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Das Pestzeichen

Das Pestzeichen

Titel: Das Pestzeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zin meister Deana
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und die Schuhe der Verurteilten gewinne, die du haben willst, muss ich nicht betrügen. Du kannst eben nicht knobeln. Vielleicht sollte ich eine Knobelschule eröffnen und es dir beibringen.«
    Nun lachte sogar der Verlierer, und Urs trat hinter die Männer. Wegen der Hüte und der Kleidung, die sie trugen, vermutete er, dass es sich um Soldaten handelte.
    Einer der Männer musterte den Jungen und rief ihm zu: »He, Bub, geh los und bring jedem von uns ein Bier.« Er griff in seine Tasche und warf Urs eine Münze zu, die er mühelos auffing. »Beeil dich, denn gleich geht es los.«
    »Eine neue Würfelrunde?«, fragte Urs neugierig.
    »Nein, die Hinrichtung.«
    Im selben Augenblick stand ein anderer aus dem Würfler-Grüppchen auf und rief mit einem Fingerschnippen zwei Männer zu sich, die abwartend in der Nähe des Galgenbaums gestanden hatten. Die wussten, was zu tun war, und stellten eine lange Leiter gegen den Henkersbaum. Während einer die Leiter an den unteren Sprossen festhielt, kletterte der andere hinauf und schnitt die Seile durch, an denen die Leichen hingen. Als die Toten zu Boden plumpsten, applaudierten die Menschen und riefen: »Gottes Wille.«
    Anschließend kletterte der Mann die Leiter herunter und warf zusammen mit seinem Helfer die Toten auf eine Karre, die sie von der Richtstätte fortzogen.
    »Jetzt ist wieder Platz«, rief einer der Soldaten, woraufhin die anderen johlten. Urs blickte die Männer erschrocken an.
    »Was glotzt du? Geh Bier kaufen.«
    Urs nickte und lief los, um kurz darauf mit vier Bierkrügen zurückzukommen. Als er dem Mann das Rückgeld reichen wollte, winkte der ab. »Behalte es und kauf dir ebenfalls ein Bier, damit aus dir ein Mann wird.«
    Wieder grölten die vier Soldaten, sodass Urs sich verlegen bedankte und das Geld einsteckte.
    Unerwartet setzte Trommelwirbel ein. Die Menschen verstummten, und die Soldaten fluchten leise. »Falscher Zeitpunkt«, murmelte einer und nahm rasch einen kräftigen Zug Bier. Nur widerwillig ließ er seinen halbgefüllten Krug auf dem Fass zurück und blickte mit mürrischem Gesichtsausdruck zu der Menschenansammlung, die sich plötzlich teilte, sodass eine Gasse entstand.
    Schon bald war das Poltern von Wagenrädern zu hören, das stetig lauter wurde. Ein Fuhrwerk näherte sich langsam, auf dem die drei verurteilten Mörder und Diebe in einem Käfig angekettet standen. Das Gemurmel der umstehenden Menschen wurde laut und schwoll zu Gebrüll an. Als der Karren an den Leuten vorbeikam, spuckte manch einer angewidert auf den Boden, andere beschimpften die Todgeweihten, und einige warfen mit Essensresten nach ihnen.
    Die Körper der Verbrecher waren ebenso wie ihre Gesichter von Folter gezeichnet. Aus Wunden an Rumpf, Beinen und Händen blutend, standen sie gebeugt in dem Käfig und blickten mit schmerzerfüllten Mienen um sich.
    Der Wagen hielt vor der Hinrichtungsstätte, wo die vier Soldaten warteten. Als einer von ihnen die Tür des Käfigs öffnete, drängten mehrere Menschen nach vorn, um die Gefangenen herauszuzerren. Die Soldaten hielten sie mit Lanzen zurück. Zwei Männer, die hinter dem Fuhrwerk hermarschiert waren, blickten die ungestümen Menschen scharf an.
    »Es wage niemand, das Amt des Henkers zu übernehmen!«, rief laut ein Mann, der in kostbares Gewand gekleidet war und als Letzter den Hinrichtungsplatz erreichte. Sofort verstummte das Gebrüll, und die Menschen wichen einige Schritte zurück. Der Richter trat vor, stellte sich vor die Gefangenen und verlas die Anklageschrift. Dann folgte der Pfarrer, der für die Verurteilten laut betete.
    Von Schmerz gekrümmt, hörten die drei Männer ihm zu. Einer betete leise, ein anderer wimmerte, und der dritte blickte stumm zu Boden.
    Die Gesellen des Henkers stellten die Leiter an, damit der Scharfrichter hinaufsteigen konnte. Nachdem er die drei Stricke, die er mit sich führte, am rechten Ast festgebunden hatte, drängte einer der Henkersgesellen den ersten Verurteilten zur Leiter.
    »Ich bin unschuldig!«, schrie der mit bebender Stimme.
    Unter dem schadenfrohen Gegröle der umstehenden Menschen wurde der Mann mit einem heftigen Stoß die Leiter hinaufgescheucht. Als er die oberste Sprosse erreicht hatte, legte der Henker, der auf dem Ast saß, ihm die Schlinge um den Hals und stieß ihn von der Stiege. Der Körper des Mannes zappelte einige Augenblicke, dann erschlaffte er und baumelte leblos hin und her. Auch der zweite Mann wurde die Stiegen der Leiter hochgeprügelt und

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