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Das Pestkind: Roman (German Edition)

Das Pestkind: Roman (German Edition)

Titel: Das Pestkind: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Steyer
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sagte Marianne.
    »Genau, zerstochen. Überall an die ganze Körper.«
    Friederike hatte sich bereits in ihre Decke gewickelt. Sie war kaum älter als sechzehn Jahre. Ein farbloses Mädchen, mit glatten braunen Haaren und schmalen Lippen. Sie sprach nur wenig, und nachts hörte Marianne sie oft weinen. Friederike war von ihrem Vater an den Offizier Liebknecht regelrecht verkauft worden. Er war gut dreißig Jahre älter als sie und hatte den Ruf, ein grober Liebhaber und prügelnder Ehemann zu sein. Es ging sogar das Gerücht um, er habe seine letzte Gattin erschlagen.
    »Das Wetter hat der Teufel heraufbeschworen«, sagte sie. »Beten sollten wir alle. Beten für ein Ende des Regens. In den Höllenschlund werden wir hinabfahren, ihr werdet schon sehen, Gott straft uns für unsere Sünden.«
    Helene setzte sich auf ihr Strohlager.
    »Was du nur wieder redest, Friederike. Es ist die Jahreszeit. Dort, wo ich herkomme, war es oft schwül. Ich kann mich an Sommer erinnern, da hatten wir jede Nacht Gewitter. Da tobte der Sturm ums Haus, und helle Blitze erleuchteten den Nachthimmel. In den Höllenschlund ist aber niemand gekommen.«
    Marianne blies die Kerze aus.
    »Bei uns in die Normandie hat immer gerochen nach die Meer. Die Wind kam und trug die Salz mit«, sagte Eugenie sehnsuchtsvoll.
    Marianne verstand nicht, wie der Wind das Salz tragen konnte. Salz kam doch aus dem Berg.
    »Ich vermisse das Meer auch«, antwortete Friederike, und zum ersten Mal klang ihre Stimme nicht traurig. »Das Geschrei der Möwen und das Rauschen der Wellen. Nur sehr selten war es schwül oder stickig. Und ich weiß genau, was du meinst, Eugenie. Die Luft schmeckte anders.«
    Leise wurde die Tür geöffnet, und Eleonore huschte in die Kammer. Sie kam wie so oft zu spät, was, wie alle bereits wussten, nur einen einzigen Grund hatte. Dafür, dass sie mit Wilhelm erst verlobt war, waren die beiden schon sehr umtriebig.
    »Na, wie war er denn diesmal? Wenn das nur nicht der Pfarrer mitbekommt«, begrüßte Helene das Mädchen.
    »Wird er schon nicht«, antwortete Eleonore schnippisch. Es war kein Geheimnis, dass Eleonore und Helene sich nicht sonderlich mochten.
    »Da sei dir mal nicht so sicher«, erwiderte Helene. »Er taucht meistens dort auf, wo er nicht vermutet wird. Mit Schimpf und Schande wird er dich fortjagen, wenn er erfährt, was für eine Dirne du bist.«
    Eleonore schnaubte abfällig.
    »Von dir lasse ich mir nicht ins Gewissen reden, Helene. Du bist doch selbst voller Laster – aber im Gegensatz zu mir treibst du dich nicht mit deinem Verlobten herum.« Sie machte eine Pause und lachte. »Ach, ich vergaß. Du hast ja gar keinen.«
    »Das nimmst du zurück.« Helene machte Anstalten, aufzustehen. Doch Marianne hielt sie zurück.
    »Lass es gut sein, Helene, und du auch, Eleonore. Hört doch auf zu streiten. Es ist spät geworden. Die Schwüle macht uns alle noch verrückt. Nächste Woche wird Eleonore Wilhelm ja sowieso heiraten.«
    Helene entspannte sich.
    »Du hast recht, Marianne. Gott im Himmel sei Dank, sie dürfen es in ein paar Tagen ehelich tun.«
    Auch Eleonore lenkte nun ein. Sie grinste.
    »Ehrlich gesagt freue ich mich schon darauf. Es tut mir leid, Helene, ich wollte dich nicht kränken.« Sie setzte sich auf ihr Bett. »Ich weiß manchmal selbst nicht, was in mich gefahren ist. Ich versündige mich bereits, wenn ich ihn ansehe, und sobald er mich anfasst, setzt mein Verstand vollkommen aus.«
    Eugenie lachte.
    »Dann sei glücklich, denn du bekommst die Mann, die du lieben.«
     
    Später am Abend wälzte sich Marianne schlaflos hin und her. Da Eugenie schnarchte, verflog ihre letzte Hoffnung, einschlafen zu können. Irgendwann stand sie auf, griff nach ihrem Kleid, zog sich an, schlüpfte barfuß in ihre Schuhe und verließ das Zimmer. Dämmriges Licht empfing sie im Flur. Leise schlich sie die Treppe nach unten und trat in die weitläufige Eingangshalle. Im Kaminzimmer brannte noch Licht, und laute Stimmen drangen nach draußen. Marianne schlich näher heran und lugte neugierig durch einen Türspalt in den Raum. Carl Gustav Wrangel saß mit einer Gruppe Männer um einen runden Tisch, auch Albert und Claude waren darunter. Soweit Marianne erkennen konnte, waren Pläne vor den Männern ausgebreitet.
    »Die Salzburger sitzen dort drüben in ihren Löchern und warten nur auf uns«, sagte gerade jemand. Ihm wurde lautstark zugestimmt.
    »Der Wasserstand des Flusses ist auch hier zu hoch, und am Ufer ist alles

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