Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Pestzeichen

Das Pestzeichen

Titel: Das Pestzeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zin meister Deana
Vom Netzwerk:
schüttelte den Kopf.
    Susanna blickte schüchtern die beiden Menschen an. Sie hatte das Gespräch nicht verstanden, da sich die Blatters in ihrer Schweizer Muttersprache unterhielten. Doch seine Lautstärke und das Weinen der Mutter machten Susanna bewusst, dass Urs’ Eltern sich stritten. Wegen der bösen Blicke, die Blatter Susanna zuwarf, wusste sie, dass es dabei um sie ging.
    »Aber unser Sohn …«, weinte Barbli erneut und hielt flehentlich die Hände in die Höhe. Nun konnte auch Jaggi seine Fassade nicht mehr aufrechterhalten. Er setzte sich auf einen Stuhl und schlug sich die Hände vors Gesicht.
    »Ich werde den Kurfürsten bitten, ob ich nachkommen kann«, sagte Jaggi leise, als hinter Susanna eine Stimme auf Deutsch sagte: »Ich werde mit euch ins Land an der Saar gehen und helfen, den Jungen zurückzuholen.«
    Erschrocken drehte sich Susanna um und glaubte in Urs’ Augen zu blicken. Ein unbekannter Mann stand hinter ihr und schien das Ebenbild von Urs in gereiftem Alter zu sein. Er hatte die gleichen rostfarbenen Haare, die ihm leicht gewellt bis auf die Schultern fielen.
    Mit bernsteinfarbenen Augen blickte er Susanna kritisch an. »Wie heißt du, mein Kind?«, fragte er sie auf Deutsch.
    »Susanna«, stammelte sie verunsichert.
    Er wandte seinen Blick Barbli zu und bat: »Bitte gib Susanna zu essen. Sie muss sich stärken, wenn wir zurück nach Westrich wollen.«
    »Aber Bendicht, du bist erst letzte Nacht nach einer beschwerlichen Reise aus der Schweiz hier in Trier angekommen«, gab sein Bruder Jaggi zu bedenken.
    Bendicht schmunzelte. »Uns trennen nur wenige Jahre, also mach aus mir bitte keinen Greis, Jaggi. Ich denke, dass ich euch nützlich sein kann, denn schließlich wird Urs beschuldigt, die Pest über die Menschen bringen zu wollen. Vielleicht kann ich ihnen die Ängste nehmen.«
    Barbli blickte ihren Schwager dankbar an, und Jaggi nickte. »Ich werde sofort zum Kurfürsten gehen und ihn bitten, mir ein paar Tage Aufschub zu geben.«

Kapitel 36
    Jaggi Blatter stand vor dem Schreibtisch im Kurfürstlichen Palais, hinter dem der Erzbischof und Kurfürst saß. Mit ernster Miene erzählte er dem Regenten vom Schicksal seines Sohnes. Karl Kaspar von der Leyen hörte ihm aufmerksam zu.
    »So wie Ihr sagt, will Euer Sohn ebenfalls in meinen Dienst eintreten, aber weil er diesem Mädchen helfen wollte, ist er nicht erschienen?«, fragte der Kurfürst ernst.
    »So ist es, Eure Eminenz!«
    »Und im Augenblick sitzt er in einem Kellerloch in Westrich fest, weil man ihn des Giftanschlags auf den Ort Gersweiler beschuldigt?«
    Blatter atmete leise schnaufend aus und nickte. Er fühlte sich erbärmlich, denn in seinen Ohren klang die Geschichte überspannt. Trotzdem versuchte er seinen Sohn ins rechte Licht zu rücken und erklärte mit gedämpfter Stimme: »Dieser Verdacht ist ein Absurdum. Urs würde niemals auch nur den Gedanken an solch eine Tat hegen.«
    »Ihr seid von der Unschuld Eures Sohnes überzeugt?«
    »Wenn nicht ich, sein Vater, wer dann?«, fragte Blatter und konnte nur noch mit Mühe seine starre Haltung bewahren.
    »Sollte es nicht ein Muss sein, dass Eltern ihren Kindern vertrauen?«, stellte der Erzbischof fest und zog eine Augenbraue in die Höhe.
    »Ich kann nicht für andere sprechen, Eure Eminenz, doch ich kann für meinen Sohn sprechen. Urs ist in seinem Innern nicht einmal ein Soldat, sondern ein Heiler. Er will Leben retten, nicht vernichten.«
    »Warum will er Soldat werden?«, fragte von der Leyen erstaunt.
    »Weil ich es so will«, antwortete Blatter. »Die Tradition meiner Familie fordert es.«
    »Unfug!«, erwiderte der Erzbischof. »Man soll das machen, wozu man sich berufen fühlt. Wenn es nach meiner Familientradition gegangen wäre, wäre ich heute Amtmann.«
    Blatter blickte den Regenten überrascht an. Karl Kaspar von der Leyen hingegen beachtete seinen Blick nicht, sondern stand auf und trat hinter seinem mächtigen Schreibtisch hervor. Nachdenklich ging er vor Blatter auf und ab und tippte sich dabei mit dem Zeigefinger der linken Hand auf die Lippen.
    Jaggi Blatter beobachtete den kräftigen, stark gebauten Mann, dessen dunkel gewelltes Haar auf dem Kragen seines Umhangs auflag. Er wusste, dass der Kurfürst erst seit dem zwölften März dieses Jahres von Papst Innozenz X. in seinem Amt als Erzbischof bestätigt worden war und im September die Bischofsweihe erhalten würde.
    Bevor Blatter sich mit seiner Familie aufgemacht hatte, um unter von der Leyen in Trier

Weitere Kostenlose Bücher