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Das Perseus-Protokoll - Hensel, K: Perseus-Protokoll

Das Perseus-Protokoll - Hensel, K: Perseus-Protokoll

Titel: Das Perseus-Protokoll - Hensel, K: Perseus-Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Hensel
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Athen?«
    »Vielleicht bis morgen, vielleicht länger.«
    »Sie wissen es nicht?«
    »Ich finde es schwierig, in dieser Stadt die Zukunft zu planen.«
    »Sie sollten Athen verlassen.«
    »Wirklich? Ihre Bekannte aus dem Ministerium hat mich genau davor gewarnt.«
    Er atmete ruhiger, seine Gesichtszüge entspannten sich. »Ich schätze Sie, Maria. Ich wünschte, wir wären uns unter weniger trüben Umständen begegnet. An einem weniger trüben Ort. Deshalb gebe ich Ihnen einen Rat. Legen Sie sich nicht mit Leuten an, die stärker sind als Sie.«
    »Ich habe das Gefühl, das tue ich die ganze Zeit.«
    Sein Lachen klang noch etwas gepresst. »Kennen Sie diese russischen Puppen? Man öffnet eine und findet eine neue?«
    »Matrjoschkas, natürlich.«
    »Leider funktionieren diese Puppen in Athen anders. Die neue Puppe ist nicht kleiner, sondern größer. Und weniger freundlich. Die nächste Puppe knurrt sogar und will Sie beißen. Je mehr Puppen Sie finden, desto gefährlicher werden sie. Und die letzte Puppe, Maria – wird Sie fressen!«
    Er sagte es wie ein Vater, der seiner Tochter aus Spaß ein bisschen Angst macht.
    »Also?«, fragte Maria. »Was raten Sie mir?«
    »Versuchen Sie, noch heute über die Grenze zu kommen. Nehmen Sie nicht das Flugzeug. Sie müssten Ihren Ausweis zeigen, die Sicherheitskräfte nehmen Sie fest.«
    »Welche Grenze?«
    »Ich empfehle Bulgarien oder die Türkei.«
    »Ich habe kein Geld.«
    »Ihnen fehlt kein Geld, Maria. Ihnen fehlen Freunde.« Ihm gelang sogar wieder das Zwinkern. »Natürlich helfe ich Ihnen.«
    »Eine Ausländerin steht unter Mordverdacht. In der Nacht flieht sie über die Grenze. Wie sieht das aus?«
    »Optik ist Ihr geringstes Problem.«
    »Reicht das nicht für einen internationalen Haftbefehl?«
    »Bis dahin sind Sie in Deutschland und können sich verteidigen.«
    »Ich bleibe hier.«
    »Damit man Ihnen neue Fallen stellt?«
    Er seufzte. Er zuckte die Schultern wie ein Vater, dessen Tochter in ein schwieriges Alter kommt. Er stand auf. »Warten Sie einen Moment.«
    Er ging die Wendeltreppe hoch. Sie sah ihn hinter einer Glastür verschwinden. Ihre Hand fuhr durch die Unterlagen, die neben den Sesseln lagen. Zahlen mit vielen Nullen, Tabellen und Adressen. Maklerprospekte. Angebote für möblierte Villen und Penthäuser in Lissabon, Madrid, Dublin …
    Yánnis kam die Treppe herunter.
    »Ich möchte Ihnen etwas schenken«, sagte er. »Mein Geschenk mag Ihnen abwegig erscheinen, sogar obszön. Aber ich fürchte, Sie werden es brauchen.«
    Er legte eine Pistole auf den Tisch. Sie war klein, der Lauf kurz. »Eine Beretta Tomcat mit zweimal sechs Schuss Munition.«
    »Was soll ich damit?«
    »Nehmen Sie sie in die Hand.«
    Maria nahm die Waffe in die Hand. Sie war überrascht, wie leicht sie war.
    »Sie werden sich sicherer fühlen«, sagte er.
    »Ich dachte, Sie lehnen Gewalt ab?«
    »Ich lehne auch Grippeviren ab. Es wäre Leichtsinn, sich nicht zu schützen.«
    »Ich will keine Waffe.«
    »Sie sehen, was auf der Straße los ist.«
    »Ich habe keine Ahnung, wie man schießt.«
    »Sie ist bereits geladen. Neue Munition schieben Sie unten in den Griff … Genau dort. Sie entsichern mit dem Hebel am Daumen … Gut machen Sie das …«
    »Ich bin Linkshänderin.«
    »Spielt keine Rolle. Jedes Kind kann sich damit verteidigen.«
    »Jedes Kind kann damit einen Menschen töten.«
    »Wo denken Sie hin? Es sind Platzpatronen.«
    »Danke für das Angebot. Aber –«
    »Niemandem würde ich diese Waffe anvertrauen außer Ihnen. Nehmen Sie sie, bitte. Damit ein Angsthase wie ich heute Nacht ruhiger schläft.«
    »Heute Nacht?«
    »Bis Sie wieder sicher sind.«
    Maria stand auf. Sie steckte die Beretta in ihre Gesäßtasche. Sie holte eine Karte und ihr Telefon aus ihrer Hosentasche.
    »Wen rufen Sie an?«, fragte er, plötzlich misstrauisch.
    »Ein Taxi.«

26
    Das Taxi fuhr die steile Straße hinunter, vorbei an einem Sushi-Restaurant und einem Jazz-Café. Im Licht der Scheinwerfer und Schaufenster schien Darius’ Gesicht noch fahler als gestern Nacht.
    »Wann haben Sie Ihre Schicht begonnen?«, fragte Maria.
    »Ich habe sie nicht begonnen.«
    »Sie fahren seit gestern Nacht?!«
    »Kollege ist abgehauen, in die Türkei. Ich habe das Taxi. Also fahre ich.«
    Sie hielten an einer roten Ampel. An einem Transformatorenkasten klebte ein Plakat: Der tote Soldat an Deck, in einem Meer von Blut. Darüber das Wort, das Maria inzwischen lesen konnte: πόλεμος – Krieg.
    »Sie haben

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