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Das Pestzeichen

Das Pestzeichen

Titel: Das Pestzeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zin meister Deana
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Stirn.
    Der ältere Mann hieß Thomas und war der Vater von Johannes. Sein Schädel war bis auf einen lichten Kranz grauer Haare kahl. Er lud Markus und Jeremias ein, zum Abendessen zu bleiben. »Es ist nicht viel«, sagte er, »aber wir teilen gern mit euch.«
    Jeremias und Markus folgten ihnen zur Kirche. Während Vater und Sohn hineingingen, blieb Jeremias an der Türschwelle stehen. Er scheute den Schritt in den Pestsaal, aus dem unerträglicher Gestank strömte. Markus spürte sein Zögern.
    »Machst dir wohl in die Hosen«, spottete er und drängte sich an ihm vorbei.
    Jeremias wollte den Hohn nicht auf sich sitzen lassen und folgte ihm ins Innere, wo Johannes begann, den Kirchenraum mit Weihrauch auszuräuchern.
    »So entweicht der Schrecken der Pest«, sagte Thomas und betete laut, während sein Sohn den Weihrauchbehälter hin und her schwenkte.
    Jeremias und Markus setzten sich zögernd an die Feuerstelle, die an der langen Außenwand eingelassen war. Dort hing über glimmender Glut ein großer eiserner Topf, in dem Suppe köchelte.
    Während Markus misstrauisch Vater und Sohn beobachtete, spürte Jeremias, wie ihm übel wurde. Der Gedanke, in dem Raum zu sitzen, in dem Menschen zuvor an der Pest gestorben waren, machte ihm Angst. Er glaubte mit jedem Atemzug die Seuche in sich aufzunehmen, sodass er kaum zu atmen wagte. Der Geruch des Essens verstärkte sein Unwohlsein. Kalter Schweiß sammelte sich auf seiner Stirn.
    Nachdem der Weihrauch den Pestgestank überdeckt hatte, reichte Thomas trockenes Brot und füllte jedem einen Holznapf mit der dünnen Gemüsesuppe. Während er die Näpfe verteilte, sagte er: »Mein Bruder Elias hat vor seinem Tod diese Suppe aufgesetzt. So als ob er ahnte, dass wir kommen würden.«
    Als Jeremias das hörte, sprang er auf und schnaufte: »Ich muss hier raus.«
    »Trink einen Becher Wein, der betäubt deinen Gaumen«, lachte Markus hinter ihm her.
    »Was hat er?«, fragte Thomas stirnrunzelnd.
    »Einen schwachen Magen«, grinste Markus und löffelte seine Suppe, während Jeremias wie von Geistern getrieben den Kirchenraum verließ.
    »Woher kommt ihr?«, wollte Thomas von Markus wissen, der statt einer Antwort nur zischte: »Das geht dich nichts an.«
    Vater und Sohn blickten erschrocken auf.
    »Warum so unfreundlich?«, fragte Thomas und lächelte.
    »Du gehst mir mit deinen Fragen auf die Nerven«, schnauzte Markus und stellte die Schüssel neben sich. Seine Hand glitt zu seinem Messer, das er am Gürtel trug. »Reize mich nicht und lass mich in Ruhe!«
    Markus spürte, wie der Zorn sich seines Gemüts bemächtigte. An jedem anderen Ort hätte er in seiner Wut sein Messer gezückt. So aber nahm er den Napf wieder hoch und schlürfte wortlos seine Suppe.
    Thomas war der Griff zum Messer nicht entgangen. Er bedauerte nun, die Fremden zum Bleiben aufgefordert zu haben, weil er gehofft hatte, die Männer würden ihn von seiner Trauer ablenken. Jetzt machte er sich Sorgen. Der eine verhielt sich sonderbar, und der andere war gewalttätig. Am liebsten wäre er sofort aufgebrochen, doch da er sich in dieser Gegend nicht auskannte, scheute er die Fahrt in der Dunkelheit. »Wir werden morgen in aller Frühe aufbrechen«, flüsterte er seinem Sohn zu.
    Markus hatte aufgegessen und blickte Vater und Sohn scharf an. »Warum hat dein Bruder die Kranken hierher gebracht? Wusste er nicht, dass die Pest ansteckend ist?«, fragte er.
    Thomas wollte Markus nicht reizen. Er seufzte und erklärte bitter: »Natürlich wusste er das, schließlich war er Bader. Ich habe ihn gewarnt, aber er wollte nicht auf mich hören. Elias glaubte, dass er sich durch Kräuter vor Ansteckung schützen könnte, doch wie wir jetzt wissen, irrte er sich. Jeder weiß, dass der Leidensweg eines Pestopfers nur wenige Tage dauert, in denen der Kranke jedoch große Qualen ertragen muss. Elias hätte die fremden Händler herbringen und sie ihrem Schicksal überlassen sollen, so wie es früher hier geschehen ist. Doch er wollte ihre Qualen lindern, indem er ihnen die Beulen aufschnitt.« Thomas sprach erregt, und seine Augen wurden feucht.
    »Vater, gräme dich nicht«, versuchte Johannes den Alten zu trösten und legte ihm besänftigend eine Hand auf den Arm.
    »Ich hätte ihn aufhalten sollen«, flüsterte Thomas und versuchte die Tränen zurückzudrängen, die über seine Wangen liefen.
    »Was geschah in den Jahren zuvor?«, fragte Markus und wies in die Kirche. Thomas wischte sich übers Gesicht und erklärte: »In

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