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Das Parsifal-Mosaik

Titel: Das Parsifal-Mosaik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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einen bestimmten Fahrgast unter Tausenden?« meinte der Mann zurückhaltend, der Michael gegenüber am Küchentisch saß.
    »Ich bin sicher, daß Sie das können«, sagte Havelock und zog einen weiteren Schein heraus. »Denken Sie nach. Ziemlich groß, breitkrempiger Hut ... Sie standen mit ihr auf dem Bahnsteig.« »Si! Naturalmente. Una bella ragazza! Jetzt erinnere ich mich!« Der Schaffner nahm das Geld und trank einen Schluck Wein. Dann rülpste er laut und fuhr fort: »Sie hat mich gefragt, ob ich wüßte, wo sie nach Civitavecchia umsteigen müsse.«
    »Civitavecchia? Das ist eine Stadt nördlich von hier, nicht wahr?« »Si. Ein Hafen am Tyrrhenischen Meer.« »Konnten Sie ihr die gewünschte Auskunft geben?« »Es gibt nur sehr wenige Züge, die zwischen Rom und Civitavecchia verkehren, Signore. Und ganz bestimmt nicht um die Zeit.« »Was haben Sie ihr gesagt?«
    »Ich empfahl ihr, mit einem Taxifahrer zu sprechen und einen festen Tarif auszumachen, wenn sie überhaupt einen finden konnte.« Havelock legte einen weiteren Geldschein auf den Tisch, stand hastig auf und ging zur Tür. Er sah auf die Uhr; es war zwanzig nach eins.
    Civitavecchia, ein Hafen am Tyrrhenischen Meer. Schiffe liefen gewöhnlich mit der ersten Morgendämmerung aus, ganz früh. Er hatte knapp drei Stunden Zeit, um Civitavecchia zu erreichen, um das Schiff zu finden, auf dem ein weiblicher Passagier sich unter falschem Namen eingetragen hatte oder auch gar nicht.

5
    Er rannte aus der marmorverkleideten Eingangshalle des Hotels am Berniniplatz, hetzte blindlings durch die winkligen Straßen, bis er die Via Veneto erreichte. Der Portier im Hotel hatte vergeblich versucht, für ihn ein Taxi zu rufen.
    Havelock blieb stehen, um Atem zu holen. Einige Cafes und das >Excelsion< hatten noch geöffnet. Jemand mußte ihm helfen und ihn nach Civitavecchia bringen. Er mußte sie finden. Er durfte sie nicht verlieren. Nicht noch einmal! Er mußte sie finden, sie festhalten und ihr sagen, daß man ihnen schreckliche Dinge angetan hatte, so lange, bis sie die Wahrheit in seinen Augen sah und in seiner Stimme hörte, bis sie die Liebe spürte, die er so tief empfand, und die unerträgliche Schuld begriff, die ihn nie losließ, weil er jene Liebe getötet hatte.
    Er rannte weiter, zuerst ins >Excelsior<, wo der arrogante Portier auch nicht für ein noch so großes Trinkgeld zu bewegen war. »Sie müssen mir helfen!«
    »Sie sind ja nicht einmal Gast hier, Signore«, sagte der Mann und blickte nach links.
    Langsam drehte Michael den Kopf zur Seite. Auf der anderen Seite der Lobby beobachteten zwei Polizisten die Szene. Sie sprachen miteinander; offenbar wurde das nächtliche Geschehen in der Halle des >Excelsior< von der Polizei überwacht. Viele Rauschgifthändler setzten auf dem weltberühmten Boulevard ihre heiße Ware ab. Havelock zögerte nicht lange und eilte auf die halbverlassene Straße hinaus. Der müde Oberkellner im >Cafe de Paris< sagte, es sei ein capo zuccone. Wer hatte schon ein Auto, das er um diese Stunde an einen Fremden verlieh?
    Der Nachtportier im >Hassler's Villa Medici< war von den reichen Hotelgästen Extravaganzen gewohnt. Er sorgte dafür, daß Michael einen Fiat mieten konnte. Der Preis war exorbitant, aber dafür bekam er auch einen Stadtplan von Rom und Umgebung, auf dem der Portier den schnellsten Weg nach Civitavecchia eingezeichnet hatte. Um 3.15 Uhr hatte Havelock die Hafenstadt erreicht. Eine halbe Stunde lang war er die Uferstraße auf und ab gefahren, bis er sich hatte entscheiden können, wo er den Wagen parken und seine Suche nach Jenna Karras beginnen sollte.
    Es war ein Viertel, wie man es in Hafenstädten in der ganzen Welt findet, wo Scheinwerfer die ganze Nacht über die Piers erhellten und Stauer die Frachter beluden und Bordmechaniker die teilweise veralteten Maschinen der größeren Schiffe warteten, die bald wieder in See stechen sollten. Wo Cafes und Bars die nebelverhüllten Gassen säumten, in denen das diffuse Licht der Straßenlaternen kleine Inseln bildete.
    Im Norden und Süden, wo die kleinen Piers lagen, schwankten die Silhouetten von Ladebäumen und Masten im Mondlicht. Dort waren die Anlegeplätze für die Fischerboote und Trawler, die sich nur höchstens vierzig Kilometer aufs Meer hinauswagten, an jene Stellen, wo die Kapitäne aus jahrzehntelanger Erfahrung und Überlieferung den reichlichsten Fang erwarteten. Erst wenn der Morgen nä hergerückt war und der hellgelbe Streifen am Horizont

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