Das Parsifal-Mosaik
Tisch, jeder etwas verwirrt. Zwei sprachen ausreichend Italienisch, einer Englisch, und einer brauchte die Hilfe des Barkeepers. Michael sagt e jedem dasselbe.
»Ich bin auf der Suche nach einer Frau. Es ist eigentlich unbedeutend, nichts, worüber man sich Sorgen machen muß; nennen Sie es eine Herzenssache. Sie ist eine impulsive Frau; wir alle kennen solche Frauen, nicht wahr? Aber jetzt ist sie vielleicht zu weit gegangen. Man hat mir erzählt, sie hätte einen Freund auf der Cristobal. Vielleicht war sie am Pier und hat Fragen gestellt und sich nach einer Beförderungsmöglichkeit umgesehen. Sie ist ziemlich groß, trägt wahrscheinlich einen Regenma ntel und einen breitkrempigen Hut. Haben Sie so eine Frau gesehen? Wenn ja, könnten Sie sich eine Menge Geld verdienen. Was immer Sie mir sagen, bleibt unter uns. Mehr zu meinem Schutz als zu Ihrem. Ihnen allen erzähle ich das gleiche, damit Sie Bescheid wissen. Ich bin scharf auf eine Frau, die Civitavecchia verläßt; aber ich lasse mich nur mit jemandem ein, der seine Papiere an einer Hotelrezeption hinterlegt. Wo er sie von mir wieder ausgehändigt bekommt. Kapiert?«
Erst bei dem dritten Mann warnte der Barkeeper, der darauf bestanden hatte, bei jedem Gespräch dabei zu sein, Havelock mit Nachdruck.
»Der würde seine Papiere hinterlegen«, sagte er. »Dann ist er nicht mein Typ.« »Bene!« »Grazie.« »Prego.«
Am Pier der Cristobal hatte man nichts von einer solche n Frau gesehen oder gehört. Die vier portugiesischen Matrosen fuhren fort zu trinken.
Havelock dankte dem etwas verwirrten älteren Mann neben ihm und schob ihm einen weiteren Geldschein in die Schürzentasche. »Wie finde ich zum >Il Pinguino« fragte er. »Die Elba-Mannschaft?« »Richtig.«
»Ich komme mit«, sagte der Barkeeper. »Warum?«
»Sie sprechen wie ein anständiger Mann. Und dumm sind Sie. Wenn Sie im >Il Pinguino< Fragen stellen, sind Sie Ihr Geld schnell los. Dazu braucht es nur eines Matrosen, dem das Messer locker sitzt.« »Ich kann selbst auf mich aufpassen.«
»Sie sind nicht nur dumm, Sie sind sogar sehr dumm. Ich bin der Besitzer des >Il Tritone<; man respektiert mich im >Pinguino<. In meiner Gesellschaft sind Sie sicherer. Sie werfen zu sehr mit Ihrem Geld um sich.«
»Ich hab' es eilig.«
»Presto! Bringen wir es hinter uns. Das ist hier ohnehin ein übler Morgen. Anders als in alten Tagen, wo man einfach wußte, wann man mit dem Saufen aufzuhören hatte. Man schmeckt es ja in der Kehle, wissen Sie. Venga!«
Das fünf Straßen entfernte Cafe rief in Michael Erinnerungen wach, Erinnerungen an ein Leben, von dem er geglaubt hatte, es wäre vorbei. In jenem anderen Leben war er in zu vielen Lokalen dieser Art gewesen. Wenn das >Il Tritone< schon schäbig war und den Abschaum der Menschheit zu Gast hatte, dann betrachtete das >Il Pinguino< diesen Abschaum noch als Vorzugskunden. Der Rauch war dicker, das Geschrei lauter, und die Männer torkelten hier nicht, sie stürzten ... auf nichts und alles ... Gewalt im Sinn. Diese Männer waren auf ein Niveau herabgestiegen, wo einem nur noch die Schwäche des anderen Vergnügen bereitete, die man als Mangel an Männlichkeit auslegte und deshalb attackierte. Kaum hatte der Besitzer des >Il Tritone< Havelock durch die Tür komplimentie rt, wurde er von seinem Kollegen begrüßt. Der proprietario des >Pinguino< paßte zu seinem Etablissement, und es war leichter zu sagen, wieviel Zähne er noch hatte, als die fehlenden zu zählen. Sein Brustkasten war gewölbt wie ein Faß, und seine muskulösen Arme waren stark behaart. Er war nicht so groß wie Michaels neuer Freund, aber von ihm ging eine dumpfe Gewalttätigkeit aus, er wirkte wie ein groteskes, mürrisches Schwein, das leicht reizbar war.
Die Begrüßung der beiden Männer war kurz und beiläufig und kaum herzlich zu nennen. Doch da war Respekt zu verspüren, wie es der Besitzer des >Tritone< angekündigt hatte. Die Vereinbarungen waren schnell getroffen, ohne daß längere Erklärungen nötig waren. »Der Amerikaner sucht eine Frau. Es dreht sich um ein malinteso und geht uns nichts an«, sagte der Inhaber des >Il Tritone<. »Sie fährt vielleicht auf der Elba, und einer dieser Strolche hier hat sie womöglich gesehen. Er ist bereit zu zahlen.«
»Dann sollte er sich beeilen«, erwiderte der mürrische Besitzer des >Pinguino<. »Die Heizer sind schon vor einer Stunde gegangen. Der zweite Maat wird jeden Augenblick hier auftauchen, um den Rest der Crew zu holen.«
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