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Das Perseus-Protokoll - Hensel, K: Perseus-Protokoll

Das Perseus-Protokoll - Hensel, K: Perseus-Protokoll

Titel: Das Perseus-Protokoll - Hensel, K: Perseus-Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Hensel
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Apotheker kam zurück. Er deutete auf Gabriels Schulter.
    »Mit dieser Sache sollten Sie nicht lange warten«, sagte er.
    »Wie recht Sie haben. Ich weiß nicht, ob ich es heute zum Arzt schaffe. Dieser verfluchte Sturz von der Leiter! Bestimmt haben Sie Spritzen? Betäubung, gegen den Schmerz?«
    »Lidocain. Aber ich darf Ihnen keine Spritze setzen.«
    »Ich weiß, wie das geht.«
    »Sie brauchen ein Rezept.«
    »Lidocain? Das soll mir der Arzt verschreiben. Ich vertraue Ihnen. Schreiben Sie es mir auf?«
    »Der Arzt weiß Bescheid.«
    »Ich mache Ihnen einen Vorschlag.« Gabriel kratzte sich am Hals, als mühe er sich um die richtigen Worte. »Beide Töchter Röteln. Ich muss kochen, ich muss sie waschen, ich bin allein. Ich weiß nicht, ob ich es heute zum Arzt schaffe. Ich weiß, ich weiß. Sie dürfen mir nicht einfach so Lidocain verkaufen. Sie brauchen Sicherheit. Ich lasse Ihnen meinen Ausweis hier. Ach, was wollen Sie mit meinem Ausweis? Ich lasse Ihnen ein Pfand. Zweihundert Euro. Dreihundert. Geben Sie mir auch gleich die Tabletten.«
    Gabriel hielt ihm das Geld hin.
    »Ich kann das nicht machen«, sagte der Apotheker.
    »Ich zahle die Medikamente natürlich sofort. Die Quittung schreiben Sie erst, wenn ich Ihnen morgen das Rezept bringe. So hat alles seine Richtigkeit.«
    »Ich kann nicht –«
    »Vierhundert!«
    Gabriel hielt ihm die Scheine vors Gesicht. Der Apotheker zögerte. Es war eine kleine Apotheke. Was die Kunden wollten, konnte er ihnen seit Tagen nicht verkaufen.
    »Sie müssen versprechen, dass Sie das Rezept bringen.«
    »Verschenke ich vierhundert Euro?«
    Gabriel lachte. Der Apotheker steckte hastig die Scheine in seinen Kittel.
    »Ich gebe Ihnen Lidocain in einer Glasampulle. Fünfzig Milliliter. Sie – beziehungsweise der Arzt – ziehen Spritzen auf. Zehn Injektionen à fünf Milliliter.«
    »So wird’s gemacht!«
    »Ich gebe Ihnen Diclofenac-Salbe und -Tabletten gegen die Entzündung. Sie wirken auch gegen den Schmerz. Falls er zu stark wird, nehmen Sie Dramadol-Tabletten.«
    »Sie sind mein Retter!«
    »Nehmen Sie nicht mehr als sechs Tabletten pro Tag.«
    Im Vorraum tönte der Gong. Er hörte einen Vater und ein hustendes Kind. Der Vater verlangte nach irgendwas, um in dieser Stadt nicht zu krepieren.
    Gabriel ging, die Plastiktüte mit den Medikamenten fest in der Hand, auf dem überfüllten Bordstein der Menándrou. Es war die Straße der Araber und Pakistanis. Er roch gegrilltes Hammelfleisch und Frittierfett. Ein Mädchen rempelte ihn an.
    »Entschuldigung!«
    Das Mädchen klopfte seine Jacke ab.
    »Ich habe Ihre Jacke dreckig gemacht!«
    »Schon gut.«
    »Und Ihre Hose!«
    »Lass es.«
    »Da ist noch ein Fleck!«
    Das Mädchen lief weiter. Gabriel fühlte seine Hosentasche. Er beschleunigte, holte das Mädchen ein. Er packte sie am Hals, zerrte sie in einen Hauseingang. Er presste ihre Kehle, drückte den Kopf gegen die Mauer. Durchsuchte mit der anderen Hand den fleckigen Trainingsanzug des Mädchens. Er zog die Taschen nach außen: Sein Portemonnaie, Geldscheine, ein Springmesser und eine Armbanduhr fielen aufs Pflaster.
    »Wo hast du das geklaut?«
    »Habe ich gefunden!«
    Gabriel gab ihr Ohrfeigen links, rechts, links, rechts, bis sie wimmernd zusammensackte. Passanten blieben kurz stehen und gingen weiter. Gabriel hob die Beute auf. Die Armbanduhr war wertlos, er warf sie in den Rinnstein. Was er behielt, war sein Portemonnaie, die Geldscheine – vierzig Euro – und das Springmesser, ein tückisches kleines Ding, die Doppelklinge scharf wie eine Rasierklinge.
    »Sieh mich an!«
    Das Mädchen hob sein dreck- und tränenfeuchtes Gesicht.
    »Wie alt bist du?«
    »Siebzehn!«
    Er hob die Hand.
    »Zwölf!«
    Ohrfeige.
    »Neun!«
    Er erkannte die Stimme wieder. Griechisch mit Balkan-Akzent. Heute Morgen noch hatte er sie gehört, aus dem Nebenzimmer: »Lick you ass!«
    »Bist du mir nachgelaufen?«, fragte er.
    Das Mädchen nickte. Sein Hotel lag zehn Minuten Fußweg entfernt. Er bemerkte sonst schnell, wenn ihm jemand folgte.
    »Du hast mich beobachtet?«
    »Wo Sie Ihr Portemonnaie einstecken.«
    »Was noch?«
    »Dass Sie in der Apotheke waren.«
    »Was noch?«
    »Sie können Ihren Arm nicht gut bewegen.«
    Er hob die Hand, ließ sie sinken. Man sollte ein Kind nicht für die Wahrheit schlagen. Und die Wahrheit war, dass man es ihm ansah. Das Kind hatte seine Schwäche erkannt. Dann erkannten sie auch andere. Einen Moment fühlte er sich wirr und hilflos.
    »Willst du Sex?«

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