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Das Perseus-Protokoll - Hensel, K: Perseus-Protokoll

Das Perseus-Protokoll - Hensel, K: Perseus-Protokoll

Titel: Das Perseus-Protokoll - Hensel, K: Perseus-Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Hensel
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bestätigen Zeugen, dass er Sie am nächsten Morgen im Hotel aufgesucht hat?«
    »Rufen Sie ihn an! Fragen Sie ihn!«
    »Wir können ihn nicht anrufen. Er ist untergetaucht.«
    Marias Hände verkrampften sich unter dem Sitz.
    »Sie können uns sicherlich sagen, warum?«
    Maria war in eine Falle gelaufen.
    »Sollten Sie die Übergabe nur beobachten oder verhindern?«, fragte Kraniótis.
    Sie wollte dieser Frau etwas ins Gesicht werfen.
    »Warum sind Sie nach Athen gekommen?«
    »Ich –«
    »An wen berichten Sie in Athen?«
    »Warum, Frau Kraniótis, waren Sie gestern auf dieser Party?«
    »Haben Sie den Libyer umgebracht?!«
    »Warum haben Sie, zugekokst bis unters Dach, am Gastgeber herumgeleckt?!«
    »Für wen arbeiten Sie?!«
    »Lieben Sie ihn oder waren Sie bloß geil?!«
    Kraniótis sprang auf, ihre Hände streiften die Tastatur. Es wurde still im Raum. Was Maria für das Surren der Klimaanlage gehalten hatte, war die Lüftung des Computers gewesen. Und die kleine Webcam, unauffällig neben dem Fuß der Schreibtischlampe, war auf Maria gerichtet.
    Sie hörte Rufe auf dem Gang. Die Tür wurde aufgerissen. Ein Mann schaute herein, blass und gehetzt. Er rief ein paar Sätze herein. Kraniótis nickte. Die Tür blieb offen. Schweißperlen glitzerten auf ihrer Stirn. Auf dem Flur klingelten Handys. Die Erregung draußen schien sie nicht zu berühren. Im Gegenteil: Die Mundwinkel zuckten hoch, fast konnte man es Lächeln nennen. Sie faltete ihre Notizzettel zusammen.
    »Halten Sie sich zu unserer Verfügung«, sagte sie. »Versuchen Sie nicht, das Land zu verlassen!«
    Die Sonne blendete, als Maria aus dem Halbdunkel des Ministeriums trat. Unter dem Vordach standen Männer, einige in Uniform, andere im Anzug. Sie versuchte, Fetzen ihrer Gespräche aufzufangen; keine Chance, alle sprachen Griechisch.
    Sie ging über den Parkplatz. Immer noch pochte ihr Herz, immer noch war ihr heiß, trotz brennender Sonne. Presseleute warteten vor der Schranke, Kameras und Mikrophone im Anschlag. Maria passierte die Schranke, ging auf die Presseleute zu. Niemand beachtete sie. Sie drängte sich durch die Menge, stolperte über ein Übertragungskabel, blieb auf dem Gehweg stehen.
    Auf dem Pflaster saß ein junger Mann mit Irokesenschnitt, im Schneidersitz über einen Laptop gebeugt. Er schob ein Foto hin und her, vergrößerte Ausschnitte, änderte Licht und Kontrast. Das Foto zeigte das Deck eines Militärschiffes, hellgrau. Neben einer Luke lag ein menschlicher Körper in Uniform, der Kopf zugedeckt. Der junge Mann war nicht zufrieden, schob ein paar Regler hoch – der mattschwarze Fleck, in dem der Körper lag, begann rot zu leuchten, wie Blut. Er verkleinerte das Tuch, das das Gesicht des Toten verdeckte. Er füllte den entstehenden schwarzen Fleck mit Hautfarbe – ein erstaunlicher Effekt, der die Leiche, obwohl man das Gesicht immer noch nicht sah, jünger, individueller wirken ließ. Er vergrößerte den Blutsee. Er setzte ein paar Reflexe in den See; damit das Blut frisch wirkte. Er trank einen Schluck Kaffee aus einer Thermoskanne. Dann tippte er in großen Lettern über das Foto ein Wort.
    πόλεμος
    »Was bedeutet das?« fragte Maria.
    Der Mann sah auf:
    »Krieg.«

22
    Der Apotheker befühlte seine Schulter.
    »Sie müssen zum Arzt gehen«, sagte er.
    »Aber es ist nicht gebrochen?«
    »Keine Fraktur. Aber vielleicht ein Knochensplitter, der auf einen Nerv drückt. Ich kann das hier nicht feststellen. Der Arzt muss es röntgen.«
    Sie standen im Hinterraum der Apotheke. Der Apotheker war in Gabriels Alter. Er hatte einen Vollbart und einen Ehering am Finger.
    »Haben Sie Familie?«, fragte Gabriel. »Dann wissen Sie, wie das ist. Zwei Mädchen mit Röteln. Ich brauche meinen Arm. Geben Sie mir etwas gegen die Schmerzen.«
    »Ich kann Ihnen Paracetamol geben.«
    »Meinen Sie, das reicht?«
    »Der Arzt verschreibt Ihnen etwas Stärkeres.«
    »Geben Sie mir etwas gegen die Entzündung.«
    »Betaisodona-Salbe.«
    »Aber wenn das Fleisch am Knochen entzündet ist?«
    »Wie gesagt, der Arzt –«
    An der Tür tönte der Gong. Der Apotheker entschuldigte sich, ließ ihn einen Augenblick allein. Gabriel sah Flaschen, Kartons, lange Reihen von Schubladen. Allein würde er nicht finden, was er suchte. Im Verkaufsraum verlangte eine Frau Cortisonspray, gegen Asthma. Der Apotheker bedauerte; es war seit Tagen ausverkauft. Die Frau schimpfte, in der ganzen Stadt gebe es kein Cortisonspray. Solle ihr Kind am Müll ersticken?
    Der

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