Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Patent

Titel: Das Patent Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Child
Vom Netzwerk:
setzten dann MorphingSoftware ein, um es zu verändern - um ihn dicker, dünner oder sonst was zu machen. Dann wurde das Bild neu projiziert.
    Ähnlich den gewellten Spiegeln eines Spiegelkabinetts. Nur war dieses Verfahren um Lichtjahre weiterentwickelt... Ihm fiel auf, dass Georgia länger als üblich vor der Scheibe neben ihm verharrte. Als er zu ihr hinüberschaute, sah er, dass sie ihr Abbild konzentriert musterte. Er beugte sich neugierig zur Seite. Was er sah, ließ ihn nach Luft schnappen.
    Der Spiegel zeigte Georgia, doch der Computer hatte sie etwa zwanzig Jahre älter gemacht. Sie hatte das gleiche kastanienbraune Haar, den gleichen nachdenklichen Blick, den gleichen herzförmigen Mund und die gleichen atemberaubenden Züge. Doch in ihrem Gesicht war noch etwas: das Abbild seiner verstorbenen Frau Charlotte. Es war schwach, doch unübersehbar. Es war wie ein Gespenst, das ihn durch die Augen seiner Tochter anschaute.
    Sie blieben eine Weile stumm vor dem Bild stehen. Dann befeuchtete Warne seine Lippen und legte eine Hand auf Georgias Schulter. »Komm«, sagte er, »wir halten den Betrieb auf.«
    Hinter der Galerie schlängelte sich die Besucherreihe dem Einstieg der Achterbahn entgegen. Der Raum war so gestaltet, dass er einer U-Bahn-Station am Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts glich. »Brighton Beach Express« stand, aus schwarzen Quadraten gebildet, auf den gefliesten Wänden. »Einstieg geradeaus.« Männer und Frauen in historischer Kleidung mischten sich lachend und tratschend unter die anstehenden Besucher. An einer Wand stand ein Erdnussverkäufer und pries mit lauter Stimme seine Ware an. In der Nähe befanden sich Kioske, und einzelne Vaudevillekünstler zeigten, was sie konnten. Warne schüttelte den Kopf. Die Illusion war bemerkenswert. Ohne die anderen Besucher hätte er geschworen, eine Reise in die Vergangenheit gemacht zu haben - nach Coney Island, vor hundert Jahren.
    Georgia war neben ihm ungewöhnlich still. Er dachte an das Spiegelbild, das sie gesehen hatten. »Mama und ich haben dich schon mal in einen so altmodischen Park mitgenommen. Da war´st du sieben oder acht. Kennywood. Erinnerst du dich noch?«
    »Nein. Hör mal, warum müssen wir eigentlich mit all den Leuten zusammen hier warten? Kannst du uns nicht an die Spitze der Schlange bringen? Du bist doch ein wichtiger Mann hier.«
    »Das war ich mal, vor langer Zeit, Schätzchen.« Warne setzte ein spöttisches Grinsen auf. »Was ich noch fragen wollte: Wie war´s in der Kinderbetreuung?«
    Georgia zog die Nase kraus, um ihrer Antwort mehr Nachdruck zu verleihen. »Eigentlich echt locker. Da kann man sich jede vorstellbare alte >Angstplanet<-Folge anschauen, und da  gibt´s auch jede Menge Computer und Spiele. Aber ich hab an diesem Zeug eigentlich nicht viel Zeit verbracht.
    Ich war hiermit beschäftigt.« Sie griff in eine Tasche ihrer Jeans und entnahm ihr ein zusammengefaltetes Blatt Papier.
    »Was ist das?« Warne streckte automatisch die Hand aus.
    Georgia zog das Blatt zurück. »Eine Liste - von Eigenschaften.«
    Warne übte sich in Geduld.
    Georgia zuckte die Achseln. »Du hast mich gefragt, mit welcher deiner Freundinnen ich auskommen würde. Da hab ich alles aufgeschrieben.« Sie schaute ihn an. »Will´st du es hören oder nicht?«
    Warne musterte sie neugierig. »Ja, ich will´s hören.«
    Die Schlange bewegte sich voran. Georgia rückte auf. Sie faltete das Blatt auseinander und las vor. »Erstens: Sie trägt keine Pumps. Zweitens: Sie ist keine Vegetarierin. Drittens: Sie spielt Schummeln, Schach und Backgammon - aber nicht zu gut.«
    Warne lachte leise vor sich hin. Er war beim Backgammon ein Ass, aber manchmal vergaß er, Georgia auch mal gewinnen zu lassen.
    »Sie bringt bei jedem Besuch Geschenke mit. Isst gern Schokoladenkuchen.«
    Auch Warne mochte Schokoladenkuchen. Er fühlte sich gerührt: Georgia hatte beim Erstellen ihrer Liste nicht nur an sich gedacht, sondern auch an ihn.
    »Viel Taschengeld findet sie gut. Sie darf keine roten Haare haben.« Dabei lächelte Georgia kurz. Sarah Boatwrights Haar war unübersehbar kupferrot.
    »Sie spielt Online-RPGs. Macht nie Diät.«
    Warne erblickte allmählich ein Muster, das ihm unbehaglich war: Obwohl Sarah kein Gramm zu viel am Leib hatte, schien sie ständig auf Diät zu sein.
    »Sie isst mindestens einmal pro Woche bei McDonald’s.
    Vanilleeis mit Malzbier mag sie aber lieber als Shakes.
    Die Three Stooges gefallen ihr besser als die Marx Brothers.
    Sie

Weitere Kostenlose Bücher