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Das Patent

Titel: Das Patent Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Child
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kam instinktiv, automatisch. Obwohl seit Charlottes Tod fast drei Jahre vergangen waren, schien der Impuls ihn nie zu verlassen. Und je öfter er zuließ, dass er ihn überkam, umso mehr schien Georgia sich zu ärgern. Ich bin jetzt groß, schien ihr Blick pausenlos zu sagen.
    Ich kann selbst auf mich aufpassen. Sie sprach es zwar nie aus - sie redete auch nicht oft über ihre Mutter -, aber er wusste es trotzdem. Dafür hatte er einen väterlichen sechsten Sinn.
    Komisch, obwohl sie sich in den letzten drei Jahren viel näher gekommen waren, existierte um Georgia herum noch immer ein unbekanntes Gebiet, in das vorzudringen ihm nicht gestattet war.
    Dann sah er sie. Sie stand zwischen zwei fernöstlichen Touristengruppen am anderen Ende des Teiches und blickte aufs Wasser hinaus.
    Einen Augenblick lang schaute er sie nur an, und in ihm mischten sich Liebe und Stolz. Die meisten Vierzehnjährigen waren ziemlich ungelenk, schlaksig und bewegten sich unsicher zwischen Kindheit und Erwachsenendasein. Georgia war anders. Sie stand hoch gewachsen und schlank da, gelassen, ohne sich dessen bewusst zu sein. Wie ein Vollblut.
    Jede ihrer Bewegungen zeigte viel von ihrer Mutter: die Art, wie sie ihr kastanienbraunes Haar mit einem Finger aus dem Gesicht strich; wie ihre dunkelbraunen Brauen sich zusammenzogen, als sie auf den Teich hinausschaute. Trotzdem war sie auf eine ganz andere Weise schön als Charlotte.
    Warne fragte sich oft, von wem Georgia ihr gutes Aussehen hatte. Von ihm bestimmt nicht. Er schaute ins Wasser zu seinen Füßen. Ein hagerer, großer Mann mit dunklem Teint und einem breiten Kinn blickte zu ihm auf. Wenn er mit Georgia irgendwo hinging, war er in der Regel sowohl erfreut als auch leicht alarmiert. Nach dem Mädchen drehte man den Kopf um.
    Er ging zu ihr, und als sie ihn sah, verdrehte sie in gespielter Wut die Augen. »Wird aber auch Zeit«, sagte sie und zog die Stöpsel aus ihren Ohren. »Also los, gehen wir.«
    »Wohin denn?«, fragte Warne. Er versuchte, mit Georgia Schritt zu halten, und sie führte ihn zum Boulevard zurück.
    Es überraschte ihn, dass sie so zielbewusst sein konnte, wo sie doch von einem Überfluss an Möglichkeiten umgeben waren. Aber sie schritt aus und schlängelte sich durch die Massen, als habe sie eine Mission zu erfüllen.
    »Dorthin natürlich«, sagte sie, ohne sich umzuschauen, und deutete mit einem Finger zum Himmel hinauf.
    Warne schaute hoch. »Dorthin?« Dann verstand er. Sie meinte die riesigen hölzernen Stützen des »Brighton Beach Express«, die vor ihnen aufragten, und die gewundenen Schienen des Gleisbettes, das wie ein gigantisches Band auf und ab ging.
    »Ach, das«, sagte er. »Will´st du... ähm... wirklich damit fahren?«
    Georgia machte sich nicht die Mühe zu antworten. »Ich hab alles geplant«, sagte sie. »Ich hab ne Unmenge Websites besucht und alle Attraktionen eingestuft, von der Besten zur Schlechtesten, und zwar in allen vier Welten. Deswegen fahren wir erst mit dem Ding da, dann mit dem >Kreischer< und dann...«
    »He, mach mal langsam!« So hatte Warne sich seinen ersten Besuch in Utopia nicht vorgestellt. Er hatte keine Lust, sich wie ein Blöder durch die Massen zu quetschen und sich dermaßen darauf zu konzentrieren, wohin er die Füße setzte, dass er keine Zeit mehr hatte, die Umgebung richtig zu sehen.
    »Was soll denn die Eile?«
    »Tja, du hast nicht gesagt, wie lange du hier beansprucht wir´st. Hier gibt's ne Menge zu sehen, und ich möchte nichts verpassen. Jennifer aus meiner Klasse war im April hier. Es hat ihrer Familie so gut gefallen, dass sie einen Tag drangehängt haben, um auch wirklich nichts zu verpassen. Sie hat gesagt, es hätte fünfhundert Kröten gekostet, die Tickets umzuschreiben.«
    »Ich weiß zwar nicht, wie lange ich hier beansprucht werde, Prinzesschen, aber es kann nicht allzu lange sein.« Sie kamen am »Verzauberten Karussell« vorbei. Warne hatte gelesen, dass es berühmt war, weil es mit den meisten Holzpferden protzen konnte. Durch die kühle, parfümierte Luft wehten ihnen träge Walzerklänge entgegen. »Die Besprechung mit Sarah ist um elf. Danach kann ich dir mehr sagen.«
    »Was ist überhaupt das große Geheimnis? Warum hat sie dir nicht gesagt, um was es geht?«
    »Es gibt kein großes Geheimnis. Ich glaube, es hat damit zu tun, dass man das Metanet ausbauen will.« Eigentlich hatte Warne gar nicht mit Sarah Boatwright persönlich gesprochen; die Begegnung um elf hatte die Assistentin der

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