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Das Perseus-Protokoll - Hensel, K: Perseus-Protokoll

Das Perseus-Protokoll - Hensel, K: Perseus-Protokoll

Titel: Das Perseus-Protokoll - Hensel, K: Perseus-Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Hensel
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sagen sie, ruiniere ihren Jahrgang. Ich sage, ›habt ihr keine Rücklagen‹? Sie sehen mich an, als komme ich aus einer anderen Galaxie. Die Spanier enttäuschen mich. Griechen mit Kastagnetten.«
    Er holte eine fast volle Flasche Cava aus dem Kühlschrank. Roch daran. Verzog angewidert das Gesicht und goss den Inhalt in den Ausguss. Er nahm eine zweite Flasche Evian und goss ihren Inhalt in einen Stahlkessel. Töpfe und Pfannen hingen dekorativ über Messerblöcken, Tonkrügen, Salz- und Pfeffermühlen. Alles wirkte edel, zwanglos – und vollkommen unbenutzt.
    »Haben Sie heute schon Nachrichten gesehen?«, fragte Maria.
    »Diese Geschichte vor Lésbos?«
    »Was halten Sie davon?«
    »Man kann die Griechen gar nicht für so blöd halten, wie sie sind.« Er stellte den Kessel auf das Kochfeld des Induktionsherdes. »Flüchtlinge aus Afghanistan, Somalia, Yemen. Fliehen Tausende von Kilometern. Und die ganze Zeit tragen sie Waffen? Beschießen unsere Soldaten aus einem Flüchtlingsboot? Wer soll dieses Märchen glauben? Das Volk glaubt’s. Zieht durch die Straßen, grölt Nazi-Parolen und macht Jagd auf Ausländer. Ich bin froh, wenn ich meine Zelte wieder abbreche.«
    »Sie wollen weg aus Athen?«
    »Ich zähle die Tage. Inzwischen rieche ich den Müllgestank bis hier oben!«
    Er schüttete Teeblätter in ein Netz und hängte es in eine gusseiserne, japanische Kanne. Maria trank noch ein paar Schlucke Wasser. Sie fühlte sich besser. Ihre Augen sahen klarer. Sie sah, dass Yánnis’ Bewegungen fahrig waren. Als habe er zu wenig geschlafen oder zu viel geraucht.
    »In den Straßen jubeln sie Doukákis zu«, sagte sie.
    »Ein Blender. Machtgeil. Vielleicht für dieses kaputte Land der Richtige.«
    »Der Richtige wofür?«
    In seinem Blick sah sie Gereiztheit. »Sind Sie wirklich so naiv, Maria? Es gibt für dieses Land keine gute Lösung mehr. Der Zeitpunkt ist verpasst.«
    Er arrangierte kleine, mit Rosenmotiven bemalte Tassen und Untertassen, Silberlöffelchen, Stövchen auf einem japanischen Lacktablett.
    »Ich war heute im Ministerium für Bürgerschutz«, sagte Maria. »Bei Ihrer Freundin.«
    »Bei wem?«
    »Der Rothaarigen mit der hyperaktiven Zunge.«
    »Sie ist nicht meine Freundin.«
    »Gestern schienen sie sich sehr zu mögen.«
    »Sie erhofft sich von mir etwas, das ich ihr nicht geben werde.«
    »Sie erhoffen sich nichts?«
    Wieder der gereizte Blick. Er goss das sprudelnde Wasser in die Kanne. Er stellte sie aufs Stövchen und trug das Tablett die Stufen herunter zum Tisch.
    »Und?«, fragte er. »Was wollte sie von Ihnen?«
    »Sie will mir einen Mord anhängen.«
    Er lachte.
    »Ich war vor drei Tagen mit meinem Mountainbike in den Psilorítis-Bergen auf Kreta. Ich habe einen Mann gesehen, einen Stahlkoffer, Blut …«
    »Das weiß ich alles.«
    »Ich war schon gestern erstaunt, wie gut Sie informiert waren.«
    »Ich habe Ihnen schon gestern gesagt, Menschen mit spannenden Geschichten interessieren mich.«
    »Verblüffend viele Menschen interessieren sich dafür. Sie versuchen sogar, die Geschichte noch spannender zu machen. Die Zeitungen drucken Berichte, die mit der Wahrheit nichts zu tun haben. Heute Morgen holen mich Polizisten vom Frühstückstisch. Ich sitze Ihrer Freundin gegenüber –«
    »Herrgott! Sie ist nicht meine Freundin!«
    »Welche Position hat sie im Ministerium?«
    »Unterstaatssekretärin. Ihr Chef ist Panourgiás, seit Ewigkeiten Staatssekretär. Doukákis ist sein sechster Minister.«
    Er arrangierte die Tassen, die Kanne mit dem Stövchen, das Honigglas auf dem Tisch. »Und jetzt, Maria, lassen wir dieses Getratsche mal weg. Reden wir über uns. Was ich für Sie tun kann, was Sie für mich tun können.«
    Er schenkte dunklen, dampfenden Tee in die Tassen. »Ich habe Ihnen ein Angebot gemacht. Ich wiederhole es. Wenn Sie die Informationen haben, die ich brauche, nennen Sie Ihren Preis. Wenn Sie sie nicht haben, sagen Sie, was Sie brauchen, um sie zu beschaffen.«
    Er pustete auf seine Tasse.
    »Angenommen, ich habe die Informationen nicht.«
    »Die dicke Klatschtante erzählt etwas anderes.«
    »Angenommen, ich habe keine Ahnung –«
    »Wenn Sie keine Ahnung hätten, wären Sie jetzt nicht in Athen. Wenn Sie keine Ahnung hätten, hätte das Ministerium Sie nicht vorgeladen.«
    »Ich –«
    »Wenn Sie keine Ahnung hätten, säßen Sie jetzt nicht auf meiner Couch! Verkaufen Sie mich nicht für blöd!!«
    Er räusperte sich. Er machte den Mund auf und wieder zu. »Entschuldigung.

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