Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das peinlichste Jahr meines Lebens

Das peinlichste Jahr meines Lebens

Titel: Das peinlichste Jahr meines Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Lowery
Vom Netzwerk:
waren nicht da.
    Ste saß im Sessel, die Füße auf dem Couchtisch. Das war in diesem Moment fast so schlimm, wie Mum und Dad zu sehen.
    Dann sah ich, wer noch auf dem Sofa saß.
    »Ach du Schande«, sagte ich. »Lucy.«
    Lucy lächelte freundlich. Anscheinend war sie nicht mehr wütend, weil Paul und ich sie begafft hatten.
Ich
hatte sie ja auch nicht begafft.
    Ste schnippte mit den Fingern und zeigte auf mich. »Nimm Platz, kleiner Bruder.«
    Es war nur ein Platz frei. Neben Lucy. Ich schluckte.
    »Na los, Mike-ster. Sie beißt schon nicht. Es sei denn, sie mag dich.«
    Lucy tat so, als sei sie schockiert, und streckte die Hand aus, um Ste aufs Bein zu schlagen. Mein Gesicht brannte. Wie konnte er so etwas zu ihr sagen? Eine Spitzensportlerin wie sie verdient doch Respekt. Ich spürte, wie die Vanillecremekekse in meinen Händen ganz warm wurden.
    Nervös setzte ich mich neben Lucy aufs Sofa. Es ist bloß ein Zweiersofa, darum wurde ich so dicht an sie gedrückt, dass sich unsere nackten Beine berührten. Ich spürte, wie meine Haut zu kribbeln begann. Vom warmen Schweiß klebte mir mein T-Shirt am Rücken.
    »Tut mir leid wegen gestern«, piepste ich.
    »Keine Sorge. Ich weiß, dass du mich nicht begafft hast«, sagte Lucy und streifte sich ein imaginäres Staubkörnchen vom Bein.
Fast
hätten ihre Fingernägel mein Knie berührt. »Es war der andere. Dieser große Junge, der in der Schule ständig vor den Mädchentoiletten rumlungert.«
    Ich nickte. Das war eine sehr präzise und akkurate Beschreibung von Paul Beary.
    »Mikey ist ein großer Fan von dir, Luce«, sagte Ste.
    »Aah«, sagte Lucy.
    »Was?«, sagte ich.
    Ste streckte die Hand aus, um mir das Haar zu zerzausen. »Ja. Er erzählt ständig, was für eine tolle Schwimmerin du bist.«
    »Danke, Mike«, sagte Lucy.
    »Ja, aber …«, sagte ich.
    Ste lächelte mich boshaft an. »Er hat sogar ein Foto von dir im Badeanzug an der Wand hängen.«
    »Oh«, sagte Lucy. »Ein bisschen seltsam.«
    »Das kann ich erklären. Es ist ein Zeitungsartikel. Ich werde darin erwähnt«, sagte ich mit leichtem Keuchen.
    »Ja, stimmt, Mike«, sagte Ste, »darin heißt es über dich, ich zitiere: ›ein unbeholfener Clown, der sehr zur Belustigung der Zuschauer von seinem Startblock stürzte.‹«
    Lucy kicherte. »Moment mal, das war bei den Vereinsmeisterschaften, stimmt’s? O mein Gott. Das warst
du

    »Ja«, sagte ich mit glühend heißer Haut, und mein Atem ging immer schneller. »A) Ich war nervös, B) Ich hatte nichts gegessen, C) Es waren viele Leute da, die mich anstarrten, und D) Irgendjemand muss meinen Startblock mit Fett eingeschmiert haben, um ihn glitschig zu machen.«
    »Ooh«, sagte Lucy, als wäre ich eine Art Pinguin, der eingeschläfert werden musste.
    Abgesehen von meiner schweren asthmatischen Atmung senkte sich Schweigen über das Zimmer. Ich benutzte mein Inhaliergerät.
    Nach einer Weile nahm Ste hüstelnd eine Untertasse mit Keksen vom Tisch. »Bourbon Creams, Michael? Wie ich sehe, hast du die Knauservariante besorgt. Möchtest du etwas Erleseneres?«
    Bourbon Creams
! So eine Frechheit!
    Lächelnd ergriff Lucy seine Hand. »Auch noch nett zu seinem kleinen Bruder. Was kann sich ein Mädchen Besseres wünschen?«
    Meine Hände waren so heiß, dass ich das Gefühl hatte, meine Custard Creams würden jeden Moment in Flammen aufgehen. Ich begann heftig zu keuchen. Es passte zu Ste, dass er versuchte, mich mit einer protzigeren Kekssorte auszustechen. Dabei weiß jeder, dass Custard Creams in Wirklichkeit besser schmecken. Typisch Ste, dass er alle mit der naheliegenden Wahl beeindrucken will. Stilvolle Menschen ziehen Custard Creams vor. Nur Idioten wie Ste finden Bourbon Creams besser.
    Das war jetzt meine Chance.
    Mit einem Kitzeln im Hals atmete ich ganz flach und lächelte Lucy an. »Zufällig habe auch ich Kekse dabei, falls also jemand probieren möchte.«
    Willkommen in meiner Welt, Ste
.
    Ich stieß Lucy die Packung Custard Creams entgegen wie ein Florett und bedachte Ste mit einem kleinen wissenden Grinsen. Sah ich da so etwas wie Sorge in seinem Blick? Ha! Er wusste, wann er besiegt war.
    »Nein danke, Mike«, sagte Lucy mit freundlichem Lächeln. »Ich darf pro Woche nur einen Keks essen, und ich hatte schon einen Bourbon Cream. Das ist meine Lieblingssorte.«
    Mist.
    »Ach, einer schadet doch nicht«, sagte ich hoffnungsvoll.
    »Das sieht mein Dad aber ganz anders«, erwiderte Lucy.
    Ste grinste spöttisch. »Als ob er es je erfahren

Weitere Kostenlose Bücher