Das Patent
von euch sind hier? Zwölf?«
Der Hacker wandte den Blick von der Decke ab und schloss erneut die Augen.
»Nein, nicht so viele. Euer Anführer hat offenbar was auf dem Kasten. Ich wette, der setzt nur ein kleines Kommando ein. Fünf Mann, vielleicht ein halbes Dutzend. Utopia ist groß. Mit so was würde niemand rechnen. Eine kleine, erfahrene Gruppe: Da kann man genau nach Drehbuch arbeiten. Aber es muss schon ein sehr gutes Drehbuch sein.
Sorgfältig ausgetüftelt. Damit jeder im Voraus weiß, wo was hin soll. Zu weit im Voraus natürlich auch nicht: Man kann ja nicht das Risiko eingehen, dass jemand zufällig über eins eurer kleinen Geschenke stolpert, oder?«
Der Mann öffnete erneut die Augen. Schaute Poole an.
Poole lachte. »Na, wie mach ich mich?«
Der Mann wandte den Blick ab, schloss die Augen aber nicht.
Er stierte die Wand an.
»Natürlich würde niemand von dir erwarten, dass du das System ganz allein beackerst. Da braucht man jemanden, der mittendrin sitzt. Der hier arbeitet. Nein, wenn ich richtig drüber nachdenke. Wenn ich die Sache durchziehen würde, müssten es zwei Mann sein. Eine Hilfskraft; jemand, den man einkauft und umdreht, damit er die Laufereien und das Organisieren übernimmt. Den anderen würde ich mir in ´ner höheren Etage suchen.« Poole nickte vor sich hin und fuhr beim Sprechen mit der Hand über den Kragen seines Rollkragenpullovers. »Ja. Der wäre dann mein Trumpf.
Ein Typ, der weiß, wie alles abläuft; der weiß, wie man Systeme, die vor Eindringlingen warnen, und die anderen Abwehreinrichtungen des Parks umgeht. Aber er - oder sie - brauchte sich die Hände natürlich nicht schmutzig zu machen. Könnte in aller Ruhe seine Nummer abziehen und so weiter.«
Der Hacker musterte erneut die Wand. Sein Mund war eine unbewegliche Linie.
Poole schüttelte den Kopf. »Ist wirklich schade. Denn wenn der Tag zu Ende geht, ist es immer Lump Nummer eins, der nach Hause fährt, ohne sich schmutzig gemacht zu haben. Und Lump Nummer zwölf kriegt alles ab. Spürst du´s schon?«
Alle schwiegen still. Poole warf Warne einen Blick zu und zwinkerte. Die Stille zog sich hin.
»Schön, schön«, sagte Allocco schließlich. Sein ungeduldiger Tonfall wies eine Spur von Ironie auf. »Nun hat jeder seinen Senf abgelassen. Haben Sie noch irgendwelche Fragen, Lindbergh? Oder Sie, Dr. Warne?«
Mit dem Mann auf der Pritsche ging urplötzlich eine bemerkenswerte Veränderung vor. Er hatte bisher scheinbar entspannt dagelegen, ohne auf die Fragen zu achten. Doch nun setzte er sich auf. Sein Blick wanderte über die Gruppe an der Tür und blieb auf Warne haften.
»Warne!«, bellte er. »Sie! Sie haben diese Sache vermasselt! Sie blöder Sack!« Er sprang auf.
Poole schoss sofort vor und drängte den Hacker brutal mit der Schulter zurück. Er drückte einen Ellbogen gegen die Kehle des Mannes und presste ihn gegen die Wand. Der Hacker stieß einen würgenden Laut aus. Poole gab nach und gestattete ihm, auf die Pritsche zurückzusinken.
Der Mann saß einen Moment da, griff sich an den Hals und hustete. Poole trat einen Schritt zurück und gab Warne mit einer Geste zu verstehen, er solle hinter ihm bleiben.
Der Hacker schaute Warne nun an. Sein Wutausbruch verging so schnell, wie er gekommen war. Doch nun teilten sich seine Lippen zu einem geringschätzigen Lächeln. Seine Zähne waren abscheulich gelb.
»Ich weiß alles über Sie. Ich hab Sie überwacht, als Sie rauszukriegen versucht haben, was mit Ihrem beschissenen kleinen Programm los ist.« Er lachte trocken. »Es ist übrigens jämmerlich programmiert. Der Typ, der Ihnen Inline-Assembler beigebracht hat, war ne absolute Lusche.«
Als Warne ihm zuhörte, wurde er sich vage bewusst, dass der Mann einen eindeutig amerikanischen Akzent sprach, obwohl er wie ein Maya wirkte.
»Sie haben doch überhaupt keine Ahnung, was hier abgeht! Und wenn Sie Ihre Nase noch so tief in die Sache reinstecken, Sie werden nichts dran ändern.« Er lachte erneut, kalt und ohne jede Fröhlichkeit. »Wissen Sie was? Sie sind im Arsch. Sie sind alle im Arsch!«
Dann verschränkte er die Hände hinter dem Kopf, schloss die Augen und sagte kein Wort mehr.
15:40 Uhr
Der Anruf kam, als Sarah Boatwright die Abteilungsleiter aus der eilig einberufenen Stegreifkonferenz entließ. Kaum drei Minuten zuvor waren alle bei ihr anmarschiert: einige ungeduldig und geistesabwesend, andere ´nervös und unsicher. Sarah hatte die übliche Nachmittagskonferenz
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