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Das Patent

Titel: Das Patent Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Child
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musterte.
     
    15:30 Uhr
    »Was genau ist eigentlich der Kanal?«, erkundigte sich Warne. Sie durchquerten einen breiten Korridor auf der B- Ebene, der am Bürokomplex der Kasinobetriebsleitung vorbeiführte.
    »Der Kanal ist Utopias zentrale Routingstation«, erwiderte Ralph Peccam. »Sind Sie nicht in der Robotik an der - wie heißt die Uni noch mal: Carnegie-Mellon - tätig?«
    »War ich mal.«
    »Haben die Netzwerktypen da nen Verteilerschrank?«
    »Natürlich.«
    »Tja, der Kanal ist so was wie ein Verteilerschrank. Er ist nur ein paar Stufen größer.«
    Der Mann nieste und vergrub sein Gesicht flink im Ellbogen seiner aufgeplusterten Bomberjacke. Mann war nach Warnes Ansicht leicht übertrieben: Mit dem roten Haarschopf und den zahllosen Sommersprossen ähnelte Peccam weniger einem Topvideotechniker als einem zur Algebrastunde gehenden Halbwüchsigen. Warne brauchte ihn nur anzuschauen, schon kam er sich alt vor.
    Warnes Gedanken kehrten in die VIP-Suite zurück. Ihm fiel ein, wie Allocco ihn angeschaut hatte. Er hatte fast verächtlich gewirkt. Wir haben Ihnen gerade mitgeteilt, dass diese Leute Sie umbringen wollen. Wollen Sie sich trotzdem mit ihnen anlegen? Der Druck auf seinem Brustkorb und das schnelle Pochen seines Herzens sagten Warne, dass dies das Letzte war, was er wollte. Aber er wusste auch, dass er nicht einfach in der VIP-Suite herumsitzen und Däumchen drehen konnte. Er konnte auch nicht im medizinischen Zentrum bleiben und darauf warten, dass Georgia erwachte oder die nächste Flut von Verletzten hereinströmte. Die Szene in »Finsterwasser« lief immer wieder in seinem Kopf ab: der plötzliche, heftige Ruck, die über ihm in der Dunkelheit ertönenden Schmerzensschreie. Und das Allerschlimmste: Georgias Gesichtsausdruck.
    Seine Wut auf die Leute, die für all dieses Leid verantwortlich waren, stieg. Falls er etwas herauskriegen, irgendetwas in Erfahrung bringen konnte, das dazu beitrug, Sarahs Park zu retten, wollte er es tun. Es war zwar nicht viel, aber immerhin etwas.
    »Was glauben Sie, was wir da drin finden?«, fragte Poole.
    »Switches«, erwiderte Peccam. Sie kamen nun an eine Kreuzung. Er führte sie um eine Ecke und durch einen schmalen, zweckmäßigen Gang. »T-1- und T-2- Verbindungen. Stromanschlussdosen. Und jede Menge Strippen. Im Grunde handelt es sich beim Kanal um die riesige Umhüllung der unterirdisch gelegenen >Kreischer<- Senke. Um einen Kasten, der um einen anderen Kasten herumläuft. Da geht nie jemand rein, es sei denn, aus Gründen der Wartung. War gar nicht so einfach, jemanden aufzutreiben, der eine Zutrittskarte hat.« Peccam hob das an einer Kordel um seinen Hals hängende Plastikdreieck hoch. »Wie man hört, ist es da auch dunkel. Hoffentlich hat jemand an eine Taschenlampe gedacht.«
    Pooles Blick huschte von Peccam zu Warne, dann zu Terri.
    »Verdammt«, sagte er leise. »Wonach suchen wir eigentlich genau?«
    »Nach einem Router«, sagte Terri. »Es ist ein grauer Kasten, der ungefähr dreißig Zentimeter lang und zehn hoch ist. Den man irgendwo unerlaubt dort installiert hat.« Sie schwenkte einige gefaltete Papiere. »Ich hab die Netzwerkstruktur mitgebracht und kenne die ungefähre Lage. Wenn wir erst mal drin sind, können wir nach Spuren suchen.«
    »Im Kanal gibt es wahrscheinlich hundert Router«, sagte Peccam. »Wie kommen Sie darauf, dass gerade dieser unautorisiert ist?«
    »Ich habe das interne Netz durchsucht«, erwiderte Warne.
    »Sein Banner passt nicht zu den anderen.«
    Nun schaute Peccam verblüfft drein. »Wie meinen Sie das?«
    »Jede Netzwerkhardware hat einen Identifikationsbanner, der angezeigt wird, wenn man sie richtig anpingt. Ich bin über einen Banner gestolpert, der nicht zur Standardkonfiguration passt. Laut Terris Plan muss es ein Router im Kanal sein.«
    »Hm«, machte Peccam. Er klang irgendwie skeptisch.
    Warne schaute ihn kurz an. Die Spannung fiel unter einem Aufwallen von Unsicherheit von ihm ab. Seine linke Schulter pochte. Möglicherweise war alles ein fruchtloses Unterfangen. Was ihm in Terris Büro wie ein schlauer Einfall erschienen war, kam ihm jetzt töricht vor. Wahrscheinlich würden sie eine Stunde lang suchen und dann auf irgendeine schadhafte Schalttafel stoßen. Sie sollten lieber in den Computerraum zurückkehren, den Code bearbeiten und versuchen, die manipulierten Roboter aufzuspüren und vom Netz zu nehmen.
    Der Korridor endete an einer kleinen, bis auf ein rotes Schild unbeschrifteten Tür: »Vorsicht!

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