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Das Pestzeichen

Das Pestzeichen

Titel: Das Pestzeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zin meister Deana
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sorgfältig in das Leder ein, um es in ihrem Ausschnitt zu verstecken. Als sie aufstand, spürte sie ein Kribbeln in den Beinen und hopste hin und her, bis das Pieken aufhörte.
    Sie ging in den Nutzgarten ihrer Mutter, denn sie hoffte, dort Essbares zu finden. Aber die Pflanzen, die über der Erde wuchsen, waren zertreten oder verdorrt, und die Sträucher trugen kein Obst mehr. Doch im hinteren Teil des Gartens entdeckte Susanna gelbe Rüben, Kohlrabi und Radieschen, die sie mit den Händen ausgrub. In einem Korb brachte sie das Gemüse zum Brunnen und wusch es. Gierig steckte sie sich ein Radieschen in den Mund. Während sie genussvoll die kleine scharfe Knolle kaute, rupfte sie das Kraut von den Möhren. Kaum hatte sie das Radieschen verzehrt, biss sie in eine gelbe Rübe. Sie beschloss, am nächsten Tag eine Kohlrabisuppe zu kochen.
    Susanna blickte sich nach einem Schlafplatz um. Ins Haus wollte sie nicht, und der Stall kam ebenfalls nicht in Frage. Aber da es warm und trocken war, brauchte sie weder ein Dach über dem Kopf noch eine Decke. Sie schnappte sich den Korb mit dem Gemüse und ging zurück auf die Koppel, wo sie sich ins hohe Gras unter den Birnbaum legte. Das Mädchen verschränkte die Arme hinter dem Kopf und blickte zu den Sternen empor. Ob meine Eltern und Geschwister da oben sind und auf mich hinabsehen? , überlegte sie. »Ach, Vater«, seufzte Susanna. »Welche Bürde hast du mir mit dem Schatz hinterlassen?« Jetzt, da sie das magische Büchlein und eine Schatzkarte besaß, konnte sie die Geschichte nicht als Ammenmärchen abtun. Sollte sie tatsächlich einen wertvollen Schatz finden, wären alle ihre Probleme gelöst.
    Susanna griff in den Ausschnitt, holte die Lederhülle hervor und wickelte abermals die Schriften aus, die sie weit von sich hielt. Die dunkle Schrift schien im Schein der Sterne zu glänzen. Ich könnte den Hof aufbauen und mit Arthur ein sorgenfreies Leben führen , überlegte Susanna. »Warum hat er mir nicht sofort erzählt, dass er nicht Alberts Sohn ist?«, murmelte sie. Weil er sich schämte, ein Bastard zu sein, fand sie selbst die Antwort und nickte. »Ich würde es auch für mich behalten wollen.« Sie legte sich auf die Seite und drückte die Schriften an sich. Müde blinzelte sie zum Himmel hinauf und flüsterte: »Gute Nacht!«
    Etwas Feuchtes fuhr durch Susannas Gesicht, sodass sie erschrocken die Augen aufriss. Ein Pferd stand vor ihr und schnupperte an ihren Haaren. Als es den Korb mit Gemüse entdeckte, stibitzte es sich eine gelbe Rübe und zermalmte sie mit seinen kräftigen Zähnen.
    Susanna setzte sich hastig auf und versteckte den Korb hinter ihrem Rücken. Im Dunst des Morgens erkannte sie zwei weitere Pferde, die in einiger Entfernung schnaubend grasten. Dann hörte sie Stimmen, die vom Hof zu ihr drangen. Jeremias , schoss es Susanna sofort durch den Kopf.
    »Warum sind wir mitten in der Nacht aufgebrochen?«, fluchte eine unbekannte männliche Stimme.
    »Red nicht, sondern geh in die Scheune und stochere mit der Mistgabel den Boden ab, ob du ein Versteck findest«, erklärte ein anderer Mann, dessen unwirsche Stimme Susanna erkannte: Es war tatsächlich Jeremias.
    »Wir müssen warten, bis es hell ist«, erklärte die erste Stimme.
    »Mach, was ich dir befohlen habe!«, brüllte Jeremias.
    »Beruhigt euch«, forderte eine dritte Person auf. »Jeden Augenblick wird die Sonne aufgehen, dann werden wir mit der Suche beginnen.«
    Susanna wagte kaum zu atmen. Sie blickte auf ihre Hände, die die Schriften umfassten, und dachte: Wenn ich Vaters Wunsch nachkomme und Jeremias das Heftchen gebe, bin ich ihn los. Aber dann holt er sich den Schatz, und ich gehe leer aus. Behalte ich die Schriften, werde ich nie Ruhe vor ihm haben. Ich muss an einen Ort verschwinden, an dem er mich nicht suchen wird.
    Obwohl sich Susanna bereits entschieden hatte, zögerte sie, den Schritt zu machen, musste sie sich doch dem letzten Wunsch ihres Vaters widersetzen. Zweifelnd blickte sie zum Horizont, wo die Sonne bereits zu sehen war. »Vergib mir, Vater! Ich habe keine andere Wahl«, flüsterte sie und versteckte die Schriften in ihrem Kittel. Gebückt schlich sie zu der Stelle, wo die Reiter die Pferde abgesattelt hatten, und schnappte sich ein Zaumzeug. Genauso gebückt lief sie zurück zu dem Pferd, das inzwischen begonnen hatte, den Gemüsekorb zu plündern. Mit einer gelben Rübe lockte sie das Tier weiter weg vom Hof und legte ihm das Zaumzeug an. In Gedanken dankte sie

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