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Das Perlenmaedchen

Das Perlenmaedchen

Titel: Das Perlenmaedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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ihrem Vater führen.
    Wenn ich Cheveyo zurückbringen kann …
    Und wenn sie Chac begegnete? Eine Möglichkeit, die sie ersehnte und vor der sie gleichzeitig zurückschreckte. Aber darüber durfte sie nicht nachdenken. Es galt, ihr Volk zu retten.
    Tonina beschloss, sich bei Tagesanbruch, wenn alles noch schlief, aus dem Lager zu schleichen. Ixchel und H’meen würden sich um ihr Baby kümmern und dafür sorgen, dass sich eine der stillenden Mütter seiner annahm.
    Plötzlich vernahm sie draußen Lärm. Geschrei erhob sich, das Trappeln vieler eiliger Füße war zu hören. Tonina trat aus der Hütte. Als sie sah, was den Tumult auslöste, meinte sie ihren Augen nicht zu trauen.
    Chac!
    Er kam aus dem Wald, hinter drei Männern, die er mit der Spitze seines Speers vor sich hertrieb. Ein erlegter Berglöwe lag quer über seinen Schultern.
    Alle erkannten die drei Männer. Sie handelten mit Mais und hatten sich der Gruppe in Cuauhnáhuac angeschlossen. Zwei trugen Chacs Reisesäcke, einer seinen Umhang. Von seiner Speerspitze angetrieben, stolperten sie vorwärts. Ihre Münder waren blutverschmiert.
    In der Mitte des Hauptlagers angekommen, legte Chac den Tierkadaver zu Ixchels Füßen ab. Dann ging er wortlos an den überraschten Leuten vorbei geradewegs auf Tonina zu und schloss sie in die Arme. »Ich glaubte schon, ich würde dich nie finden«, murmelte er in ihr Haar.
    »Chac«, flüsterte sie.
    Er gab sie frei und wandte sich Ixchel zu. »Der Segen der Götter sei mit Euch, Ehrenwerte Ixchel.«
    »Ich freue mich, dich wiederzusehen, Edler Tenoch«, sagte sie bewegt.
    »Diese Männer haben das Tier da erlegt. Sie schlugen sich bereits die Wänste voll, als ich hinzukam.« Die Wamme der Wildkatze war aufgeschlitzt, Eingeweide quollen heraus. Einauge eilte hinzu und zerrte mit Hilfe zwei weiterer Männer das Tier fort, damit man es häutete und zubereitete.
    »Sie haben es roh verschlungen, weil sie vermeiden wollten, ein Feuer anzuzünden. Damit ihr nicht den Rauch bemerkt oder den Bratenduft riecht.«
    Er warf den drei Männern einen verächtlichen Blick zu. »Sie hatten die Absicht, sich so lange versteckt zu halten, bis sie das Tier restlos vertilgt hätten.«
    Die drei Übeltäter knieten gesenkten Hauptes auf dem Boden, umringt von einer spürbar aufgebrachten Menge. »Den Kindern Nahrung wegzunehmen … «, flüsterte Ixchel voller Abscheu.
    »Wie soll ich Eurer Meinung nach mit ihnen verfahren, Ehrenwerte Ixchel?«
    Sie musterte ihre Gesichter – ausgemergelte, bleiche Gesichter, verschreckte Augen – und sagte: »Übergib sie den Müttern. Ihnen kommt es zu, das Strafmaß zu bestimmen.«
    Chac nickte. Kaum hatte er »So sei es« gesagt, drängten sich Frauen nach vorn – Mütter, deren Kinder vor Hunger schwach und krank geworden und dann gestorben waren – und ergriffen die drei Übeltäter. Die Männer flehten und winselten um Gnade, als sie fortgeschafft wurden. So mancher der Umstehenden schloss sich dem Zug an, um Zeuge der Bestrafung zu werden, die meisten blieben zurück und schauten Chac ehrfurchtsvoll an.
    Da er keinen Umhang trug, waren seine breiten Schultern mit dem Blut des Berglöwen verschmiert. Vor Gesundheit und unbändiger Kraft strotzend, wirkte er fast wie ein Gott. Und als er das Wort ergriff, geschah dies mit lauter, keinen Widerspruch duldender Stimme.
    »Es gibt genug Wild in diesen Wäldern, Edle Ixchel«, sagte er und deutete in die Richtung, aus der er gekommen war. »Ich werde Jagdgruppen zusammenstellen. Schon bald werden sich Eure Leute nach Herzenslust satt essen können.«
    Jubel brandete auf, Frauen brachen vor Erleichterung und Dankbarkeit in Tränen aus. Chac ging wieder zu Tonina und schaute ihr in die Augen. »Ich war so in Sorge«, murmelte er, »als ich hörte, dass eine riesige Pilgergruppe auf dem Weg durch dieses Gebirge war … « Er umfasste ihre Schultern. »Geht es dir gut?«
    »Ja«, erwiderte sie, verloren in seinem Blick, wie in Trance durch seine Nähe. War das wirklich Chac oder träumte sie?
    »Und dein Kind?«
    Sie nahm ihn an der Hand, führte ihn zu der bescheidenen Unterkunft und hob die rehlederne Klappe, damit er einen Blick ins Innere werfen konnte.
    »Ein Junge«, sagte sie und hielt den Atem an.Aus dem dichten Wald hörte man Schreie. Sie erreichten Chac und Tonina nicht.
    »Ein hübsches Kind«, murmelte Chac. »Wie seine Mutter.« Er lächelte, wurde dann ernst. »Aber von Türkisrauch ist er nicht.« Tonina hob das Kinn. »Ein anderer hat

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