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Das Pesttuch

Das Pesttuch

Titel: Das Pesttuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: brooks
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daran, die arme Ma g gie vom Karren in die Kate zu schaffen. Man sah i h nen an, dass sie dazu alle Kräfte aufbieten mussten, denn Maggie war kaum bei Bewusstsein und hatte keinerlei Kontrolle über ihre Gliedmaßen. Mister Mompellion ging hinter ihr in die Hocke und fasste sie mit beiden Armen um die Brust, während Jakob ihre massigen Beine packte. In dem Versuch, die demütigende Situation zu entschärfen, redete der Herr Pfarrer beschwichtigend auf die arme Maggie ein, während er sie zusammen mit Merrill in das Häuschen hievte. Drinnen saß der inzwischen saub e re junge Brand in eine raue Decke gewickelt vor dem Feuer. Jakob Merrills Tochter Charity reichte ihm einen dampfenden Becher Hammelsuppe, den er so fest mit beiden Händen packte, dass ich dachte, er könnte zerbrechen. Charity hielt eine Decke als Vo r hang vor, während ich Maggies besudelte Kleider auszog und sie badete. Inzwischen kauerte Mister Mompellion neben Brand und erkundigte sich, was passiert sei.
    Durch Stoney Middleton waren sie offensichtlich ohne Zwischenfälle gekommen. Die Leute dort ha t ten zwar sichere Distanz gewahrt, ihnen aber im V o rübergehen alles Gute gewünscht und am Meile n stein ein Paket mit Haferkuchen und einen Krug Bier hinterlegt. Im weiteren Straßenverlauf hatte ihnen ein Bauer erlaubt, nachts zwischen seinen Kühen im warmen Schober zu schlafen. Zu Schwierigkeiten war es erst in der größeren Ortschaft Bakewell g e kommen. Bei ihrer Ankunft kurz vor Mittag war dort Markttag, und die Straßen waren dicht bevölkert. Plötzlich hatte jemand Maggie erkannt und lauthals losgebrüllt: »Eine Frau aus dem Pestdorf! Aufg e passt ! Aufgepasst!«
    Brand erschauerte noch jetzt. »Himmelvater, ve r zeih, aber ich bin fortgerannt und hab sie im Stich gelassen. Bin schon als kleiner Bub aus Bakewell fort. Seither hab ich mich so verändert, dass mich keiner mehr erkennen würd. Wenn ich nicht bei Maggie bin, dacht ich, kam ich vielleicht doch heil zu meinen Verwandten.« Aber Brand war noch nicht weit gekommen, da trieb ihn sein eigenes gutes Herz wieder zurück. »Ich konnte die Leute schon brüllen hören und musste unbedingt wissen, ob sie in S i cherheit war. Sie ist in diesem harten Haus gut zu mir gewesen. O ja, ein - oder zweimal hat sie mir schon eine mit ‘nem Holzlöffel übergezogen, wenn ihr meine Arbeit nicht passte, aber sie hat sich auch oft für mich eingesetzt. Deshalb bin ich wieder z u rückgeschlichen und hinter einem Gemüsestand rausgekommen. Dann sah ich, was los war. Die ha t ten alle verdorbenen Äpfel, die schon im Schwein e trog lagen, rausgeholt und warfen sie auf Maggie. Dabei plärrten sie lauthals los und johlten: › Raus! Raus! Raus! ‹ Und glaubt mir, sie versuchte, so schnel l’ s ging, rauszukommen, aber ihr wisst ja, schnell bewegen tut sie sich nicht. Und bei dem ga n zen Geschrei kam sie ganz durcheinander und sto l perte erst in die eine Richtung und dann in die and e re. Jetzt bin ich zu ihr hin und hab sie am Arm g e packt. Und dann haben wir die Beine untern Arm genommen, während die uns weiter beworfen haben. Und dabei ist sie wohl unter ‘nen schlechten Stern geraten. › Himmelvater hilf ‹ , sagte sie, › ich komme mir vor, als hätte ich ein bleiernes Schwein am Fuß. ‹ Und das war dann auch schon das Letzte, was ich von ihr hörte. Mitten auf der Straße ist sie zusa m mengebrochen. Und das hat die Meute noch mehr in Fahrt gebracht. Ein, zwei Kinder fingen sogar an, mit Steinen zu werfen, und ich dachte, wenn die jetzt alle damit anfangen, sind wir erledigt.
    ‘s wird Ihnen nicht recht gefallen, Hochwürden Mompellion , wenn ich erzähle, was ich dann mac h te. Ich hab vom nächsten Stand den Karren geklaut und irgendwie die Kraft gefunden, sie hinaufzubu g sieren. Der Händler hat mich zwar in die Hölle g e wünscht, ist mir aber nicht nach. Vielleicht dachte der, ich hätt schon beim Berühren den Karren verpe s tet. Seither sind wir unterwegs. Hatte Angst anzuha l ten, ehrlich. Sonst hätt sich vielleicht noch ‘ne Meute angesa m melt, um uns zu holen.« Jetzt zitterte er vor Erschö p fung und begann, heftig zu schluchzen.
    Michael Mompellion legte dem schwer atmenden Jungen einen Arm um die Schultern und drückte ihn an sich. »Brand, du hast ganz richtig gehandelt, selbst als du den Karren genommen hast. Mach dir deshalb keinen Kummer mehr. Wenn diese Plage vorbei ist, kannst du ihn ja vielleicht eines Tages z u rückgeben. Aber bis dahin denke nicht mehr

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