Das Pete Buch 02 - Gespenster haben kurze Beine
man hatte seinen gräßlich verstümmelten Körper auf den Schienen der
Tucsonbahn gefunden — war die Ranch unbewohnt geblieben. Rankins, der neue Besitzer, hatte lange Zeit vergeblich nach dem geheimnisvollen „Schatz" gesucht, der, wie er glaubte, auf der Ghost-Ranch versteckt war. Dann war es still um die Ranch geworden, und nur gelegentlich quartierten sich Landstreicher in dem ungemütlichen Haus ein. Vor geraumer Zeit hatte auch einmal eine Bande von Viehdieben in dem Gemäuer Zuflucht gesucht, aber Sheriff Tunker hatte da sehr schnell aufgeräumt.
Daß auf der Ranch Gespenster umgingen, war für gewisse abergläubische Leute in Somerset eine unbestreitbare Tatsache. Das Gerücht fand aber erst jüngst neue Nahrung, als Weidereiter, die man für glaubwürdig halten konnte, bei Nacht einen geisterhaften Lichtschein an den Fenstern des unheimlichen Hauses gewahrten. Einer dieser Cowboys, ein junger, draufgängerischer Mann, hatte dem Geisterspuk auf den Grund gehen wollen — und dabei grausige Erfahrungen gemacht.
Was sich eigentlich in jener Nacht wirklich auf der Ranch abgespielt hatte, war nachträglich schwer festzustellen gewesen. Man fand den jungen Cowboy mit einer riesigen Beule auf der Stirn im Walde — völlig verängstigt und verstört. Wochen vergingen, bevor der junge Mann, der offenbar eine Gehirnerschütterung erlitten hatte, wieder vernünftig denken und sprechen konnte. Er konnte sich nur dunkel erinnern, daß er in einen grausigen Kampf mit zwei unheimlichen Wesen geraten war — und er behauptete steif und fest, daß es sich nicht um Wesen von Fleisch und Blut gehandelt haben könne . . .
Seit dieser Zeit machten die Leute einen großen Bogen um die „Gespenster-Ranch". Nur die Jungen vom „Bund der Gerechten", die ja gegen Aberglauben anzukämpfen geschworen hatten, interessierten sich für die Ghost-Ranch. Zu wirklich entscheidenden Aktionen, die Aufklärung bringen konnten, war es jedoch nie gekommen — einfach darum, weil Pete und dessen Freunde seinerzeit wichtigere Dinge zu erledigen hatten: nämlich, den Landmakler Perkins, einen höchst unliebsamen Zeitgenossen, aus dem Somerset-Distrikt zu vergraulen!
In diesen Tagen nun war die Ghost-Ranch in den Besitz des Millionärs Applewood übergegangen, und dieser — der dafür zwingende Gründe hatte — richtete sich zusammen mit seinen Leuten auf der Ranch wohnlich ein, soweit dies bei der Beschaffenheit des Hauses überhaupt möglich war.
Durch das Verschwinden seiner Nichte zutiefst beunruhigt, hielt es Applewood für unbedingt notwendig, die Ranch unter ständiger Kontrolle zu halten und die Suche nach dem mysteriösen Testament Paddingtons zu beschleunigen. Er zweifelte zwar noch immer daran, daß ein solches Testament überhaupt existiere — aber gewisse Nachrichten, die er erhalten hatte, gaben ihm doch schwer zu denken.
Über die Person des Landstreichers Brandy, der aus dem Gefängnis von Tucson einen Brief an Nora Paddington geschrieben hatte, glaubte Applewood sich klar zu sein. Der Vagabund, dachte er, hatte das Märchen von dem „Testament" erfunden, um auf leichte Weise zu
Geld zu kommen. Immerhin schien Brandy Einblick in gewisse Ereignisse und Sachverhalte zu besitzen, welche Applewood nicht an die Öffentlichkeit gezerrt sehen wollte — und so mußte er die Existenz des Landstreichers als eine Bedrohung seiner eigenen Existenz, ja, seines Vermögens ansehen.
Der Gefahr zu begegnen, hatte der Millionär vier tüchtige Leute herangezogen, Detektive, die in einer anderen
— auch nicht ganz sauberen — Angelegenheit schon einmal für ihn tätig gewesen waren.
Mit diesen Leuten hielt Applewood an diesem Abend auf der Ghost-Ranch eine ernste Besprechung ab. Yale und Strong hatten sich ebenfalls eingefunden und von ihrer vergeblichen Jagd auf Nora Paddington berichtet. Nobody sprach gerade mit dem Bengel, der im Keller gefangen saß und sich hartnäckig weigerte, irgendwelche Angaben zu machen. Die beiden anderen Detektive — ein großer, starkknochiger Mann namens Wilson, und ein kleiner, dunkelhaariger Bursche mit dem Gesicht eines Foxterriers — er hieß Black — kamen nach einem Rundgang um das Haus gerade durch die Tür herein. Bald erschien auch der Sekretär, und die Beratung konnte beginnen.
„Der Bengel ist hartnäckig", meldete Nobody verdrossen. „Ich habe alles Mögliche versucht — ihm gedroht, ihm das Blaue
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