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Das Patent

Titel: Das Patent Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Child
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man Schweinehälften aufhängen könnte.«
    »Eine Nebenwirkung des Reinigungsprozesses. Unter dem Park liegen siebenhunderttausend Quadratmeter Etagenfläche, aber die Luftreinheit ist fast so hoch wie in einer Chipfabrik.« Amanda Freeman deutete durch den Korridor. »Natürlich darf hier auch nicht geraucht werden. Sämtliche Roller und Karren werden mit Strom angetrieben. Das einzige nicht mit Strom betriebene Fahrzeug, das hier gestattet ist, ist der Panzerwagen, der einmal pro Woche die Kohle abholt.«
    Sie kamen an einer Reihe von Büros vorbei, die mit jenem identisch waren, das sie gerade verlassen hatten. Warne blickte durch die Scheiben und rieb weiter seine Arme. In einem Büro sah er Norman Pepper, seinen Freund aus der Schwebebahn, der aufgekratzt mit den Händen gestikulierte.
    »Haben Sie eigentlich gewusst«, drang seine eifrige Stimme durch die offene Tür, »dass Orchideen die Sexsüchtigen der Pflanzenwelt sind? Statt sich wie andere Pflanzen selbst zu befruchten, legen sie unglaubliche Strecken zurück, um es mit anderen Orchideen zu treiben. Ja, die Blüte der Paphiopedilum venustum hat sogar etwas entwickelt, das einschließlich der Adern aussieht wie ein.«
    »Es ist hier drin.« Amanda Freeman öffnete eine unbeschriftete Tür und bedeutete Warne, ihr in einen kleinen Raum zu folgen. Wände, Boden und Decke waren ausnahmslos im gleichen dunklen Material gehalten. Ansonsten sah er nur zwei identische, sich gegenüber stehende Stühle. Warne schaute sich neugierig um. Es war kein Vorführraum, wie er erwartet hatte. Der Raum wirkte eher wie das Büro eines Psychiaters, der keine Nase für Innenarchitektur hatte.
    Amanda Freeman führte ihn zum ersten Stuhl. »Sie können den Raum allein wieder verlassen. Sie haben meine Karte.
    Bimmeln Sie mich an, wann immer Sie wollen. Der erste Besuch kann einem leicht den Atem nehmen.«
    Sie ging hinaus und machte die Tür hinter sich zu.
    Kurz darauf saß Eric Nightingale ihm auf dem zweiten Stuhl gegenüber.
    Warne wäre vor Schreck beinahe aufgesprungen. Er starrte ihn überrascht an.
    Die Einzelheiten des Hologramms waren unglaublich. Warne wusste natürlich, dass die Holografietechnik eine Spezialität dieses Freizeitparks war, aber er hatte keine Ahnung, dass man so große Fortschritte gemacht hatte. Das Abbild auf dem Stuhl hätte Nightingale selbst sein können. Der vollendete Zauberkünstler, der Visionär hinter Utopia, saß da und trug den Zylinder, der sein Markenzeichen war; dazu eine weiße Krawatte und einen Frack. Es war das gleiche intelligente Gesicht mit den strahlenden schwarzen Augen, dem kleinen Bärtchen auf dem jugendlich wirkenden Kinn und dem typischen Schnauzbart: der unglaublich erfolgreiche, legendäre, exzentrische Künstler, der für seine Bühnenextravaganzen, seinen Perfektionismus und seine Vorliebe berüchtigt war, die Grenzen zwischen Wirklichkeit und Illusion zu verwischen. Nightingale hatte traditionelle Bühnenshows mit Technik und düsterem Rollenspiel kombiniert und die Kunst der Magie in eine gigantische Unterhaltungsmaschinerie eingebaut. Zwei Trickfilmserien basierten auf Charakteren, die er entwickelt hatte. Sie waren bei den Fünf- bis Fünfzehnjährigen die größte Attraktion der Hauptsendezeit. Nightingales Bekanntheit hatte ein Konglomerat aus Firmen und Risikokapitalisten zusammengebracht, um die ursprüngliche Utopia Holding zu gründen. Außerdem war er bis zu seinem Tod bei einem Flugzeugabsturz der einzige Visionär hinter der Entwicklung Utopias gewesen. Sechs Monate vor der Eröffnung des Parks war er verunglückt.
    Doch nun saß er da, ein hoch aufgelöstes Sammelsurium aus Lichtbrechung, und blickte Warne konzentriert an.
    Dann sprach das Bild. »Danke, dass Sie nach Utopia gekommen sind. Wir wissen Ihren fachmännischen Beitrag zu schätzen, den Sie dem System zukommen lassen wollen, und hoffen, dass Sie einen erfreulichen Aufenthalt haben.«
    Warne lauschte ihm mit halbem Ohr. Die Überraschung hatte ihn leicht benommen gemacht. Das da war der Mann, der vor zweieinhalb Jahren in seinem Computerraum an der Carnegie-Mellon-Universität gesessen, ihm seinen Traum von Utopia geschildert und ihn um Hilfe gebeten hatte. Das da war der Mann, der sein Leben beeinflusst hatte: zuerst zum Besseren hin, dann - unabsichtlich - zum Schlechteren.
    Nightingale war seit über einem Jahr tot. Trotzdem war er hier. Warne starrte das Bild an. Er spürte, dass die Zuneigung, die er für Nightingale empfunden hatte,

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