Das Patent
Grundschule statt wie ein Polizeirevier. Die in hellen Primärfarben gehaltenen Plastikstühle, der funkelnde Fliesenboden, die überdimensionale AnalogUhr hinter dem Drahtgitter - all dies strahlte die Botschaft froher institutioneller Solidität aus. Sogar die Plakate an den Wänden, die die Sicherheitsvorkehrungen des Parks lobten oder den nächsten Notausgang für den Fall einer Feuersbrunst anzeigten, hingen nicht zufällig hier. Wie alles andere in Utopia hatte man auch diesen Bereich sorgfältig geplant. Die meisten Menschen, die den Weg in diese Abteilung fanden, waren schließlich zahlende Kunden: Opfer von Taschendieben, Eltern, die verirrte Kinder suchten, und Jugendliche, die ein Ding gedreht hatten. Es war wichtig, dass die Sicherheitsabteilung etwas Friedliches, Beruhigendes ausstrahlte, denn hier rechnete man nicht mit Kapitalverbrechern. Und man war auch nicht auf sie eingerichtet.
Warne schaute auf die Stühle in seiner Umgebung. Terri Bonifacio saß neben ihm. Rechts von ihr kramte Peccam behutsam in der großen Sporttasche herum, die sie aus dem Kanal mitgebracht hatten. Hinter den beiden sprach Allocco mit Poole.
Warne legte einen Arm um Terris Schulter. »Gehts Ihnen gut?«
»Obs mir gut geht? Man hat mich verdächtigt, verfolgt und auf mich geschossen. Und der Tag ist noch jung. Und da soll es mir nicht gut gehen?«
Warne zog sie liebevoll an sich. »Ist meine Schuld. Tut mir Leid, dass Sie in die Sache reingezogen wurden.«
»Machen Sie sich bloß nichts vor! So was ist viel aufregender, als Servos zu programmieren und Codes zu studieren.« Terri lächelte schwach.
Warnes Blick fiel auf Allocco. Er wusste, dass er ihm zuhören sollte. Aber es war so, wie Terri gerade gesagt hatte: Der Nachmittag gestaltete sich dermaßen surreal, dass weit und breit keine Normalität in Sicht war. Warne fühlte sich wie in einem Traum, in dem man alles Unerwartete oder Unerhörte tun oder sagen konnte, weil die Situation sich daran anpassen würde...
Also wirklich: Er ließ sich schon wieder ablenken. Er musste sich zum Zuhören zwingen.
»Soll das heißen, der Typ hat die Ladung eigenhändig angebracht?«, fragte Allocco gerade.
»So ist es. Die Ladung unter dem Gleis der riesigen altmodischen Achterbahn war schon da, als ich hinkam. Es ist zweifellos eine von vielen, die diese Typen im ganzen Park verteilt haben. Verstehen Sie?«
Allocco erblasste leicht, aber er nickte. »Fahren Sie fort!«
»Tja, als er gemerkt hat, dass wir ihm auf den Pelz rückten, ist er da reingelaufen, zwischen die Gleisstützen. Er hatte seine Waffe verloren und keine Zeit mehr, eine andere zu packen. Aber er hatte den Zünder bei sich. Er wollte die Ladung scharf machen und in Deckung gehen, bis sie hochging. Wäre die nächste Bahn nach unten gekommen.«
Poole zuckte die Achseln und machte eine Handbewegung.
»In dem danach herrschenden Inferno wäre er uns sicher entwischt.« »Gott, wie kaltblütig!«, sagte Allocco. Seine Stimme klang ungläubig. »In jeder >Kreischer<-FUhr e sitzen hundertzwanzig Menschen!«
Die kleine Gruppe nahm dies schweigend zur Kenntnis.
Allocco schaute Warne an. »Vielleicht hat mich die Sache etwas durcheinander gebracht, aber... Haben Sie nicht gesagt, Sie wollen irgendein Gerät suchen? War das nur ein Vorwand? Haben Sie gewusst, dass wir Sie nicht da runtergehen lassen, wenn Sie uns die Wahrheit erzählen?«
Warne schüttelte den Kopf. »Nein. Die sind sehr gerissen vorgegangen. Der Bursche hat da unten eine Fernsteuerungsstation installiert und sie als simplen Hardware-Router getarnt. Als einen von tausend. Wer nach einem Eindringling gesucht hätte, hätte ihn nie gefunden. Hätte ich seinen Code nicht auseinander genommen und gewusst, wonach ich suchen musste. « Er hielt inne. »Aber es war trotzdem mehr oder weniger Glück.«
»Wir werden ja sehen, wie viel Glück wir hatten, wenn John Doe erfährt, dass wir einen seiner Männer geschnappt haben.
Falls er es nicht schon weiß.«
Warne schaute Allocco an. »Was meinen Sie damit?«
»Weil uns die Bildzufuhr flöten gegangen ist, als Sie im Kanal Verstecken gespielt haben.«
»Flöten gegangen? Was soll das heißen?«
»Wir sehen nichts mehr. Die Überwachungskameras sind tot.
Im Park und in der Unterwelt. Überall. Die einzigen nicht betroffenen Bereiche sind die Spielkasinos, die ein eigenes, in sich geschlossenes Überwachungssystem haben, und die C-Ebene unter uns. Wir sind sozusagen blind.«
»Heiliger Bimbam!« Poole
Weitere Kostenlose Bücher