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Das Pestkind: Roman (German Edition)

Das Pestkind: Roman (German Edition)

Titel: Das Pestkind: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Steyer
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das.«
    Marianne versuchte, eine betretene Miene aufzusetzen. Sie wusste nicht, was sie antworten sollte, denn sie hatte keine Ahnung vom Leben einer Marketenderin und deren Sorgen.
    Milli musterte ihren Gast und kicherte.
    »Jetzt guck mal nicht so traurig, Mädchen. Irgendwie bekomme ich das schon wieder hin. Ist ja nicht das erste Mal, dass mir so etwas passiert. Ich muss eben zum alten Peter hinübergehen und mir was leihen. Ich habe noch was gut bei ihm, denn vor ein paar Wochen haben ihm die Diebe sogar fünf Fässer gestohlen.«
    Marianne atmete auf.
    Milli fächelte dem Feuer Luft zu und sah Marianne aufmunternd an.
    »Siehst noch müde aus, Kleines. War eine ereignisreiche Nacht gestern. Ich hole uns ein bisschen Trockenfleisch und Brot. Und gewiss lassen sich noch einige Kräuter für einen starken Tee auftreiben.«
    Sie wandte sich ihrem Karren zu.
    Marianne blieb am Feuer sitzen und kuschelte sich in die Decke. Um sie herum erwachte das Lager zum Leben. Kinder rannten kreischend an ihr vorbei, und Gruppen von Frauen liefen mit Körben voller Wäsche zum Bach hinunter, irgendwo bellten Hunde. Hinter den Feldern waren weit entfernt die Berge zu erkennen.
    Marianne kniff die Augen zusammen, um sie besser sehen zu können. Bei ihrem Anblick musste sie sofort wieder an Anderl denken. Er würde sie gut erkennen können, ganz nah und nicht winzig klein, wenn er sie überhaupt von seiner Gefängniszelle aus sehen konnte, aber vielleicht hatte Pater Franz es ja inzwischen geschafft, und Anderl hatte seine Freiheit wieder. Wenigstens frei sollte er sein, wenn sie schon nicht mehr bei ihm sein konnte.
    »Jetzt guckst du schon wieder so traurig, Kindchen.« Milli, die sich neben sie kniete und eine Blechkanne in die Flammen stellte, riss sie aus ihren Gedanken.
    »Dabei hast du gar keinen Grund, so trübsinnig dreinzublicken, wenn ich da an gestern Abend denke.«
    Marianne errötete.
    Millis Gesichtsausdruck veränderte sich. Ihr Blick wurde ernst.
    »Albert liebt und vergöttert dich regelrecht. Ich habe ihn beobachtet. So hat er noch nie ein Mädchen angesehen. Ihr seid ein hübsches Paar.« Sie reichte ihr ein Stück Trockenfleisch.
    »Wenn er dich nicht heiraten würde, dann könntest du auch bei mir bleiben.« Sie nickte Marianne zu, setzte sich auf einen Baumstumpf neben sie und streckte seufzend ihre Beine aus. »Eine Hilfe könnte ich gut gebrauchen, und ich mag dich, denn du bist anders als die anderen.« Sie deutete auf Mariannes Hände. »Und wie man anpacken kann, weißt du auch.«
    Marianne sah Milli erstaunt an.
    Die Marketenderin lächelte.
    »Deine Hände sind nicht die einer feinen Dame, Kindchen, die haben schon mehr gesehen als feine Handschuhe und Stickarbeit.«
    Sie schob sich ein Stückchen Brot in den Mund.
    »Sicher sucht Helene schon nach dir und wird gleich hier sein.«
    Marianne richtete sich auf. Helene! Davon hatte sie Milli gestern ja gar nichts mehr erzählt.
    Milli erhob sich, zog die Blechkanne aus dem Feuer und füllte zwei Holzbecher mit der dampfenden, nach Pfefferminz duftenden Flüssigkeit. Marianne wusste nicht, wie sie anfangen sollte, immerhin hatte sie Milli neulich belauscht, und das machte man nicht.
    »Sag mal, Milli«, begann sie, »warum wolltest du neulich Friedrich eigentlich keine Hure mehr besorgen?«
    Milli fiel vor Schreck fast die Kanne aus der Hand.
    »Woher weißt du davon?«, fragte sie erstaunt.
    »Ich habe doch Reisig gesammelt und kam gerade zurück, als du ihn fortgejagt hast. Bitte, ich muss es wissen, es ist wichtig.«
    Milli sah Marianne forschend ins Gesicht.
    »Du heckst doch irgendwas aus, Mädchen. Was ist es?«
    Marianne stellte ihren Becher zu Boden.
    »Es geht um Helene. Sie war der Grund dafür, warum ich gestern Abend noch unterwegs war. Ich bin ihr gefolgt, denn sie hatte sich aus dem Haus geschlichen und ist unweit der Stadtmauer mit Friedrich in einer Scheune verschwunden.«
    Milli riss die Augen auf.
    »Und da du ihn weggejagt hast, mache ich mir jetzt Sorgen um sie.«
    Milli reichte Marianne ihren Teebecher und setzte sich wieder auf den Baumstumpf.
    »Die kannst du dir auch machen. Ich hege den Verdacht, dass Friedrich sich mit der Franzosenkrankheit angesteckt hat. Eines meiner Mädchen hat sich ihm verweigert und ist davongelaufen, weil sie einen großen roten Fleck auf seiner Männlichkeit gesehen hat. Damit fängt es immer an, kurze Zeit später bekommen die Kranken Fieber und Ausschlag.«
    Marianne atmete tief ein und

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