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Das Perlenmaedchen

Das Perlenmaedchen

Titel: Das Perlenmaedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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er fest, dass dessen Augen aus Stein waren und mit leerem Blick über die Köpfe der Eindringlinge hinwegstarrten. Das Gesicht der Statue war teilweise abgebröckelt, eine Hand fehlte. Hunderte von Jahren musste sie alt sein, und jetzt fiel sie dem Dschungel anheim.
    Er ließ H’meen holen, damit sie prüfte, ob die Markierungen Hinweise ergaben. Schon oft waren sie diesen senkrechten Steinmonumenten – Stelen genannt – begegnet, in Tikal und anderswo, errichtet von Königen, um ein Gebiet abzustecken oder als Zeichen herausragender Ereignisse. H’meen hatte die meisten entziffern können, bei dieser verwitterten Stele jedoch wusste sie lediglich wenige Zeichen zu interpretieren. »Da steht, dass sein Name König Kaninchen war, aber was er, wie hier aufgeführt, vollbracht hat, ist nicht mehr auszumachen. Wer immer er war – die Erinnerung an ihn ist verlorengegangen.«
    Eine Vorahnung erfüllte H’meen. Der vergessene König gemahnte sie daran, dass das Leben kurz war und ihres noch kürzer. Die Zeit lief davon. Wenn doch Tonina nur die rote Blume fände, betete H’meen, und deren magische Kräfte ihr zu ein paar zusätzlichen Lebensjahren verhelfen würden.
    »Markiert diese Stele eine Stadtgrenze?«, fragte Chac und spähte angestrengt durch den Dunst. »Sind wir vielleicht gleich in Copán?«
    »Ich glaube, so ist es.«
    Chac wandte sich an Haarlos: »Lass Prinz Balám wissen, dass wir die äußere Gemarkung der Stadt erreicht haben.« Im Verlauf der Wanderung hatte er Balám und seine Männer wiederholt aufgefordert, sich seiner großen Gruppe anzuschließen, was Balám aber stets abgelehnt hatte. Er sei noch nicht so weit, Freund oder Bruder genannt zu werden, nicht ehe er in Teotihuacán Frieden mit den Göttern geschlossen hätte. Deshalb hatte sich Chac zur Gewohnheit gemacht, Balám, der ihm in einigem Abstand folgte, mit Informationen zu versorgen.
    Endlich gelangten sie zum Ende des Dschungelpfads. Vor ihnen tat sich ein weites Flusstal mit verstreuten Bauernhäusern und Hütten auf.
    Aber keine Stadt.
    Chac bedeutete seinen Leuten, ihr Gepäck abzulegen, eine Anordnung, der sie nur allzu gern nachkamen. Bei den Hütten, die auf Pfählen errichtet und mit Maishülsen gedeckt waren, liefen Leute zusammen, um die Neuankömmlinge misstrauisch zu beäugen.
    Aus der größten Hütte trat jetzt ein glatzköpfiger Mann, flankiert von zwei jungen Burschen und einer grauhaarigen Frau. Der Glatzköpfige war in schäbige, vor Dreck, Fett und Blut starrende Ozelotfelle gehüllt; seine Nase und die Ohrläppchen waren von Knochen durchbohrt und seine Wangen mit den langen und steifen Schnurrhaaren einer großen Katze gespickt.
    Zum Zeichen, dass er in friedlicher Absicht kam, ging Chac mit ausgestreckten Armen auf ihn zu. »Die Götter mögen Euch segnen!«, rief er ihm in Maya-Sprache entgegen. »Wir sind erschöpfte Wanderer, die sich nur ausruhen möchten. Für etwas zu essen und einen Lagerplatz werden wir uns bestimmt handelseinig. Wir werden Euren Göttern wie auch Euren Ahnen Ehre erweisen.« Der Kahlköpfige, der sich als Häuptling Ozelot vorstellte, rümpfte angesichts der bunt gemischten Schar von Kindern, Alten und Kranken die Nase. »Woher kommt ihr?«, fragte er skeptisch.
    »Aus Quatemalán, Edler Häuptling«, gab Chac Auskunft. »Auf unserem Weg hierher haben wir viele Berge überwunden.«
    Ozelot lachte. »Aus Quatemalán kommt Ihr? Dann waren das keine Berge, über die Ihr gekommen seid, mein Freund, sondern Anhöhen.« Er wandte sich um und deutete in Richtung Norden. »Das da sind Berge!«
    Ehrfürchtig blickten Tonina und Chac hinüber zu himmelhohen grünen Bergen, deren Gipfel im Nebel verschwanden.
    »Das ist der große Wolkenwald«, sagte der Häuptling voller Stolz, so als hätte er ihn persönlich erschaffen. »Wer immer sich in diese Höhen wagt, kehrt nicht wieder.«
    »Wo ist die Stadt?«, fragte Chac.
    »Die Stadt? Meint Ihr Copán?« Ozelot bedeutete ihnen, ihm zu folgen, und führte seine Besucher zur anderen Seite der Siedlung, ans Flussufer. Er wies zum gegenüberliegenden Ufer hinüber: »Das ist Copán.«
    Durch Kletterpflanzen und Rankengewirr war die Steinmauer, die von grünem Laub und verschlungenem Wurzelwerk umgeben wurde, kaum zu erkennen. Als sich ihre Augen an den Bewuchs gewöhnt hatten, machten Chac und Tonina zusammengebrochene Fensterstürze aus, eingefallene Gewölbe, baufällige Wände und Gebäude, die völlig zugewuchert waren. Hellgrünes Moos überzog

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