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Das Perlenmaedchen

Das Perlenmaedchen

Titel: Das Perlenmaedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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denn?«, fragte sie leise. »Warum willst du zurück?«
    Er konnte es nicht erklären. Nicht weil er nicht sprechen konnte, sondern weil in seinem Inneren Aufruhr herrschte. Seit Tonina ihn aus dem Käfig befreit hatte, wurde er von Träumen heimgesucht, die auf verstörende Weise mit der Wirklichkeit zu tun zu haben schienen und die ihm eingaben, dass er etwas Wichtiges zu erledigen hatte. Das Haus von Paluma schien dabei eine Rolle zu spielen, aber in wieweit konnte er nicht ergründen.
    »Tapferer Adler, ich weiß nicht, ob man dich ohne mich dort bleiben lässt. Und Einauge muss als Händler, der er ist, ebenfalls weiterziehen. Ich für meinen Teil muss unbedingt aufbrechen.«
    Um zu verdeutlichen, wie verzweifelt er ihre Hilfe brauchte, beschwor er sie mit Blicken aus seinen goldenen Augen, griff nach ihren Armen und drückte sie.
    »Also gut«, sagte Tonina schließlich. »Wenn du dich dort sicher fühlst, gehen wir eben zurück. Aber nur für ein paar Tage. Dann muss ich weiter.«
    Einauge verbarg seine Erleichterung. »Ich habe auf dem Marktplatz etwas zu erledigen«, sagte er. »Ich komme erst abends nach.«
    Tonina berührte ihn am Arm. »Sei vorsichtig. Du wirst zwar als Zwerg geachtet, aber da draußen treiben sich auch Leute herum, die dir gefährlich werden können.« Dann wandte sie sich widerstrebend der Villa von Paluma zu, in der Chac soeben seiner Frau eröffnete, dass sie und der gesamte Haushalt, einschließlich der Wahrsagerin, in eine Villa an der Küste umziehen und in dieser Abgeschiedenheit bleiben würden, bis ihr Sohn laufen könne.

16
    In allerbester Laune sang Prinz Balám seine Tochter in den Schlaf.
    Einen Tag und eine Nacht lang hatte er sich den Kopf zerbrochen, wie er es am besten anstellen sollte, Paluma die Wahrsagerin abspenstig zu machen. Dann war ihm die rettende Idee gekommen. Er würde das Mädchen bestechen. Ihr bieten, was immer sie verlangte, wenn sie Paluma verließ und in Zukunft unter seinem Dach lebte. Allein die Möglichkeit, dem Haushalt eines Prinzen anzugehören, sollte Anreiz genug sein, aber wahrscheinlich forderte das Mädchen etwas anderes – Jade, Kakaobohnen, Baumwollkleider. Und Chacs Frau würde nichts dagegen tun können, weil sie nicht in der Lage war, auf Baláms Angebot noch eins draufzusetzen. Morgen, nach dem gewonnenen Endspiel, würde er der reichste Mann in Mayapán, wenn nicht in der ganzen Welt sein. Und dann gäbe es nichts, was er seiner geliebten Yaxche nicht kaufen könnte – schon gar nicht ein einfaches Mädchen von den Inseln.
    Die kleine Ziyal war kurz vor dem Einschlafen. Als ihr Vater noch ein Liedchen anstimmen wollte, erschien ein Diener im Schlafzimmer und informierte Seine Gnaden, dass ein Besucher auf ihn warte.
    »Er soll morgen wiederkommen«, fuhr Balám den Diener an. Wenn er mit seiner Tochter zusammen war, wünschte er unter keinen Umständen gestört zu werden.
    Als der Bedienstete dann den Namen des Besuchers nannte, erstarrte Balám.
    Seine gute Laune war mit einem Mal wie weggeblasen.
    Beim Verlassen der Stadt malte sich Einauge aus, wie es jetzt weitergehen würde: Er wollte den Jägern sagen, dass er den Aufenthaltsort des Jungen kannte, und dann seinen Preis für diese Information nennen. Wenn die Jäger ihn daraufhin aufforderten, sie zu dem Jungen zu bringen, würde er auf Bezahlung im Voraus bestehen, sie dagegen auf »die Hälfte jetzt, die andere Hälfte bei Lieferung«, womit er sich einverstanden erklären würde. Daraufhin würde er sie zu Palumas Villa führen, ihnen zeigen, wo der Junge schlief, die zweite Hälfte des geforderten Preises einstreichen und sich verdrücken. Allerdings nicht ohne vorher Tonina wegzulocken. Noch ehe irgendwer den Vorfall bemerkte, würde er mit ihr bereits auf dem Weg nach Norden sein.
    »Meine Freunde!«, rief er, als er sich dem Lager der Jäger näherte. Wegen des morgen stattfindenden Spiels war der Marktplatz außerhalb der Stadtmauer noch belebter, es wurde krakeelt und lautstark diskutiert, Kinder vergnügten sich beim Ballspiel. Es herrschte Festtagsstimmung. Und mittendrin sechs mürrische Gestalten, die braun und schwarz gestreiften Körper zusammengesackt. Die Einzigen, die nicht an das morgige Spiel dachten. »Habt ihr einen Bissen für einen hungrigen Wanderer?« Als Glücksbringer angesehen, hießen sie den Zwerg willkommen, boten ihm einen Platz an ihrem Feuer an und versorgten ihn mit Tortillas und Mais.
    Er warf ein paar Krümel für die Götter ins Feuer, um

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