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Das Pestkind: Roman (German Edition)

Das Pestkind: Roman (German Edition)

Titel: Das Pestkind: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Steyer
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Wirtschaftsgebäuden grenzte direkt an das Färbertor, das eigentlich kein richtiges Stadttor war und eher wie ein ärmlicher Verschlag wirkte.
    Der alte Paul war einer der wohlhabendsten Färber Rosenheims, hatte sich weit über die Stadtgrenzen hinaus einen Namen geschaffen. Sein Tuch wurde mit Schiffen in weite Teile Bayerns, sogar bis nach Italien transportiert.
    Das Hoftor war geschlossen. Pater Franz öffnete es, trat auf den Innenhof, und sofort kamen ihm gackernd einige Hühner entgegen, die ihn neugierig beäugten. Er verzog angewidert das Gesicht, denn aus den gegenüberliegenden Wirtschaftsgebäuden stieg gelber Rauch auf, und ein undefinierbarer Gestank raubte ihm den Atem. Hastig kramte er ein Tuch aus seiner Tasche und hielt es sich vor Nase und Mund. In der Mitte des Hofes standen einige Holzgestelle, die zum Trocknen des Tuches dienten, jetzt aber leer waren. Kein Mensch war zu sehen, doch aus dem geöffneten Fenster drangen Stimmen nach draußen. Die Mägde und Knechte gingen, trotz der Krankheit ihres Herrn, ihrer Arbeit nach. Wohlwollend bemerkte er diese Tatsache und schritt auf das Wohnhaus zu, das schlicht gehalten war. Paul hätte durchaus die Möglichkeit, sich ein prunkvolles Haus zu bauen, doch er war den Rosenheimer Bürgern sehr zugetan und spendete hohe Summen für die Erhaltung seiner Heimatstadt. Im Winter richtete er Suppenküchen für die Armen ein. Auch dem Kloster hatte er häufig Spenden zukommen lassen, und die Renovierungsarbeiten an der Nikolauskirche, nach dem großen Brand, konnten durch seine Unterstützung schneller durchgeführt werden. Rosenheim würde einen ehrenvollen Bürger verlieren.
    Düsteres Licht empfing Pater Franz in dem engen Flur, und nach altem Fett riechende Luft schlug ihm entgegen.
    Die Küchentür war geschlossen, Stimmen waren jedoch zu hören. Pater Franz klopfte an. Das Gespräch verstummte, und die Tür wurde geöffnet. Fanni, die Küchenmagd, sah ihn verwundert an. Seit er denken konnte, stand die korpulente Frau in Pauls Diensten und war stets fröhlich und guter Dinge. Sie war einen guten Kopf kleiner als er, und ihre braunen Augen lugten unter Schlupflidern hervor.
    Auch an Fanni waren die letzten Monate nicht spurlos vorübergegangen. Graue Strähnen durchzogen ihr schwarzes Haar, und ihren Augen fehlte der Glanz, den er so sehr gemocht hatte. Ihre Lippen umspielte kein Lächeln, schmal und verkniffen kamen sie ihm vor.
    »Pater Franz. Wie schön, dass Ihr uns besuchen kommt.« Sie wischte sich die Hand an einem Küchentuch ab und streckte sie ihm entgegen.
    »Schön, Euch wiederzusehen, Fanni. Wie ich sehe, habt Ihr noch immer alles im Griff.« Er deutete nach draußen.
    Fanni winkte ab.
    »Sie machen, was sie wollen. Wahrscheinlich wird es erst besser, wenn Hans aus Florenz zurückkehrt.«
    Pater Franz nickte. Hans hatte ebenso wie sein Vater das Färberhandwerk ergriffen und ging im Moment bei einem befreundeten Tuchhändler in die Lehre. Sicher würde ein tüchtiger Färber, Händler und Kaufmann zurückkehren, der die Geschäfte genauso gewissenhaft führte wie sein Vater.
    Aber Fannis Miene verfinsterte sich so schnell, wie sie sich aufgehellt hatte.
    »Ihr seid gewiss nicht gekommen, um Euch mit mir zu unterhalten.« Sie deutet die Treppe hinauf.
    »Ich werde nachsehen, ob der Herr wach ist.«
    Pater Franz nickte, hielt sie dann aber am Arm zurück.
    »Steht es denn wirklich so schlimm, wie die Leute sagen?«
    Fanni warf ihm einen langen Blick zu.
    Der Mönch nickte. Sie brauchten keine Worte.
     
    Kurz darauf betrat der Abt das Zimmer des Kranken. Die Vorhänge waren zugezogen, nur wenig Licht drang in den kleinen Raum, und der Geruch von Urin und Kot schlug ihm entgegen. Auf dem Nachttisch brannte eine Kerze, daneben standen eine Schüssel Wasser mit sauberen Leinentüchern, ein Tonkrug und ein Becher. Paul saß aufrecht im Bett. Seine Wangen waren eingefallen, sein Gesicht wirkte grau und fahl, und auf seiner Stirn glänzten Schweißperlen. Nur noch wenige graue Haare waren ihm geblieben, doch er lächelte Pater Franz an und bedeutete ihm, auf dem Stuhl neben dem Krankenlager Platz zu nehmen.
    »Es ist schön, dass Ihr gekommen seid, mein alter Freund«, begrüßte er den Mönch. Weiter kam er nicht, denn ein Hustenfall schüttelte ihn.
    Pater Franz schenkte Wasser in den Becher und reichte ihn seinem Freund. Geduldig ließ der Abt dem Kranken Zeit, zu Atem zu kommen. Als sich der Färber beruhigt hatte, versuchte er zu lächeln.
    »Der

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