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Das Pestkind: Roman (German Edition)

Das Pestkind: Roman (German Edition)

Titel: Das Pestkind: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Steyer
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schmunzeln.
    »Stimmt, ich wollte niemanden heiraten und bin entführt worden.«
    Helene lachte auf.
    »Siehst du, das meine ich. So würden die anderen niemals reden. Ich glaube, das ist auch einer der Gründe dafür, warum sie dich nicht mögen, wenn man mal außer Acht lässt, dass du ihnen die beste Partie des Lagers vor der Nase weggeschnappt hast. Du strengst dich gar nicht an, um irgendwen zu beeindrucken, du bist einfach so, wie du bist.«
    »Wolltest du denn jemanden beeindrucken«, fragte Marianne.
    Helenes Züge wurden schlagartig wieder ernst.
    »Ja, am Anfang schon. Aber es hat nicht funktioniert.«
    Marianne merkte, dass sie einen wunden Punkt getroffen hatte, und wechselte das Thema.
    »Wir sollten weitergehen, sonst gibt es am Ende nichts mehr zu sehen.« Sie deutete nach vorn.
    Helene wischte sich verstohlen die Tränen aus den Augen, während sie Marianne in das kleine Wäldchen folgte.
    Ja, sie hatte jemanden beeindrucken wollen, denjenigen, dem sie gefolgt war, damals vor einer halben Ewigkeit, in einem anderen Leben, aber es hatte nicht sein sollen, und heute war er tot und nur noch eine schmerzliche Erinnerung, die mehr und mehr verblasste. Der Tag, an dem er starb, war so ähnlich wie der heutige gewesen, warm und sonnig, doch er endete mit einem Gewitter und der Erkenntnis, wie vergänglich das Leben und die Liebe waren.
     
    Der Blick über den Fluss war atemberaubend. Marianne hatte nicht übertrieben damit, dass dieser Platz wunderschön war. Sie konnten über die ganze Stadt blicken und über die sanften Hügel und Wälder, durch die sich das grüne Wasser schlängelte. Sie standen auf einer winzigen, kaum einsehbaren Lichtung unter halbhohen Birken, die umgeben waren von vielen Glockenblumen. Der Ort hatte etwas Magisches an sich, sofort wurde man ruhig und seltsam schwermütig. Kein Wunder, dass Marianne gern hierherkam, dachte Helene und ließ ihren Blick über die Landschaft schweifen.
    Marianne deutete zum Flussufer hinunter, das direkt an die Stadt grenzte. Oberhalb der ehemaligen Brücke hatten die Männer bereits einen fast fertigen Übergang mit den flachen Holzflößen geschaffen, die mit Brettern verbunden waren, auf die nun langsam Karren und Pferde gebracht wurden. Es gab drei unterschiedliche Brückenstränge, die parallel zueinander verliefen.
    »Die Ersten haben es gleich geschafft.« Helene deutete auf den vordersten Strang, wo die Männer die nächsten Planken zu einem weiteren Floß legten.
    Marianne nickte. Es war spannend, die Arbeiten zu verfolgen. Überall auf den Flößen wimmelte es von Männern, es mussten Hunderte sein. Waffen und Karren standen auf dem einen oder anderen Floß, und sogar schwere Kanonen wurden auf diese Weise transportiert. Es war unglaublich und sah so einfach aus, was es in Wirklichkeit gewiss nicht war.
    »Was wollen die Truppen eigentlich auf der anderen Seite machen«, fragte Marianne, der im selben Moment die Antwort einfiel.
    »Sie werden die Kaiserlichen weiterverfolgen, so ist jedenfalls der Plan. Allerdings weiß ich nicht, wie Wrangel und Turenne das machen wollen, denn mit dem ganzen Tross können wir niemals den Fluss überqueren. Vielleicht schickt er nur einige Regimenter und lässt uns hier, das wäre am sinnvollsten.«
    Staunend sah Marianne Helene an. Ihre Freundin schien sich mit Kriegsführung auszukennen, was gewiss nicht jede der Damen im Feldherrenhof von sich behaupten konnte.
    »Du weißt aber eine ganze Menge darüber.« Gespannt beobachtete Marianne, wie ein Planwagen behutsam auf eines der Flöße geschoben wurde. Vor ihn waren zwei große Pferde gespannt, die unruhig tänzelten. Die Männer schienen größte Mühe damit zu haben, die Tiere zu beruhigen.
    Helene zuckte mit den Schultern.
    »Man kriegt eben so manches mit, wenn man eine Weile hier ist, und ich interessiere mich nicht immer für die Gespräche der Damen.«
    Marianne grinste.
    »Also belauschst du die Männer.«
    Ein lauter Donnerschlag unterbrach ihr Gespräch. Erschrocken blickten die beiden auf den Fluss. Ein weiterer Schlag ertönte und noch einer. Zwei Flöße zerbarsten, von schweren Kanonenkugeln getroffen. Eine Gruppe Männer stürzte ins Wasser. Erschrocken schauten die beiden Frauen zum anderen Ufer, an dem zahlreiche uniformierte Männer mit Musketen auftauchten und das Feuer eröffneten. Sofort gingen die Männer auf den verbliebenen Flößen, soweit es ihnen möglich war, in Deckung. Viele Männer, die meistens zur einfachen Infanterie

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