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Das Perseus-Protokoll - Hensel, K: Perseus-Protokoll

Das Perseus-Protokoll - Hensel, K: Perseus-Protokoll

Titel: Das Perseus-Protokoll - Hensel, K: Perseus-Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Hensel
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dieser Krankheiten übertragen. Er wollte sich hier nicht länger aufhalten als nötig.
    »Pssst!«
    Nur ein paar Schritte entfernt stand der Mann, auf den er gewartet hatte. Er klopfte sich Blätter von seinem blassgelben Polohemd. Er war etwas größer als Gabriel, die Schultern schmaler, die Hüften breit. Er trug weiße gebügelte Jeans und Tennisschuhe. Gabriel wusste nicht, wann ein Mann schön war. Aber er wusste, wann ein Mann hässlich war. Dieser war hässlich. Wahrscheinlich fand er Gabriel nicht anziehend. Aber in diesem Park war Gabriel seine einzige Hoffnung auf ein paar Augenblicke Lust. Und er hatte den großen Penis. Auf den Penis mussten sie sich einigen.
    Gabriel öffnete seinen Reißverschluss, griff in seinen Slip, ließ das schlaffe Stück Fleisch heraushängen. Er massierte seine Vorhaut und drückte, oberhalb des Hodensacks, auf den Schwellkörper. Der Penis schwoll nicht an, oder nur ein bisschen. Gabriel massierte und drückte, der andere fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Jetzt richtete sich der Penis doch auf, die Eichel leuchtete blauviolett wie ein Bonbon. Der andere trat vor und ging auf die Knie. Er breitete ein Taschentuch über die Erde, um seine Jeans nicht zu beschmutzen. Erst dann öffnete er den Mund. Gabriel packte den Hals, schlug den Kopf gegen den Baumstamm, dreimal, viermal, bis die Schädeldecke knackte. Blut spritzte von der Stirn, aus den Haaren, Gabriel achtete darauf, sich nicht zu bekleckern. Er hielt den Mann am Hals fest, bis er zusammensackte. Gabriel durchsuchte seine Hosentaschen. Er fand Kondome, ein Fläschchen Gleitgel, einen Fahrschein für die Metro – und den Schlüsselbund.
    Er hörte Zweige knacken, schloss seine Hose und zog sich zurück in den Schatten eines Busches. Der albanische Strichjunge. Er fuhr zurück, als er den zuckenden, Blut spuckenden Mann auf der Erde liegen sah. Er blickte sich um. Kniete sich hin, tastete hektisch die Taschen der Jeans ab. Er fingerte am Verschluss der Armbanduhr, steckte sie ein. Er verzog sich ins Gebüsch, der Mann auf der Erde spuckte ein letztes Mal Blut, bevor er tot liegen blieb.
    Gabriel trat auf den Weg. Männer saßen auf Bänken um den Springbrunnen. Bildete er es sich ein, oder starrten sie ihn an? Möglich, sie hatten das Röcheln gehört, das Brechen der Schädeldecke. Aber hier wollte niemand Ärger mit der Polizei. Nicht der Student, der noch bei seiner Mutter wohnte. Nicht der Familienvater, den seine Frau noch im Büro vermutete. Schon gar nicht der Einwanderer ohne Papiere, der hier für ein paar Euro seinen Mund und seinen Unterleib vermietete.
    Auf den Stufen des Záppeions sah Gabriel die Jugendlichen singen und Gitarre spielen. Der Anblick dieser heiteren jungen Leute war ihm unangenehm. Er dachte, dass er in ihrem Alter schon mehr Menschen getötet hatte, als dort zusammen auf den Stufen saßen. Dass er sich einen kleinen Namen gemacht hatte, im Südlibanon, für seine Kompetenz und stille Verlässlichkeit. Er hatte damals viel gelesen, über Waffen und Sprengstoff. Er hatte keine Freunde. Einmal wollte ein Mädchen mit ihm schlafen. Er hatte seine Hose heruntergelassen, die Vorhaut massiert und den Schwellkörper gedrückt. Sie hatte ihn ausgelacht. Er hatte einen Preis gezahlt für das, was er heute war. Welchen Preis zahlten diese Jugendlichen?
    Die Gitarre stimmte eine neue Melodie an. Die Hände eines Mädchens streichelten die Schenkel eines Jungen. Gabriel erkannte die Melodie wieder, vor zwei Tagen hatte er sie in der Ermoú gehört: »Somewhere over the rainbow …« Das Mädchen sang, der Kopf ihres Freundes lag auf ihrer Schulter.
    »Somewhere over the rainbow
    Way up high
    There’s a land that I heard of
    Once in a lullaby.«
    Neben den Jugendlichen lehnte ein Gitarrenkoffer an den Treppenstufen. Gabriel war in seinem Leben schon einigen Männern mit Gitarrenkoffern begegnet. Aber noch nie einem, der in seinem Gitarrenkoffer eine Gitarre transportierte.
    »Somewhere over the rainbow
    Skies are blue.«
    Jetzt küsste das Mädchen den Jungen auf den Mund. Der Anblick machte Gabriel ärgerlich, geradezu wütend. Welches Land? Welcher Regenbogen? Wenn dort alles so viel besser war, warum blieben sie auf den Stufen sitzen? So schlecht konnte es dort ja offenbar nicht sein!
    »And the dreams that you dare to dream
    Really do come true.«
    Er ging weiter. Die Schulter pochte. Die zweite Spritze hatte nicht so lange gewirkt wie die erste. Aber er fühlte den Schlüssel in der

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