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Das Perlenmaedchen

Das Perlenmaedchen

Titel: Das Perlenmaedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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brauchen: ›Kommt mit, ich zeige euch, wo der Junge ist‹, und was hast du tatsächlich gesagt? Tulum!«
    Warum er die Adlerjäger belogen hatte, konnte er sich nicht erklären. Es hatte ihn selbst überrascht. Als er sich auf dem Rückweg zu den Stadttoren nochmals umgeschaut hatte, erkannte er, dass die Jäger bereits ihr Lager abbrachen. Noch vor Mitternacht würden sie auf dem Weg nach Osten sein, zu Tagesanbruch bereits weit weg von Mayapán. Was hatte ihn bloß dazu gebracht, die größte Dummheit seines Lebens zu begehen?
    Tonina. Auf den Stufen des Palastes. Sie hatte ihm die Hand auf die Schulter gelegt und ihm gesagt, er solle vorsichtig sein. Noch nie hatte jemand an sein Wohlergehen gedacht. Diese Freundlichkeit hatte ihn insgeheim erschüttert. Denn als er drauf und dran gewesen war, den wahren Aufenthaltsort von Tapferem Adler preiszugeben, war es ihm plötzlich wichtiger gewesen, nichts zu unternehmen, was Toninas Interesse für Chac Vorschub leisten könnte.
    Er eilte den schmalen Weg zwischen dunklen und stillen Häusern entlang, sagte sich, nicht ohne zwischendurch aufzuseufzen, dass er langsam alt und nachgiebig wurde. Noch war nicht alles verloren. Ehe er das Lager der Adlerjäger aufgesucht hatte, war er zu einem der vielen koxol gegangen, die sich um Umkreis des Tores aufhielten und Wetten für das morgige Spiel entgegennahmen. Obwohl er über nicht mehr als ein paar Kakaobohnen verfügte, war es ihm gelungen, eine hohe Wette abzuschließen. Nicht zuletzt wegen seines bestickten Lendenschurzes und weil sein Umhang als Zeichen seines Wohlstands aus fein gesponnener Baumwolle gefertigt war und er immerhin ein Zwerg, hatte sein Daumenabdruck auf dem vom koxol ausgefertigten Stück Papier genügt.
    Wie beruhigend zu wissen, dass die Mannschaft aus Mayapán gewinnen und er morgen Abend ein wohlhabender Mann sein würde! Einauge hastete weiter, als er in einiger Entfernung vor sich eine dunkle Gestalt gewahrte, die an das hölzerne Tor von Palumas Villa pochte.
    Einauge wusste um das Ritual, das einem Spiel vorausging – dass Priester die Spieler abholten. Aber dazu war es noch zu früh, und er sah nur einen Mann. Als sich dieser Mann als Prinz Balám entpuppte, zog sich Einauge zurück in die Dunkelheit, beobachtete von dort aus, wie Balám eingelassen wurde. Kurz darauf pochte auch Einauge ans Tor und erhielt Zutritt. Im Spionieren jahrelang geübt, schlich er lautlos durch den Garten, um dann nicht etwa die Unterkünfte der Bediensteten aufzusuchen, sondern sich auf Zehenspitzen durch das schlafende Haus zu bewegen, durch Korridore, die er sich eingeprägt hatte, bis er Stimmen hörte und vor sich Licht sah. Prinz Balám war in Chacs Schlafzimmer; die beiden unterhielten sich.
    Nachdem er sich überzeugt hatte, dass kein Diener in der Nähe war, schlich sich der Zwerg noch näher und verbarg sich in den Falten des Vorhangs vor der Türöffnung. Jetzt konnte er nicht nur alles sehen, sondern auch hören.
    Balám hatte seinen Umhang abgeworfen, und Einauge sah, dass er auf seinem Gürtel das Jadeemblem von Uxmal trug, das ihn als Prinz der königlichen Linie jener Stadt und als direkten Nachkommen von Hun Uitzil Chac Tutul Xiu auswies, dem Begründer der großen Stadt Uxmal. Es war bekannt, dass Balám im Rahmen eines traditionellen Austauschs von Prinzen zur Sicherung des Friedens zwischen beiden Königreichen an den königlichen Hof von Mayapán entsandt worden war. Ebenfalls im Palast von Mayapán lebten Söhne und Töchter anderer Königshäuser aus kleineren Städten, nicht anders als Prinzen und Prinzessinnen aus Mayapán, die in den Häusern anderer Herrscher heranwuchsen. Dieser altehrwürdige Brauch diente der politischen Stabilität. Warum aber trug der Prinz in dieser Nacht sein offizielles Emblem, das eigentlich feierlichen Anlässen vorbehalten war?
    Das Auge des Zwergs wurde rund, und er spitzte die Ohren, als er Balám wimmern hörte: »Eine Katastrophe bricht über mich herein, Bruder! Ich bin erledigt.« Einauge, geschäftstüchtig, wie er war, nahm jedes Wort, jede Geste in sich auf.
    »Beruhige dich erst einmal«, sagte Chac. »Geht es um Yaxche? Um deine Tochter … ?«
    »Um uns alle!« Balám rang die Hände. »Ich habe mich tief in Schulden gestürzt, Bruder.«
    Chac war nicht überrascht. Alle Männer spielten, darin standen sich Chichimeken und Maya und selbst Inselbewohner in nichts nach. Bei Balám allerdings war diese Wettleidenschaft derart ausgeprägt, dass sie ihn

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