Das Pete Buch 02 - Gespenster haben kurze Beine
Jimmy Watson verlangte „Schweigegeld". Was für ein niedriger Charakter der Bursche doch war!
„Wieviel brauchst du denn?" forschte Pete, nach außen hin ganz gelassen.
„Ach — fünf Dollar, vielleicht?"
„Zwanzig", sagte Pete.
Jimmy glaubte, sich verhört zu haben. Er grinste dumm.
„Ja — zwanzig Dollar kannst du haben", meinte Pete leichthin. „Ich biete dir gleich so viel an, weil du ja ohnehin, wie es die Art der Erpresser ist, immer wieder kommen und mehr verlangen wirst. Du bekommst zwanzig, und dann nichts mehr. Damit mußt du einverstanden sein."
„Ich — ein Erpresser?" entrüstete sich Jimmy. „Du bist wohl zu heiß gebadet worden! Aus purer Freundschaft komme ich her, und —"
„Halt's Maul", trumpfte Pete. „Willst du das Geld oder willst du es nicht?"
„Ja, gib her", forderte Jimmy gierig und streckte die Hand aus.
Zu seiner Verblüffung drückte ihm Pete einen Brief in die Hand, den Brief, der mit der Post gekommen war. „Das Geld", sagte er, „kannst du selber abholen. Daß du mir aber nicht auf die Idee kommst, die restlichen achtzig Dollar zu behalten!"
Er beobachtete Jimmy scharf; denn jetzt mußte es sich herausstellen, ob Jimmy den Brief selber geschrieben hatte. Aber das Gesicht des Bengels war so verblüfft — und erfreut, daß Pete seinen Verdacht fallen ließ.
„Na, das ist aber ein Ding", sagte er neiderfüllt. „Gibt es noch mehr solcher Dummköpfe im Distrikt, die an den ,Bund der Gerechten' Geld verschenken?"
„Ach — massenhaft", sagte Pete wegwerfend. „Wir wissen bald schon nicht mehr, wohin mit dem vielen Geld!"
Jimmy Watson überlegte sich die Sache. Der Gedanke, um Mitternacht allein zu der Blockhütte zu reiten, erfüllte ihn mit bleicher Angst; aber der Gedanke an die zwanzig Dollar, nein, an die hundert Dollar — denn natürlich würde er auch das restliche Geld behalten — dieser letztere Gedanke machte seine Augen gierig funkeln und war für seinen Entschluß entscheidend.
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„Also gut, ich hole das Geld", sagte er. „Wird der betreffende Mann mir es aber auch aushändigen?"
„Ich schreibe eine Vollmacht", versicherte Pete. Er nahm den Brief entgegen und schrieb mit Bleistift auf die Rückseite des Zettels: „Bin leider verhindert. Bitte das Geld an meinen Kassierer Jimmy Watson auszuhändigen. Besten Dank — Pete Simmers."
„Willst du nicht vielleicht doch lieber mitkommen?" fragte Jimmy unruhig. Aber er überlegte sich noch rechtzeitig, daß er dann nur zwanzig, und nicht hundert Dollar bekommen würde. Er verbesserte sich sofort: „Na, laß nur, ich erledige das schon!"---
Ja, und Jimmy Watson erledigte das dann auch. Kurz vor Mitternacht erreichte er die einsame Blockhütte. Er band sein Pferd an einem Strauch fest und betrat die Hütte . . .
Im gleichen Augenblick verlöschte drinnen die Lampe. Pete Simmers, der in der Nähe auf der Lauer lag, vernahm ein klatschendes Geräusch und einen gellenden Aufschrei.
„Oho — oha!" sagte Pete und war hocherfreut.
Er lauschte auf das Klatschen und die Schmerzensschreie Jimmys. Es war wie Honig in seinen Ohren. Nicht, daß er „schadenfroh" gewesen wäre. Er empfand lediglich die tiefe Befriedigung des Gerechten, der Zeuge ist, wie ein Ungerechter für seine Übeltaten bestraft wird. Der Gedanke, daß die Prügel, welche Jimmy jetzt erhielt, offenbar ihm, Pete selber, galten — dieser Gedanke war sehr reizvoll.
„Hilfe — ah — aua! — zu Hilfe, zu Hilfe!" kreischte Jimmy.
Pete lauschte mit wohlwollendem Interesse. Der Erpresser erhielt seine gerechte Strafe — und es war schade um jeden Hieb, der vorbeiging, wenn man bedachte, daß Jimmy ja zweifellos dem Kneipenwirt Morton alles verraten würde und daß Petes Freunde dann von ihren Vätern verhauen wurden.
„Aaaah — autsch! Warum schlagen Sie mich denn?" heulte und schniefte Jimmy.
Klatsch! Klatsch! machte es.
„Dir werd ich's zeigen, anständige Leute wie den Viehhändler Rankins zu ärgern!" grollte eine Männerstimme. „Du Lümmel, ich schlage dir sämtliche Knochen entzwei, wenn du jemandem sagst, daß du verprügelt worden bist. Du weißt ja nicht, wer ich bin, aber ich erwische dich, wenn du ganz ahnungslos bist, verstanden?"
Klatsch! Klatsch! — „Da hast du noch ein paar herunter", sagte der Mann, „damit du es nicht vergißt!"
Die Tür der
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