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Das Perlenmaedchen

Das Perlenmaedchen

Titel: Das Perlenmaedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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anzustarren, der selbst hier noch in einen Spiegel schaute, den ihm ein Adliger, der vor ihm kniete, hinhielt.
    Warum war Chac nirgends zu entdecken? Tonina war nachts wach geworden und hatte mitbekommen, wie er von einer Prozession vor sich hin raunender vermummter Gestalten aus der Villa geführt worden war.
    Erneute Trompetenstöße. Die Menge jubelte.Aus einem verborgenen Durchgang tauchten phantasievoll gekleidete Musikanten auf, die Muschelhörner erklingen ließen, mit Flöten und Pfeifen aufspielten, Trommeln schlugen und Kalebassenrasseln schüttelten. Hinter ihnen schritten, Weihrauchbehälter schwenkend, stattlich anzusehende Priester, die jetzt mit ihren Gebeten das Spielfeld segneten, das Umfeld und selbst den Gummiball. Zu guter Letzt erschienen die beiden Mannschaften. Der Jubel der Menge steigerte sich zu ohrenbetäubendem Geschrei beim Anblick dieser in zwei Gegenkreisen aufmarschierenden muskulösen Männer mit den von Narben übersäten Körpern. Stolz drückte sich auf ihren Gesichtern und in ihrer Haltung aus, als sie die Hand hoben und das Johlen der außer Rand und Band geratenden Zuschauer über sich ergehen ließen. Jede Mannschaft bestand aus sechs Spielern; die eine trug grüne Federn auf dem Kopf, die andere blaue. Alle zwölf waren für Toninas Begriffe höchst bizarr gekleidet.
    »Was sie da um die Mitte tragen«, raunte Einauge ihr ins Ohr, weil er sich durch den Schemel, auf dem er stand, fast auf gleicher Höhe mit ihr befand, »nennt man das Joch. Ein Holzgestell, das mit Baumwolle ausgepolstert ist. Außerdem tragen die Männer Knie- und Ellbogenschützer. Trotzdem kommt es zu Verletzungen, manchmal sogar zu tödlichen.«
    Die Spieler schritten das Feld der Länge nach ab. Wo immer Chac sich zeigte, kannte die Begeisterung der Menge kaum noch eine Steigerung. Die Verehrung für ihren Ballspielhelden erschien Tonina geradezu unheimlich. Wie sie von Einauge wusste, sah man wegen seiner niederen Abstammung keineswegs geringschätzig auf ihn hinunter. Im Gegenteil, man schien ihn zu verehren, weil er sich über sein minderes Volk erhoben und Berühmtheit erlangt hatte. Balám hingegen war ein Prinz und edlen Geblüts, und wie Tonina feststellen konnte, liebte man ihn deswegen !
    Die beiden Mannschaften blieben vor den Priestern stehen und vereinten sich zu einem gemeinsamen eigenartigen Murmeln. »Was machen sie da?«, fragte Tonina. Sie hatte Chac entdeckt, dessen nackter Oberkörper wie eingeölt in der Sonne glänzte. Da er keinen Umhang trug, sah sie die ausgeprägte Muskulatur an seinem Rücken und den Armen.
    »Sie legen ein Schuldbekenntnis ab«, flüsterte Einauge. »Für den Fall, dass sie im Verlauf des Spiels getötet werden. Die Maya leben ständig in der Angst zu sterben, ohne ihr Gewissen erleichtert zu haben. Sie glauben, dass, wenn jemand getötet oder geopfert wird, seine Seele nicht stirbt, sondern in einem Dämmerzustand verharrt, bis sie wiedergeboren wird. Wieder aufersteht, wie sie es nennen. Und dass ohne Schuldbekenntnis die Seele zu den neun Graden der Hölle verdammt ist, um niemals wieder aufzuerstehen.«
    Nach einer sich hinziehenden Segnung durch die Priester, einem komplizierten Ritual, das für Tonina unverständlich blieb, nahmen die Spieler ihre Positionen auf dem Feld ein, sodass sich die Mannschaften gegenüberstanden.
    »Die Mannschaft, die als erste neun Punkte erzielt, hat gewonnen«, erklärte Einauge. »Einen Punkt erzielt man, wenn dem gegnerischen Spieler ein Wurf durch einen der vertikal angebrachten steinernen Reifen – siehst du sie? Dort, in der Mitte der seitlichen Begrenzung? – misslingt. Einen Punkt gibt es auch dafür, wenn der Gegner den Ball vor dem zweiten Aufprallen nicht zurückspielen kann oder der Ball außerhalb der Spielfeldbegrenzung den Boden berührt. Punkte werden aber nicht nur angehäuft, sie können auch abgezogen werden, und dann dauert so ein Spiel oft sehr lange. Deshalb vermerken diese Schreiber da drüben die einzelnen Spielzüge, und zum Schluss werden ihre Strichlisten verglichen.«
    Tonina begriff nur wenig, aber das war ihr egal. Mitgerissen vom Überschwang und der Begeisterung von mehreren Tausend Zuschauern, überkam sie eine bislang unbekannte Erregung. Und als der Ball aufs Spielfeld geworfen wurde und der Wettstreit begann, entrang sich unwillkürlich auch ihr ein Schrei und mischte sich in das Gebrüll der anderen.
    Was auf dem Spielfeld vor sich ging, erfolgte so schnell, dass sie oft gar nicht

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