Das Pete Buch 01 - Die Lausbuben von Somerset
zufällig entdeckt?"
„Ganz zufällig", sagt Pete. „Ich denke, daß wir nicht mehr lange abwarten, sonst wacht er noch auf und — ach, du meine Güte, da ist er ja schon!"
Conally steht torkelnd unter der Tür. Er ist ganz weiß im Gesicht. „Nein — nein!" stöhnt er und schlottert am ganzen Leibe. „Das — kann doch nicht — wahr sein. Ich kann mich an nichts erinnern — oh, du mein Gott, was habe ich bloß getan!"
Die Jungen vom „Bund der Gerechten" stehen im Kreise und blicken Conally mit allen Anzeichen des Abscheues an. Sie halten sich fluchtbereit — man kann ja nicht wissen, vielleicht begeht dieser Verrückte noch mehr Gewalttaten? Die Jungen weichen vor Conally zurück, der seine blutbesudelten Hände flehend ausstreckt und laut jammert.
„Ich habe es nicht gewollt", wimmert der Trunkenbold. „Auf mein Wort — ich kann mich an nichts erinnern."
Pete bleibt als einziger stehen. Conally packt ihn bei der Brust — aber er führt nichts gegen Pete im Schilde. Er ist grenzenlos verzweifelt, verstört und dem Zusammenbrechen nahe. Er muß sich an Pete festhalten, um nicht umzufallen.
„Der verfluchte Alkohol ist schuld", stöhnt Conally. „Ich muß von Sinnen gewesen sein . . ."
„Das kann man wohl sagen", versetzt Pete. „Aber das ist keine Entschuldigung. Für das, was Sie getan haben, müssen Sie büßen!"
Conally bricht in die Knie und beginnt laut loszuheulen. Es ist ein widerlicher Anblick, den Trunkenbold zu sehen, wie er dahockt mit seinen blutbesudelten Händen und wie ein kleines Kind greint.
„Meine arme Frau — meine armen Kinder", schluchzt er auf. „Was bin ich doch für ein gemeiner Hund. Ein ganz gemeiner Hund bin ich, jawohl!"
„Ich will Ihnen nicht widersprechen", lenkt Pete ein. „Die Reue kommt aber meistens zu spät. Die ganzen Jahre über haben Sie sich schlecht benommen, Frau und Kinder hungern lassen und sie dazu noch geschlagen. Nun sehen Sie, wohin das Saufen führt."
„Hätte ich doch niemals — hätte ich doch niemals —", stammelt Conally, aber in seiner Kehle sitzt ein Würgen und er bekommt den Satz nicht fertig.
„Das kann man nachher immer sagen", meint Pete. »Mit einem Gläschen fängt es an — und mit einem Mord
hört es schließlich auf. "Wollen Sie nun freiwillig mitgehen, oder muß ich den Sheriff rufen?"
„Ich wollte es doch gar nicht tun", wimmert Conally. „Bestimmt nicht!"
„Sie haben es aber getan", rufen die vom „Bund der Gerechten" dumpf im Chor.
Conally starrt auf seine besudelten Hände. Sein Gesicht ist verzerrt. Er empfindet — man sieht es ihm an — ehrliche Reue. Was würde er nur darum geben, wenn er das Entsetzliche ungeschehen machen könnte! Er hört wie aus weiter Ferne Petes Stimme.
„Nur ein Wunder kann Sie retten, Conally — aber vielleicht geschieht ein Wunder?"
„Ich bin ein gemeiner Hund", stöhnt Conally. „Ein widerlicher Trunkenbold bin ich. Es geschieht mir ganz recht, wenn sie mich aufhängen."
Eine Weile ist es ganz still, dann räuspert sich Pete.
„Erkennen Sie, daß Sie Unrecht getan haben?" fragt der Junge mit ernster Stimme. „Sie haben Tiere gequält, Sie haben alles Geld vertrunken und Ihre arme Frau mißhandelt."
„Die schlimmste Strafe ist gerade recht für mich", heult Conally.
„Na",sagt Pete und hält ihm verführerisch eine Whiskyflasche vor die Nase, „trinken Sie erst mal einen. Sie sind ja ganz erledigt!"
„Nein!" schreit Conally und stößt die Flasche weit von sich. „Nie wieder Whisky! Keinen Tropfen mehr. Ruft den Sheriff. Ich verdiene die härteste Strafe, die es gibt. Oh, meine arme Frau, meine armen Kinder!"
Er wirft sich in den Staub und schluchzt hemmungslos. Die Jungen blicken ernst auf ihn herab.
„Sie tun mir leid", sagt Pete, obwohl es ihm gar nicht leid tut. „Der Alkohol ist schuld, nicht wahr?"
„Ich bin schuld — ich, ich, ich allein!" schreit Conally und schlägt sich gegen die Brust. „Kein Mensch hat das Recht, sich wie ein Stück Vieh zu betrinken. Aus lauter Gier habe ich es doch getan. Ruft den Sheriff!"
Pete blickt sich im Kreise um. Die „Geschworenen" vom Femegericht schütteln die Köpfe und wollen damit ausdrücken, daß der Trunkenbold noch nicht genug gebüßt hat.
„Wenn Sie mir versprechen, nie wieder einen Tropfen Alkohol anzurühren, dann lassen wir Sie laufen. Sie können dann nach Mexiko gehen und dort ein neues Leben anfangen."
„Nie wieder Whisky — keinen Tropfen", stöhnt Conally. Er schüttelt sich.
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