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Das Patent

Titel: Das Patent Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Child
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aus. Eine solche Waffe veränderte die Spielregeln grundlegend. Einen fairen Kampf gegen einen Heckenschützen konnte er sich nicht leisten. Er hatte keine andere Wahl. Wenn er nicht wollte, dass der Fremde ihn aus der Ferne ausschaltete, musste er in Verteidigungsstellung gehen. Außerdem hatte er jetzt keine Zeit für abenteuerliche Spielchen.
    Es gab nur eins für ihn: Er musste den Gegner überraschen.
    Er musste ihn so nahe herankommen lassen, bis sein Gewehr ihm keinen Vorteil mehr bot.
    Poole schaute erneut hinüber. Der Mann im Overall war jetzt aus dem Sonnenschein herausgetreten und im Kuppelschatten untergetaucht. Um den Vorteil einer Überraschung zu nutzen, solange er noch bestand, duckte Poole sich tiefer hinter die Leiche. Der Fremde musste wissen, dass hier ein Toter lag. Zweifellos war er für ihn verantwortlich. Er würde kaum damit rechnen, dass sich jemand hinter der Leiche versteckte.
    Poole griff in seine Jacke und zog vorsichtig die Pistole des Hackers heraus. Er schränkte seine Bewegungen auf ein Minimum ein und versicherte sich, dass eine Patrone im Patronenlager war. Dann führte er den Arm wieder über seinen Brustkorb, wartete ab, blieb unter dem Rand der Rinne und lauschte. Auf seine Augen konnte er sich nicht mehr verlassen, denn der Fremde befand sich nun ebenfalls im Schatten.
    Wenn Poole den Kopf hob, musste dem Mann die Bewegung auffallen. Also wartete er in der Rinne auf das Geräusch von Schritten. Spitze Steine stachen in seinen Rücken. Der Geruch des billigen Rasierwassers des Toten drang in seine Nase.
    Hast ne gute Wahl getroffen, Poole, dachte er. Inzwischen könntest du im >Meer der Stille< schon das nächste Bierchen zischen. Stattdessen schmiegst du dich an ne Leiche und fragst dich, ob dir gleich jemand ne Kugel in den Kopf ballert oder deinen Arsch in die Luft sprengt.
    Schließlich hörte er Schritte. Sie wurden langsamer, hörten ganz auf, wurden wieder wahrnehmbar und kamen näher.
    Poole atmete langsam und wartete. Fünf Sekunden. Dann ragte der Schatten einer sich nähernden Gestalt über der Rinne auf.
    Als ihr Kopf ins Blickfeld kam, hob Poole die Pistole und den linken Arm, um seine Waffenhand abzustützen. »Keine Bewegung!«, rief er.
    Der Mann blieb abrupt stehen. Dann stellte er sein angezogenes und gestiefeltes Bein vorsichtig auf den Boden. Poole lag in der Rinne. Seine Pistole zielte auf den Kopf des Fremden.
    Einen Moment lang schauten sie sich nur an.
    »Schöner Tag, wenns nicht regnet«, sagte Poole schließlich.
    Falls der Fremde ihn gehört hatte, gab er es nicht zu erkennen. Er war kräftig gebaut und hatte kurzes Haar, das in dichten Wellen über seine Schläfen und in seinen Nacken fiel. Das Gewehr war in seiner rechten Hand, vom Körper abgewandt. Der Mündungsfeuerdämpfer wies nach unten.
    Poole schob sich mit äußerster Vorsicht voran und stand auf.
    Die Pistole blieb pausenlos auf den Fremden gerichtet. Poole spürte, dass sich kleine Steinchen von seinem Rücken lösten.
    Er wich ein paar Schritte zurück, achtete vorsichtig darauf, wo er hintrat, und sorgte dafür, dass er das Gleichgewicht nicht verlor. Dann nickte er in Richtung des M24.
    »Ich kenn nur eine Art von Menschen, die am liebsten mit dieser Knarre arbeiten. War´st du beim Corps?«
    Der Fremde schaute ihn schweigend an.
    »Ich war bei der sechsundneunzigsten Marine Expeditionary Unit«, fuhr Poole fort. »Bis man keinen Wert mehr auf meine Gesellschaft legte. Ist die Geschichte meines Lebens.«
    Der Mann schwieg noch immer. Er musterte Poole teilnahmslos.
    Poole seufzte. »Tja, wenn du schon keine gepflegte Konversation führen kannst. Wie wärs, wenn du die Knarre fallen lässt?«
    Der Mann rührte sich nicht. Ein, zwei Sekunden später richtete Poole seine Pistole jäh auf die Beine seines Gegenübers.
    Er hatte keine Zeit mehr für Nettigkeiten. Er musste seinem Gegenspieler eine Kniescheibe zerschmettern, ihn kämpfunfähig machen und sich dann die Information holen, die er brauchte.
    Plötzlich entkrampfte der Mann seine rechte Hand. Er ließ das Gewehr los, und es fiel, mit der Schulter stütze voran, zu Boden. Poole lächelte. Der Mann hatte es an seinem Blick gesehen. Er war kein Dummkopf.
    »Das ist ja schon mal ein Anfang«, sagte Poole. »Leg jetzt die Hände auf den Kopf, spreiz die Finger und sag mir, wie ich den ganzen Scheiß hier am schnellsten deaktivieren kann.«
    Der Mann hob unverschämt langsam die Arme. Poole wollte sich gerade beschweren, als er sah,

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