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Das Perlenmaedchen

Das Perlenmaedchen

Titel: Das Perlenmaedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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Versteigerung stattfand. Man drängelte sich, um in seiner Nähe zu sein. Von ihm, der den Ball zweimal hintereinander durch den steinernen Reifen geschlenzt hatte, strahlte bestimmt Glück ab.
    Tonina, Tapferer Adler und Einauge hatten Plätze fast in der vordersten Reihe der Menge ergattert. Einauge brummte der Schädel. Unmittelbar nach dem Sieg hatte er seinen Gewinn eingestrichen und dann zwei Damen aufgetrieben, in deren Gesellschaft er gefeiert und mächtig viel pulque in sich hineingekippt hatte.
    Endlich wurde Yaxche vorgeführt. Mit schriller Stimme pries der Auktionator ihre Eigenschaften an, ihre edle Abstammung, die Namen ihrer Vorfahren und aller illustren Verwandten, die ihm geläufig waren. Sie trug ein scharlachrotes Baumwollgewand, das ihren massigen Körper noch zu betonen schien. Mit hoch erhobenem Kopf suchte sie um jeden Preis ihre Würde zu bewahren und die johlende Menge zu ignorieren.
    Dann wurde die kleine Ziyal gebracht, um deren Hals das Jadeemblem von Uxmal hing, das ihr Vater an seinem Gürtel getragen hatte und das ihn als einen Prinzen der königlichen Linie auswies; jetzt diente es als Beweis für das königliche Blut des Mädchens. Ziyals Gesichtchen war vom vielen Weinen rot und aufgedunsen, und aus ihrem Blick sprach Angst, als man sie nötigte, sich neben ihre Mutter auf die Plattform zu stellen, die vor den Zuschauern aufragte.
    Chac fühlte sich elend. Er machte sich Vorwürfe. Kurz vor Spielende hatte er zur Stirnseite des Feldes geschaut und dort nicht nur seine Frau sitzen gesehen, sondern auch die Wahrsagerin, die Paluma einen Sohn vorausgesagt hatte. In diesem Augenblick war Chac klar geworden, dass er den Sieg nicht verschenken konnte.
    Aber etwas konnte er für seinen Freund tun: dessen Ehefrau und die Tochter kaufen und ihnen die Freiheit schenken. Er machte sich bereit, seinen Kaufpreis auszurufen, in der Absicht, ihn so weit zu steigern, bis der letzte Mitbieter aufgab – als der Auktionator bekannt gab, dass die beiden soeben von einem anonymen Käufer in einer speziellen Transaktion erworben worden seien, einer sogenannten tu’ux-a-kah – »Wohlgefallen der Götter«.
    Die Menge murrte, hätte die Versteigerung doch weiterhin recht anregend sein können. Als Mutter und Tochter abgeführt werden sollten, befreite sich Yaxche aus dem Griff der Wachposten und stürzte sich, »Ziyal!« schreiend, auf die Tochter, um dann unter Einsatz ihres gesamten Gewichts die Soldaten beiseite zu drängen, einen von ihnen sogar von der Tribüne zu stoßen, was die Menge mit dröhnendem Gelächter quittierte. Yaxche schloss ihr Kind in die Arme, wandte sich auf der Suche nach einem Fluchtweg nach allen Seiten um.
    Noch mehr Wachen bauten sich auf der Plattform auf, der Auktionator rief zur Ordnung. Ziyal wurde der Mutter entrissen. Beide kreischten, die Zuschauer jubelten oder buhten, Wetten wurden abgeschlossen. Chac versuchte, auf die Tribüne zu klettern, auf der Wachen bemüht waren, Yaxche zu bändigen. Trotz ihrer Leibesfülle erwies sie sich jedoch als bemerkenswert wendig, setzte ihr Gewicht als Waffe ein. Mit ihren Fäusten streckte sie zwei Wachposten nieder, einem weiteren rammte sie das Knie in die Leistenbeuge.
    »Ziyal!«, schrie sie, als weitere Wachen sie umringten und das weinende Mädchen fortgeschafft wurde. Während Chac auf die Plattform kletterte, planlos, nur aus dem Gefühl heraus, die Frau seines besten Freundes unbedingt retten zu müssen, hatte sich der Wachposten, der Yaxches Knie zu spüren bekommen hatte, so weit erholt, dass er auf sie zu ging. Mit einem Schrei schwang er seinen Knüppel und ließ ihn, begleitet von einem schauerlichen kra-ak , auf Yaxches Schädel niedergehen.
    Die Menge verstummte und beobachtete mit angehaltenem Atem, wie ihr Körper langsam und fast anmutig auf die Plattform sank und sich Gehirnmasse und Blut über die verwitterten Holzplanken ergossen.

19
    Hinter der nördlichen Stadtmauer von Mayapán erhob sich ein gigantischer und übel riechender Wall, aufgetürmt aus dem Abfall der Bewohner – zerbrochenes Tongeschirr, vermodertes Obst, verdorbenes Essen, Innereien, Menstruationstücher, von unzähligen Wegen aufgekehrter Hundekot. Alles Dinge, die man nicht zu Hause aufbewahren durfte. Der Wall galt als so unheilvoll, dass er alle zwanzig Tage von städtischen Beamten abgefackelt wurde, damit der Rauch das spirituelle Gift von der Stadt fernhielt.
    Dorthin schleppte sich, einen Strick in der Hand, Prinz Balám, einstmals

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