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Das Patent

Titel: Das Patent Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Child
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Zündschnur.
    Sie war um den untersten metallenen Laufsteg gewickelt und folgte ihm um den Kuppelsockel. Poole ging zum Laufsteg hinauf, streckte die Hand aus und drehte die mit Kunststoff umhüllte Schnur behutsam zwischen den Fingern. Professionelle Qualität, dünn und leicht, doch sehr verlässlich.
    Er richtete sich auf, lief mit einem unguten Gefühl im Bauch am Sockel entlang und verfolgte die Schnur. Nach ungefähr fünfzehn Metern fand er die erste Sprengladung - einen kleinen Plastikklumpen, von fachkundiger Hand um einen Trägersockel gedrückt. Zu anderen Zeiten hätte er die subtile Schönheit des Fundortes bewundert. Als Fachmann wusste er ökonomischen Materialeinsatz zu schätzen. Der Abbruchspezialist - Poole zweifelte nun nicht mehr daran, dass ein solcher für die Sprengladung verantwortlich war - hatte eindeutig für einen chirurgischen Eingriff optiert und Präzision über das bloße Volumen der Ladung gestellt.
    Poole ging weiter am Kuppelsockel entlang, bis er an die Rückwand des Parks kam. Er stieß auf eine zweite Ladung, dann auf eine dritte. Alle waren so fachmännisch angebracht, dass sie mit einem Minimum an Aufwand ein Maximum an Zerstörung anrichteten. Und dies hatte nur ein Mann getan. Höchstens zwei. Ein hoch disziplinierter Job.
    Mehr als das: Hier würde Poole weder auf schlampige Arbeit noch auf Schwächen stoßen, die er für sich nutzen konnte.
    Das Gefühl seiner Machtlosigkeit wurde stärker.
    Als er weitereilte, blieb sein Blick stets auf die Zündschnur gerichtet, die sich unter dem Laufsteg entlangschlängelte.
    Vor sich, gleich an der Wölbung der Kuppel, sah er nun einen größeren Kontrollkasten. An ihm endeten mehrere Zündschnüre. Das muss der Empfänger sein, dachte er mit frisch aufkeimender Hoffnung.
    In einer niedrigen Rinne, die vor ihm verlief, kam plötzlich ein Gegenstand in Sicht. Poole schwenkte seitlich ab, um ihm auszuweichen. Dann blieb er stehen, drehte sich schnell wieder um und kniete sich nieder.
    »Heiliger Bimbam!«, murmelte er.
    Es war eine männliche Leiche: Ende dreißig, groß, mit dem Overall eines Wartungsarbeiters bekleidet. Schuhe mit Gummisohlen lagen neben ihm. An seinem Werkzeuggürtel hing irgendein elektronisches Gerät. Auf dem weißen Stoff seines Arbeitszeugs breitete sich ein großer Blutfleck aus. Poole streckte einen Finger aus und berührte den Toten. Das Blut war hart, die tödliche Wunde musste Stunden alt sein.
    An der Unterseite des Laufstegs, knapp eineinhalb Meter unterhalb der Leiche, war sorgfältig eine weitere Ladung in Position gebracht worden. Poole beugte sich vor, um sie genauer zu betrachten.
    Am Rande seines Blickfelds bewegte sich etwas. Alte, halb vergessene Reflexe schalteten sich ein. Poole drückte sich neben der Leiche ans Gestein. Er hob vorsichtig den Kopf und benutzte den Toten als Deckung.
    Anfangs sah er nichts. Die knorrige, schrumpelige Oberfläche der Mesa wirkte absolut reglos. Dann war die Bewegung wieder da. Ein Mann im Sonnenschein, gleich neben dem riesigen Schatten, den die Kuppel warf. Er drückte sich an den Sockel und schlich langsam voran. Aus Pooles Position war nur die linke Seite seines Körpers sichtbar. Er trug den beigefarbenen Overall eines Wartungsarbeiters. Poole fluchte unterdrückt, als er den Mann erkannte, dem er im Treppenhaus begegnet war. Sein aktuelles Problem hatte ihn so beschäftigt, dass ihm nicht mal die Idee gekommen war, sich zu fragen, wer da wohl die Treppe heruntergekommen war. Er war davon ausgegangen, dass John Does Männer sich inzwischen neu formiert hatten und unterwegs waren, um mit dem Geldtransporter zu verschwinden. Aber er hatte sich geirrt: John Doe war gründlich. Er hatte bestimmt einen Beobachter zurückgelassen, der den Fluchtweg bis zur letztmöglichen Minute im Auge behielt. Niemals von etwas ausgehen, dachte Poole. Ständig alles in Frage stellen. Nichts ist selbstverständlich.
    Poole lag reglos hinter dem Toten. Er sah, dass der Mann kurz verlangsamte, sich umschaute und dann weiterschlich. Seine Haltung und seine besonnenen Bewegungen waren Poole nicht unbekannt: Der Mann war auf der Pirsch. Und Poole wusste nur allzu gut, hinter wem er her war.
    Als der Fremde die Schattenlinie erreichte, löste er sich kurz von der Kuppel, um einem unsichtbaren Hindernis auszuweichen. Seine rechte Seite kam kurz ins Blickfeld, und im gleichen Moment blitzte im Sonnenschein der Lauf eines schweren Gewehrs auf.
    Poole stieß einen leisen, doch wüsten Fluch

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