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Das Pestzeichen

Das Pestzeichen

Titel: Das Pestzeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zin meister Deana
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Hilfe meines Vaters werde ich aus dem Loch herauskommen.
    –·–
    Jaggi Blatter hatte seinem Bruder für den Ritt nach Gersweiler sein dunkelbraunes prächtiges Pferd anvertraut, da Bendicht nur eine alte Mähre besaß, die zudem von der langen Reise aus der Schweiz nach Trier so erschöpft war, dass sie sich kaum auf ihren vier Beinen halten konnte. Mit zwei kräftigen Schlachtrössern würden Bendicht und Susanna die Strecke nach Westrich schnell schaffen.
    Bendicht und das junge Mädchen waren schon seit vielen Stunden unterwegs, und der Tag neigte sich langsam seinem Ende zu. Ihren Pferden schien der schnelle Galopp nichts auszumachen, denn unermüdlich liefen sie mit weit ausholenden Hufschlägen vorwärts. Als die Nacht hereinbrach, ließ Bendicht sein Pferd in langsamen Trab fallen, um sich nach einem Rastplatz umzusehen. Susanna zügelte Dickerchen ebenfalls und rief dem Oheim zu, dass sie auf der Hinreise unter einer alten Eiche genächtigt habe, von der man die Umgebung gut einsehen konnte.
    »Der Baum muss nicht weit von hier stehen«, erklärte sie, und Bendicht entschied, den Platz erneut zu nutzen.
    Nachdem die Pferde jeweils an einem Pflock festgebunden waren, fraßen sie schnaubend das dürre Gras. Bendicht und Susanna setzten sich unter das Blätterdach der Eiche und packten die Wegzehrung aus, die ihnen Barbli mitgegeben hatte. Hungrig biss Susanna in das gebratene Geflügelfleisch, als sie Bendichts Blick auf sich spürte und aufsah.
    Er lächelte sie an und sagte: »Ich frage mich, warum dieser Jeremias solch eine Lüge über meinen Neffen verbreitet hat. Was muss geschehen, dass man einen unschuldigen Menschen einer solch entsetzlichen Tat beschuldigt?«
    Susanna verspürte schlagartig keinen Hunger mehr und legte das angeknabberte Hühnerbein zur Seite.
    Als sie den Blatters die Verhaftung ihres Sohnes geschildert hatte, hatte sie den Teil der Wahrheit über sich und die magischen Schriften verschwiegen. In der Aufregung wollte allerdings niemand wissen, welche Rolle sie bei dem Geschehen spielte, und sie vermied es tunlichst, darauf hinzuweisen.
    Da Susanna seine Frage nicht sofort beantwortete, mutmaßte Bendicht: »Vielleicht habe ich mich in meinem Neffen getäuscht, und er ist tief in seinem Innern ein schlechter Mensch.«
    Susanna hob abwehrend die Hände in die Höhe. »Nein, nein!«, rief sie leidenschaftlich. »Urs ist ein feiner Mensch! Der netteste, den ich kenne und der keinem Menschen und keinem Tier ein Leid zufügen könnte. Weil er so ist, wie er ist, will ich ihm helfen, und deshalb bin ich nach Trier geritten, um seinen Vater zu finden.«
    Bendicht nickte erleichtert: »Ich bin beruhigt, dass ich mich in Urs nicht getäuscht habe, doch beantwortet das nicht meine Frage, warum Jeremias ihn dieses Frevels beschuldigt.«
    Susanna wäre vor Scham am liebsten im Boden versunken. Doch sie wusste, dass es an der Zeit war, den wahren Grund zu erzählen, warum sie in diese missliche Lage geraten war und Urs mit hineingezogen hatte.
    Während sie von der Ermordung ihrer Familie und den magischen Schriften erzählte und auch beichtete, dass sie Urs bei der Schatzsuche hatte ausnutzen wollen, weil er das gleiche Geburtsdatum wie der Heiland hatte, schwieg Bendicht. Erst als sie geendet hatte, murmelte er nachdenklich: »Nun ergibt alles einen Sinn.«
    »Es tut mir leid, dass ich Urs in solch eine Lage gebracht habe. Mein schlechtes Gewissen ist so groß, dass ich alles tun würde, damit ich wieder ruhig schlafen kann.«
    »Nur deshalb?«, fragte Bendicht.
    Susanna blickte fragend auf. »Ich verstehe nicht«, gab sie offen zu.
    »Nur damit du wieder ruhig schlafen kannst, willst du Urs helfen?«, erklärte er seine Frage, und Susanna nickte. »Vielleicht gibt es noch einen anderen Grund«, sagte Bendicht geheimnisvoll lächelnd, bevor er sich zur Ruhe unter die Eiche legte.
    –·–
    Jeremias öffnete die Augen und musste sich im selben Augenblick erbrechen. Da er seit seiner Heldenfeier im Wirtshaus nichts mehr gegessen hatte, kam helle, rötliche Galle hoch, und schon bald konnte er nur noch würgen. Sein Atem ging pfeifend, und sein Schädel dröhnte. Auch schmerzten die Augen vom Licht der aufgehenden Sonne, sodass er sich mit den Händen schützen wollte. Als er die Arme hob, peinigten ihn die Beulen in den Achselhöhlen. Er stöhnte laut auf. Mit den Fingerspitzen befühlte er die Knoten unter den Armen, die dick und hart waren. Zaghaft strich er sich über den Hals und spürte

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