Das Pestzeichen
zu.
»Nach Eppelborn«, murmelte die Bäuerin und schüttelte den Kopf. »Das kann ich dir nicht sagen, Mädchen.«
»Wer könnte mir weiterhelfen?«
Wieder überlegte die Frau. »Vielleicht der Müller. Zu ihm kommen viele Menschen aus der Umgebung, um das Korn mahlen zu lassen.«
»Wo finde ich ihn?«
»Am Köllerbach steht seine Mühle«, sagte sie und wies Susanna die Richtung. Das Mädchen bedankte sich und führte das Pferd an der Frau vorbei, als die sagte: »Herr im Himmel! Ist das ein mächtiges Pferd. Dass du zarte Person darauf reiten kannst!«
Susanna lächelte und nickte.
»Von dem Fleisch könnte sich unser Ort eine Woche lang ernähren«, murmelte die Bäuerin. Susanna blickte die Frau entsetzt an. Ohne ein weiteres Wort schwang sie sich auf den Rücken des Pferds und trabte in die Richtung, in der die Mühle stehen sollte.
Der Müller hievte Mehlsäcke von einem Karren auf einen anderen, als Susanna absaß.
»Grüß dich, Müller!« rief Susanna freundlich. »Kannst du mir sagen, wie ich nach Eppelborn gelange?«
Der Mann war über und über mit Mehl bestäubt, sodass seine schwarzen Pupillen gespenstisch aus dem hellen Gesicht hervorstachen. Ohne mit der Arbeit aufzuhören, erklärte er: »Viele Wege führen nach Eppelborn.«
»Welcher ist der kürzeste?«
Der Müller zuckte mit den Schultern. »Ich denke, dass sie gleich lang sind.«
Susanna stöhnte innerlich auf. »Welcher ist einfach zu reiten?«
Wieder zuckte er mit den Schultern. »Mit diesem Gaul sind alle Wege kein Problem.« Ächzend hievte er den nächsten Sack auf seinen Rücken und schleppte ihn zum Fuhrwerk. »Ich würde über Lebach reiten«, erklärte er schließlich und klopfte sich den Mehlstaub von den Händen, sodass ihn eine weiße Wolke einhüllte. »Was willst du in Eppelborn?«
»Ich suche Arbeit«, erklärte Susanna.
»Da könntest du Glück haben, denn in Eppelborn soll es eine Hochzeit zwischen den Herrschaften von Löwenstein und denen von Buseck geben. Ich könnte mir vorstellen, dass Mägde gesucht werden.« Er betrachtete das Pferd. »Wenn du den Gaul verkaufen würdest, könntest du einige Zeit von dem Geld leben.«
Susanna glaubte seinen Blick deuten zu können, der dem der Bäuerin glich, die beim Anblick des Wallachs an Braten gedacht hatte. Gereizt erklärte sie: »Ich möchte nur schnellstmöglich nach Eppelborn. Bitte weise mir den Weg, damit ich losreiten kann.«
»Wie ich sagte, viele Wege führen dorthin. Willst du über Habach reiten, dann musst du am Ende von Heusweiler rechts abbiegen. Soll dein Weg dich über Lebach führen, reite immer geradeaus weiter und bieg an der Lebacher Mühle am Bach Theel erneut rechts ab.«
»Wie gelange ich aus Heusweiler hinaus?«
Der Müller wies mit dem Kinn die Richtung und fügte hinzu: »Am Nachmittag müsstest du in Eppelborn sein.«
Sie bedankte sich, saß auf und ritt den staubigen Weg aus Heusweiler hinaus. Dort hielt sie kurz inne und entschied sich, den Weg über Habach zu nehmen.
Susanna hielt an einem Bach an, sodass Ross und Reiterin sich laben konnten. Als sie aufblickte, sah sie ein Kind, das Wiesenkräuter pflückte. Susanna wischte sich die Wassertropfen vom Kinn und rief dem Mädchen zu: »Wie weit ist es bis Eppelborn?«
»Siehst du die Türme dort hinten?«, rief das Kind zurück. »Das ist Schloss Eppelborn. Es steht inmitten des Ortes.«
Susanna dankte, saß wieder auf und ritt auf das Schloss zu. Von Nahem glich der Bau mehr einer Burg. Eine Ringmauer umschloss mehrere Gebäude sowie zwei Türme, die durch einen Querbau verbunden waren. Außerhalb wurde die Mauer von Wasser umspült, was zusätzlichen Schutz bot. Das Schloss schien seine besten Tage bereits hinter sich zu haben. Susanna erkannte, dass die Gebäude in keinem guten Zustand waren. Zögernd saß sie ab und ging mit dem Pferd am Zügel auf einen Mann zu, der vor dem Tor Wache stand. Er schien einem Riesen gleich und mindestens zwei Köpfe größer als Susanna zu sein.
»Sei gegrüßt«, sagte sie und blickte zu ihm hoch. »Ich muss zum Bachmichel-Haus.«
Der Wachmann verzog keine Miene, senkte seinen Blick und musterte zuerst sie und dann das Pferd. »Woher hast du das Schlachtross?«, fragte er misstrauisch.
Susanna zog das Pferd einige Schritte zurück und schimpfte: »Was geht dich das an? Ich will zum Bachmichel-Haus.«
Der Wächter schien nachzudenken und kaute dabei auf der Innenseite seiner Wangen.
Ȇber den Wiesbach rechts in den Ort. Am Pfarrhaus
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