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Das peinlichste Jahr meines Lebens

Das peinlichste Jahr meines Lebens

Titel: Das peinlichste Jahr meines Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Lowery
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ich zwei Entschlüsse gefasst:
    Für mich gibt es keine Jungs mehr.
Ich lasse mir nichts mehr gefallen. [27]
    Und damit hat sich der Fall, Michael. Allerdings musst du etwas begreifen. Ich hatte eine schwere Zeit. Eine schreckliche Zeit. Aber ich habe mich der Sache gestellt. Ich hab gesagt, das hier wäre kein Unterricht, aber jetzt sollst du doch etwas lernen. Du
musst
dich deinen Problemen stellen. Ich glaube, es gibt Gründe, warum du dich über alles, was passiert … so aufregst. Ich kann nicht mehr für dich tun. Du brauchst einen richtigen Experten, der dir hilft, ans Eingemachte zu gehen. Ich glaube, Chas kann das schaffen. Er kennt sich damit besser aus als ich.«
    »Aber er trägt blöde Klamotten.«
    Miss O’Malley seufzte. »Das weiß ich, doch er ist hervorragend, Michael, und er wird dir helfen. Allerdings kannst du all das nur klären, wenn du dir selbst hilfst. Verstehst du? Ich allein kann für dich nichts mehr tun. Ich habe dich wohl zum Sprechen gebracht und dazu, alles aufzuschreiben, aber das hier wird unsere letzte Sitzung sein.«
    »Was?«
    »Ja, ich habe mit der Schule und deiner Mum gesprochen. Sie sind froh darüber. Ab morgen triffst du dich hier mit Chas. Er sagt, er ist ganz versessen darauf, in die Schule zu kommen, weil er dich für einen ganz besonderen Jungen hält. Hoffentlich kann er deine Gehirnvereisung auftauen und dir ein bisschen Frieden bringen. Behalte den Laptop. Schreib weiter alles auf. Ich glaube, das ist sehr hilfreich für dich.«
    Ich spürte, wie sich meine Stirn in Falten legte.
    »Jetzt mach doch nicht so ein Gesicht. Ich werde jeden Tag dabei sein, wenn er kommt. Und du kannst auch immer herkommen, wenn du ein ruhiges Plätzchen brauchst oder mit jemandem reden willst. Aber von jetzt an hilft dir vornehmlich Chas. Nicht ich.«
    »O Gott«, sagte ich.
    Das war nicht gut.
    Mir ist nicht danach, heute noch irgendetwas zu schreiben.
    Geplauder mit Chas
    Abschrift der 3 . Sitzung
    Anwesende Personen wie in der 1 . Sitzung plus Miss Patricia O’Malley (nachstehend » POM «)
    Ort
    Broughton Village College, Preston.
     
    Chas: Yo, Mikey. Der Mike-ster. Käsemikeroni.
    MS : Michael.
    [Fünfundvierzigsekündige Pause]
    POM : Michael möchte lieber Michael genannt werden.
    Chas: Oh. Ä-
hem
. Tut mir leid, Michael. Was ist schon ein Namen, hm?
    MS : (zuckt mit den Schultern)
    Chas: Na gut. Kommen wir direkt zur Sache. Es geht bei dem Ganzen um deine Eltern, stimmt’s?
    MS : Richtig. Hauptsächlich um meine Mutter.
    Chas: Also, wo liegt das Problem? Hattest du je das Gefühl, von ihr im Stich gelassen worden zu sein? Du weißt schon. Ich sag jetzt einfach mal, ungeliebt zu sein?
    [Dreiminütige Pause]
    MS : Sie scheint meine Gefühle nicht wahrgenommen zu haben, das ist alles.
    Chas: Bingo, Baby. Die Mutterbürde war ein Volltreffer.
    MS : Was?
    POM : (flüstert Chas hinter vorgehaltener Hand etwas zu)
    Ist es angemessen, in seinem Beisein so zu reden, Chas? Sie wissen doch, dass er ein sehr empfindsamer Junge ist.
    Chas: (flüstert POM hinter vorgehaltener Hand etwas zu) Bleiben Sie cool, Miss O’Malley. Das stört Michael nicht.
    MS : Doch, es stört mich. [28]
    [Dreißigsekündige Pause]
    Chas: Oh. Trotzdem. Das ist starker Stoff, mein Großer. Echt starker Stoff. Hab das Gefühl, dass wir der Sache langsam auf den Grund kommen. Aber jetzt sollten wir sie abkühlen lassen. Nächstes Mal können wir den Kleinen auf Mach  3 hochfahren.
    MS : Wovon reden Sie überhaupt?
    Chas: (fingerschnippend) Das war’s, Leute.
    MS : Was? Schon?
    Chas: Muss los. Bis dann. [29]
    [Ende der Abschrift]
    Nach dem Geplauder mit Chas
    Chas ist weg. Ich bin froh. Ich kann nicht glauben, dass man ihn in die Schule gelassen hat. Er ist ein Idiot. Hier sind ein paar Sachen, die mich heute an ihm gestört haben:
    Seine Kleidung (mal wieder). In dieser Sitzung trug er ein Kapuzenshirt mit der Aufschrift »Stadtgorilla« und dem Bild eines Gorillas, der Graffiti an eine Mauer sprüht. Das war das blödeste Kleidungsstück, dass er bisher anhatte, denn: A) Gorillas können keine Spraydosen benutzen und B) Auch wenn sie es könnten, würden sie sich wohl kaum in Vandalen verwandeln.
Sein Bart. Der sah schon immer schlimm aus, doch heute hatte er sich auf beiden Seiten einen Blitzstrahl hineinrasiert.
Sein Geruch. Jetzt, wo er weg ist, riecht es im ganzen Büro nach Bohnen. Es ist mir bisher nicht aufgefallen, aber jetzt wird mir klar, dass er nach gebackenen Bohnen stinkt. Das ist der

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