, mein Geliebter? Was kann nicht sein?« »Jesus! Ich verliere den Verstand!« »Liebster, hör auf!« rief Jenna und schüttelte ihn. »Nein ... nein, es ist schon gut. Laß mich allein. Laß mich allein.« Er löste sich von ihr und rannte zum Schreibtisch. »Wo ist sie? Wo, zum Teufel, ist sie?«
»Wo ist wer?« fragte Jenna mit ruhiger Stimme. »Die Akte.« »Welche Akte?«
»Meine Akte!« Er riß die rechte obere Schublade heraus, wühlte zwischen den Papieren herum, bis er den Aktenordner mit dem schwarzen Rand fand. Er knallte ihn auf den Schreibtisch, klappte ihn auf und blätterte hastig in den Seiten.
»Was hast du denn, Mikhail? Sag es mir doch. Laß mich dir helfen. Was hat das ausgelöst? Was treibt dich dazu, in die Vergangenheit zurückzugehen? Wir waren uns doch einig, daß wir einander nicht quälen wollten!« »Nicht ich! Er!« »Wer?«
»Ich darf keinen Fehler machen! Auf keinen Fall!« Havelock fand die Seite, die er suchte. Sein Zeigefinger tastete die Zeilen ab, seine Augen starrten gebannt auf die Worte. Er sprach im Flüsterton, ausdruckslos. »Sie töten sie! O mein Gott, er hat sie getötet, und ich kann die Schreie nicht ertragen. Geh zu ihr, halte die Männer auf ... nein, nicht ich, auf keinen Fall ich. O Gott, sie zerren sie weg ... Sie blutet so, aber sie hat jetzt keine Schmerzen mehr, sie ist tot. O mein Gott, sie ist tot, die Frau, die ich geliebt habe, ist tot! Der Wind ist kräftig, er hat seine Mütze weggeweht ... Das Gesicht! Kenne ich das Gesicht? Ein Foto? Eine Akte? Die Akte eines Mörders ... nein, das Haar ist es, die weiße Strähne in seinem Haar.« Michael erhob sich und sah Jenna an. Er schwitzte, seine Stimme zitterte. »Eine ... weiße ... Strähne«, sagte er langsam. »Er könnte es sein!« Jenna lehnte sich an ihn und hielt ihn an den Schultern fest. »Du mußt dich jetzt zusammenreißen, mein Liebster. Du bist jetzt nicht du selbst, du hast einen Schock. Kannst du mich verstehen?«
»Keine Zeit«, sagte er, schob ihre Hände weg und griff nach dem Telefon. »Ich bin in Ordnung. Du hast recht, ich bin schockiert, aber nur, weil es so unglaublich ist. Unglaublich!« Er wählte, atmete
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