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Das Perseus-Protokoll - Hensel, K: Perseus-Protokoll

Das Perseus-Protokoll - Hensel, K: Perseus-Protokoll

Titel: Das Perseus-Protokoll - Hensel, K: Perseus-Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Hensel
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Hauptsache, das Kind war gesund! Es war nicht das Paradies gewesen. Aber eine gute Kindheit.
    Wahrscheinlich war es keine gute Idee, alle zwanzig Minuten Gerakákis’ Nummern anzurufen. Erstens weil sie ihn sowieso nicht erreichte. Zweitens weil sie keinen Grund hatte, ihm zu trauen. Drittens weil vermutlich seine Anschlüsse überprüft wurden. Und wenn ihre Telefonnummern auf dem Display auftauchten, machte sie das verdächtig.
    Verdächtig wofür?
    Neben der Metrostation Thisío war dieser Promotionstand von OTE gewesen: Sonderaktion! Internet, Festnetz, Mobiltelefon, alles an diesem Tag fast geschenkt! Maria hatte einen Kugelschreiber eingesteckt, einfach weil er umsonst war. Sie musste Klarheit in ihre wirren Gedanken bringen. Aber sie hatte kein Papier.
    Sie stieß die Tür einer Filiale der Attica Bank auf. Sie genoss die klimatisierte Kühle und griff aus einem Ständer ein paar Überweisungsvordrucke. Es gab sogar zwei Sessel und einen niedrigen Tisch. Durfte sie hier sitzen? Eine mordverdächtige Deutsche ohne Geld? Sie setzte sich in einen der Sessel, legte ihre gesperrten Scheck- und Kreditkarten auf den Tisch, als sortiere sie ihre weitläufigen Finanzen.
    Wer verdächtigt mich?
    Wessen verdächtigt man mich?
    Warum hat Gerakákis mich nach Athen geschickt?
    Für wen hat Kraniótis im Ministerium meine Aussage aufgezeichnet?
    Welches Interesse haben Eléni? Yánnis?
    Diese Fragen einfach mal aufzuschreiben schaffte in ihrem Kopf ein Gefühl von Ordnung. Besser gesagt, die Illusion von Ordnung. Denn auf keine dieser Fragen wusste sie eine Antwort. Doch je länger sie die Fragen anstarrte, desto klarer wurde ihr: Die Antwort auf die wichtigste Frage war vermutlich die Antwort auf alle.
    Was ist in dem Koffer?
    Alle waren hinter diesem Koffer her: Gerakákis. Eléni. Yánnis. Kraniótis. Nur Maria hatte ihn gesehen, auf dem Rücksitz des Ford Fiesta. Nur Maria hatte mit dem Fahrer gesprochen.
    Ist der Inhalt des Koffers gut oder schlecht?
    Möglich, es gab zwei Parteien. Die Parteien kämpften um den Koffer. Maria war zwischen die Fronten geraten.
    »Versuchen Sie nicht, das Land zu verlassen!«
    Das würde Maria ganz bestimmt nicht versuchen, mit acht Euro zehn im Portemonnaie. Aber sie konnte auch nicht hier sitzen bleiben, während sich die Schlinge immer fester um ihren Hals zog. Sie musste sich wehren. Sie konnte zur Deutschen Botschaft gehen. Sie hatte die Adresse nicht, aber vor jeder antiken Säule stand mindestens ein deutscher Tourist mit einem Reiseführer in der Hand. Leider war das mit der deutschen Botschaft nicht so einfach. Maria hatte vor wenigen Tagen ihre Zulassung bekommen für ein Studium an der Diplomatenschule des Auswärtigen Amtes. Wenn sie sich jetzt an die Botschaft wandte, bedeutete das Papier. Das Auswärtige Amt schaltete sich ein. Schließlich ging es um Mord. Aber eine Mordverdächtige konnten sie unmöglich zum Studium zulassen. Vielleicht würde sich die Sache schnell klären. Nach der Szene heute Vormittag im Ministerium für Bürgerschutz? Eher nicht. Einige Leute wollten, dass sie verdächtig war. Dass sie den Mord begangen hatte, dass sie Schlimmeres plante. Wer waren diese Leute? Wie viel Macht hatten sie? Ihr kam die Idee, dass eine finstere Macht sie für ihre Rolle gecastet hatte. Eine mittellose Studentin. Ohne Freunde oder Eltern, die helfen konnten. Ohne die Möglichkeit, sich an die Botschaft zu wenden. Oder das Land zu verlassen. Sie verwarf diese Idee als chlorwasserinduziertes Hirngespinst. Aber selbst wenn sie eine Rolle spielte: Wovon handelte das Stück?
    »…, parakaló? «
    Maria schaute hoch. Eine Bankangestellte stand vor ihr, in Marias Alter. Sie hatte etwas gefragt, auf Griechisch. Wahrscheinlich nur, ob sie ihr helfen könne. Maria murmelte eine Entschuldigung, stopfte hastig ihre Überweisungsträger und Bankkarten in die Tasche. Sie fühlte sich arm. Sie fühlte sich schuldig. Sie wollte hier weg.
    Aéolou, die Fußgängerzone. Gestern Morgen war sie hier nur einigen Passanten und kämpfenden Ratten begegnet. Jetzt war die Fußgängerzone voller Menschen. Einige diskutierten erregt in Gruppen, andere drängten sich um den Fernseher eines Cafés.
    Ansprache des Ministerpräsidenten. Er stand auf dem Rollfeld eines Flughafens, im Hintergrund die Regierungsmaschine. Er wirkte übermüdet, die Stirn war in tiefe Falten gelegt, seine Haut aschgrau. Er sprach leise, hob die Hand und senkte sie wieder. Maria musste die Worte nicht verstehen; sie sah,

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